Kein Geld für Verfassungsfeinde
Die Karlsruher Richter nehmen die NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung aus. Was das für die AfD bedeutet.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe kommt in einer bewegten Zeit: Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), seit einigen Monaten heißt sie „Die Heimat“, erhält kein Geld mehr vom Staat (Az: 2 BvB 1/19). Der einstimmige Beschluss ist auch mit Blick auf die AfD interessant.
Was haben die Karlsruher Richter entschieden?
Die NPD wird für sechs Jahre von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen. Damit fallen auch steuerliche Begünstigungen weg. Der Zeitraum des Ausschlusses von sechs Jahren ist gesetzlich festgelegt. Begründet wird die Entscheidung damit, dass die Partei darauf ausgerichtet sei, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen. Das Gericht sieht genügend Belege dafür, dass sie diese Verfassungsordnung durch einen autoritären Staat ersetzen will, in dem eine ethnische „Volksgemeinschaft“im Mittelpunkt steht. Dafür fordere die Partei die Trennung von Kulturen und Ethnien und eine umfassende rechtliche Besserstellung aller, die zur „Volksgemeinschaft“
gehörten. Das würde zu einer Missachtung von Ausländern, Migranten und Minderheiten führen, die gegen die Menschenwürde verstoße, heißt es. Es war das erste Verfahren dieser Art am höchsten deutschen Gericht.
Wie kam es zu diesem Verfahren?
Den Antrag haben Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung gestellt. Es gibt dazu eine Vorgeschichte. Eigentlich war ein Verbot der NPD das Ziel, es ist aber zweimal
gescheitert: Das erste Verbotsverfahren wurde 2003 ohne Entscheidung eingestellt, nachdem bekannt geworden ist, dass Vertrauensleute der Verfassungsschutzbehörden wichtige Ämter der Partei bekleideten. Beim zweiten Versuch attestierte Karlsruhe der Partei 2017 zwar verfassungsfeindliche Ziele. Die NPD wurde aber als zu unbedeutend eingestuft, um diese Ziele durchzusetzen. Nach dieser erneuten Schlappe schuf der Gesetzgeber die Möglichkeit zum Ausschluss von der Parteienfinanzierung. Anders als ein Parteiverbot setzt diese Maßnahme nicht voraus, dass die betroffene Partei ihre verfassungsfeindlichen Ziele potenziell auch erreichen kann.
Was bedeutet die Entscheidung mit Blick auf die AfD?
Zunächst einmal nichts. Sie fällt aber in eine Zeit, in der es eine breite gesellschaftliche Debatte über den Umgang mit der erstarkten AfD gibt. Neben landesweiten Massendemonstrationen gibt es Forderungen nach einem Verbot, aber auch nach einem Ausschluss von der Parteienfinanzierung. Damit ist das Thema höchst aktuell.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser ( SPD) kommentierte die
Entscheidung so: „Die Kräfte, die unsere Demokratie zersetzen und zerstören wollen, dürfen dafür keinen Cent an staatlichen Mitteln erhalten – weder direkt, noch indirekt durch steuerliche Begünstigungen. Die Fraktionsgeschäftsführerin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, bezeichnete die Entscheidung als „richtungsweisend“. Unserer Redaktion sagte sie: „Dass verfassungsfeindliche Parteien nicht von den Geldern des Staates unterstützt werden müssen, den sie versuchen zu bekämpfen, zeigt die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie.“
Was sagen Parteienforscher?
Der Berliner Politik- und Sozialwissenschaftler, Nils Diederich, geht davon aus, dass die aktuelle Entscheidung keine Konsequenzen für die AfD haben wird. „Man muss erst mal nachweisen, dass die Gesamtpartei AfD verfassungswidrige Ziele verfolgt“, sagte der emeritierte Professor der Freien Universität unserer Redaktion. Bisher gebe sich die AfD durchaus als verfassungstreu, auch wenn sie politisch Positionen vertrete, die in Deutschland nicht mehrheitsfähig seien. „Aber das sind zwei Paar Stiefel“, betonte er. Diederich, der seit Jahrzehnten SPD-Mitglied ist und auch Bundestagsabgeordneter war, ist überzeugt: „Die AfD muss politisch bekämpft werden.“Die anderen Parteien müssten sich darum bemühen, „wieder bei ihren Wählern glaubwürdig zu werden und verloren gegangenes Potenzial zurückzuholen“.