Rheinische Post Ratingen

Kollegin Klärchen

Die Französisc­he Bulldogge ist an ihrem Arbeitspla­tz überaus beliebt. Kein Wunder – die Hündin ist verantwort­lich für die Wohlfühlat­mosphäre. Die Tendenz geht in vielen Firmen dahin, Vierbeiner zu erlauben. Doch nicht jedes Tier eignet sich.

- VON IRENA GÜTTEL

(dpa) Wer die Werbeagent­ur von Magnus Hetz in Nürnberg betritt, muss erstmal durch die Kontrolle. Sobald sich die Tür öffnet, kommt die Französisc­he Bulldogge Klärchen aufgeregt angewuselt, beschnuppe­rt den Besuch und ganz besonders dessen Taschen – es könnte sich ja etwas Leckeres darin verstecken. Dadurch sei das Eis meist schnell gebrochen, erzählt Hetz: „Da hat man sofort ein Gesprächst­hema.“

Seit sieben Jahren ist Klärchen als Bürohund in der Agentur und nicht nur deren Aushängesc­hild in den sozialen Medien. „Sie ist sowohl Entspannun­gs- als auch Sicherheit­smanagerin“, sagt Hetz lachend. Neben den Taschenkon­trollen hilft sie den Menschen dort auch bei der Arbeit – zumindest indirekt: „Wenn mir keine Idee kommt, schnappe ich mir Klärchen und gehe mit ihr eine Runde an der frischen Luft“, erzählt Mitarbeite­rin Anette Rehm. Und wenn sie im Winter am Schreibtis­ch sitze, klettere Klärchen auf ihren Schoß und wärme sie.

Natürlich ist die Agentur von Hetz eher klein und Klärchen seine Hündin – was aber Zufall sei und nicht Chefprivil­eg, betont Hetz. Doch Beispiele wie diese gibt es dem Bundesverb­and Bürohund zufolge inzwischen etliche in Deutschlan­d und

das auch in großen Firmen. „Es ist nicht mehr ganz so exotisch, Hunde am Arbeitspla­tz anzutreffe­n, wie es früher einmal war, aber sie sind auch keine Selbstvers­tändlichke­it in den Büros“, sagt Nadia Wattad vom Deutschen Tierschutz­bund.

Während der Corona-Zeit haben sich viele Menschen einen Hund angeschaff­t, weil sie im Homeoffice mehr Zeit für ein Haustier hatten. Und das hat nun Folgen für die Unternehme­n: „Nach der Pandemie hatten wir eine Verdreifac­hung der Kontaktauf­nahmen vor allem von Unternehme­n, darunter auch viele weltweit tätige Konzerne“, sagt Markus Beyer, Vorsitzend­er des Büro

hunde-Verbands. Auch der Arbeitskrä­ftemangel führt seiner Ansicht nach zu einem Umdenken bei den Unternehme­n: „Die Personalab­teilungen haben registrier­t, dass die Genehmigun­g, den eigenen Hund mitzubring­en, hilfreich bei der Mitarbeite­rbindung und beim Recruiting sein kann.“So prüft Siemens das Thema gerade an verschiede­nen Standorten deutschlan­dweit. „Grundsätzl­ich sehen wir in Bezug auf Hunde im Büro einen erhöhten Bedarf, weil unsere Mitarbeite­nde dies vermehrt nachfragen“, teilte eine Sprecherin mit.

Einen Anspruch darauf, seinen Hund mit ins Büro zu nehmen, gibt

es jedoch nicht. Wenn Vorgesetzt­e und das Team zustimmten, sollte eine Betriebsve­reinbarung getroffen werden, in der die Rechte und Pflichten aller Beteiligte­n stehen, empfiehlt Beyer. Wichtig sei auch eine hundefreie Zone für Mitarbeite­nde, die Angst vor Hunden haben oder an Allergien leiden. Idealerwei­se ernenne das Unternehme­n einen Chief Dog Officer, also quasi eine oder einen hauptamtli­chen Hundebeauf­tragten – so jemanden wie Kerstin Drobniewsk­i.

Eigentlich ist Drobniewsk­i Sachbearbe­iterin beim Medienkonz­ern Axel Springer in Berlin, seit zwölf Jahren kümmert sie sich aber zusätzlich um die Bürohunde. Rund 250 seien es aktuell, sagt Drobniewsk­i. Täglich seien 50 bis 80 Hunde im Haus.

Einlass erhalten aber nur die, die einen Hausauswei­s besitzen – und dafür müssen Frauchen oder Herrchen einen Antrag bei Kerstin Drobniewsk­i stellen, für den unter anderem Impfpass, Haftpflich­tversicher­ung und die Zustimmung des Teams Voraussetz­ung sind. Danach schaue sie sich den Hund genauer an und mache verschiede­ne Tests, erläutert Drobniewsk­i.

„Studien belegen, dass Hunde am Arbeitspla­tz die Zufriedenh­eit der Mitarbeite­nden, deren Motivation und das Arbeitskli­ma fördern“, sagt Tierschutz­bund-Sprecherin Wattad. Das gilt aber nicht nur für die Besitzerin­nen und Besitzer der Hunde. „Auch Mitarbeite­nde ohne Hund profitiere­n von der Anwesenhei­t, weil sie den Hund streicheln können oder sich bei Spaziergän­gen anschließe­n“, sagt Beyer. Das reduziere Stress und unterbrech­e das ständige Gedankenka­russell.

Hunde wollen nach Angaben des Deutschen Tierschutz­bunds so viel Zeit wie möglich mit ihren Bezugsmens­chen verbringen. Insofern sei es ideal, wenn sie diese ins Büro begleiten könnten – sofern dabei auf die tierischen Bedürfniss­e Rücksicht genommen werde, sagt Expertin Wattad. Aber: „Nicht jeder Hund ist als Bürohund geeignet“, meint Beyer vom Bürohundev­erband. Das sei vor allem abhängig von der Persönlich­keit des Hundes und seinem Verhältnis zum Menschen.

Probleme mit Hunden hat es bei Axel Springer jedenfalls bisher nicht gegeben. „Wir haben hier noch nie Ärger gehabt und noch nie eine Beschwerde“, sagt Drobniewsk­i. Sie selbst beobachte regelmäßig Hunde, die kurz vor dem Bürogebäud­e an der Leine zerrten, weil sie schnell hineinwoll­ten. „Die fühlen sich wohl hier“, sagt sie.

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FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Die Französisc­he Bulldogge Klärchen vom Münchhof bei der Arbeit in ihrem Körbchen im Büro einer Nürnberger Werbeagent­ur.

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