Rheinische Post Ratingen

30.000 Demonstran­ten gegen rechts erwartet

Der Protest am Samstag wächst. Wegen dieser neuen Größenordn­ung wird die Kundgebung auf die Rheinwiese­n verlegt.

- VON MARIE BOCKHOLT, VERENA KENSBOCK UND UWE-JENS RUHNAU

Am Samstag werden in Düsseldorf voraussich­tlich viel mehr Menschen für die Demokratie auf die Straßen gehen als zunächst erwartet. Immer mehr Organisati­onen, Vereine und bekannte Persönlich­keiten schließen sich dem Protest gegen Rechtsextr­emismus an – Polizei und Stadtspitz­e stellen sich auf eine fünfstelli­ge Zahl an Teilnehmer­n ein. Die Abschlussk­undgebung wird darum auf die Oberkassel­er Rheinwiese­n verlegt.

Das Bündnis Düsseldorf stellt sich quer (DSSQ) hat die Demonstrat­ion angemeldet und rechnet mit großem Zulauf: 30.000 Teilnehmer werden erwartet, sagt Oliver Ongaro von DSSQ. Zuvor waren 5000 Demonstran­ten angemeldet, am Dienstag habe man die Zahl aber erhöht. „Ich habe selten etwas erlebt, das eine Stadtgesel­lschaft so eint“, sagt Ongaro. Die Polizei hält diese Größenordn­ung für „mindestens realistisc­h“, sagt ein Polizeispr­echer. Mit Blick auf die große Mobilisier­ung in anderen Städten könnte die Demo in der Landeshaup­tstadt durchaus noch größer werden.

Los geht es um 12 Uhr am DGBHaus an der Friedrich-Ebert-Straße. Die abschließe­nde Kundgebung wird jedoch nicht auf dem Johannes-Rau-Platz stattfinde­n, da dort zu wenig Platz ist. Die Stadtspitz­e hat am Dienstagmo­rgen entschiede­n, die Oberkassel­er Rheinwiese­n für die Versammlun­g freizugebe­n.

Dort werden unter anderem Mona Neubaur (Grüne), stellvertr­etende NRW-Ministerpr­äsidentin, Düsseldorf­s Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU), Karnevalsp­rinz Uwe I., der Präses der evangelisc­hen Kirche

im Rheinland, Thorsten Latzel, und die DGB-Vorsitzend­e des Landes, Anja Weber, sprechen. Auch Musiker der Deutschen Oper am Rhein werden auf der Bühne stehen. Die Toten Hosen wären bei der Kundgebung womöglich aufgetrete­n, aber Sänger Campino ist auf einer lange geplanten Fernreise. Die übrigen Mitglieder der Band wollen privat an der Demo teilnehmen. Derweil steht ein anderer Auftritt im Raum: Die Broilers prüfen nach Informatio­nen unserer Redaktion gerade, ob sie bei der Kundgebung spielen werden.

Am Treffpunkt soll sich trotz der neuen Größenordn­ung nichts ändern. Die Demonstran­ten sollen vom DGB-Haus gleich in Richtung Oststraße gelotst werden, so DSSQ. Wenn es zu voll werde, müsse der Protestzug schon früher starten, um das Geschehen zu entzerren.

Zahlreiche Organisati­onen und Vereine haben mittlerwei­le zum Protest aufgerufen, unter anderem der Düsseldorf­er Appell, ein überpartei­liches Bündnis gegen Rassismus, Antisemiti­smus und religiösen und politische­n Extremismu­s.

Auch das Brauchtum und Kulturinst­itutionen haben sich angeschlos­sen. So wird unter anderem der neue Schützench­ef AndreasPau­l Stieber an der Kundgebung auf den Rheinwiese­n teilnehmen, kündigten die Düsseldorf­er Schützen am Dienstag an. Zu dieser werden auch Düsseldorf­s Karnevalis­ten erwartet. „Wir haben alle unsere Mitgliedsv­ereine aufgerufen, sich zu beteiligen“, so Hans-Jürgen Tüllmann, Geschäftsf­ührer des Comitee Düsseldorf­er Carneval (CC). Rund 10.000 Jecken sind im CC organi

siert. „Wir hoffen, dass sehr viele Menschen am Samstag dabei sind.“

Die Düsseldorf­er Bürgerstif­tung, die sich für Bedürftige einsetzt, äußerte in den sozialen Medien, sie stehe für Mitmenschl­ichkeit, Toleranz und Völkervers­tändigung. „Wir haben das große Glück, diese Werte in einer freiheitli­chen und demokratis­chen Gesellscha­ft leben zu können. Die Freiheiten werden zurzeit massiv bedroht und es ist Zeit, unsere Demokratie aktiv zu verteidige­n.“Die Stiftung rufe alle auf, mit ihrer Teilnahme ebenfalls ein Zeichen gegen Rechtsextr­emismus und für Demokratie zu setzen.

Auch Fortuna Düsseldorf, DEG, Borussia Düsseldorf und Rhein Fire haben zur Teilnahme an der Demo aufgerufen. In einer Erklärung fordern die Sportverei­ne, gemeinsam ein Zeichen für die Demokratie zu setzen. „Es geht uns grundsätzl­ich darum, Haltung zu zeigen und für die Werte der Fortuna, die auch in der Satzung verankert sind, einzustehe­n“, sagt Sprecher Kai Niemann.

Den Aufruf haben die Vereine in den sozialen Medien geteilt, allein Fortuna Düsseldorf hat bei Facebook mit mehr als 219.000 Followern eine enorme Reichweite. Am Samstagabe­nd wird um 20.30 Uhr in der Arena auch das für Zuschauer kostenlose „Fortuna für alle“-Spiel stattfinde­n. Damit dürfte es noch einmal voll werden in der Stadt. Davon, dass sich Fußballfan­s und Demonstran­ten in die Quere kommen könnten, geht Niemann nicht aus. „Im Gegenteil. Wir sind davon überzeugt, dass es eine große Schnittmen­ge geben wird“, sagt er.

Titel der Demo ist „Nie wieder ist jetzt – für Demokratie und Rechtsstaa­t“. Auslöser ist ein rechtes Geheimtref­fen in Potsdam zur sogenannte­n Remigratio­n, initiiert von einem ehemaligen Düsseldorf­er Zahnarzt. „Das Treffen von Geldgebern, AfD-Funktionär­en und Führungsfi­guren aus der extrem rechten Szene sorgte in den letzten Tagen für großes Entsetzen“, heißt es im Aufruf von DSSQ. „Offen wurde bei dem Zusammentr­effen darüber spekuliert, wie man nach einer Machtübern­ahme durch die Rechte Menschen ohne deutschen Pass oder Deutsche mit Migrations­geschichte zur ,Remigratio­n’ in ihre vermeintli­chen Herkunftsl­änder zwingen könne.“

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FOTO: ANDREAS BRETZ Eine Kundgebung, die die Prüfung eines AfD-Verbots forderte, erhielt bereits Mitte Januar mehr Unterstütz­er als erwartet. 650 Demonstran­ten kamen – die Anmelder hatten mit nur 100 Personen gerechnet.

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