Der große Frust der Rheinbahn-Passagiere
Eine ganz normale Fahrt von Bilk in die Innenstadt wird zur Abenteuerreise: Wie fehlende Wagen und rappelvolle Bahnen den Düsseldorfern die Freude an der Verkehrswende vermiesen.
Die Bahn ist noch nicht ganz am Südring stehen geblieben, da kann man schon sehen, dass sie rappelvoll ist. Sitzplätze gibt es nicht mehr, die Stehplätze sind eigentlich auch ausgereizt. Es ist ein normaler Samstag im Januar in Düsseldorf, keine Kirmes, kein Schützenfest, kein Weihnachtsmarkt. Allenfalls könnte man den Start der Messe „Boot“an diesem Tag ins Feld führen, aber so weit entfernt vom Umstieg in die U78 spielt das allenfalls am Rand eine Rolle – zumal das Bild aus den Vortagen bekannt ist.
Mit der Einführung des neuen „Rheintakt“am 7. Januar sollte vieles besser werden bei der Rheinbahn, doch es häufen sich die Beschwerden. Viele Fahrgäste beklagen in Nachrichten an unsere Redaktion, dass Bahnen auf vielgenutzten Strecken nun nur noch mit einem Wagen statt mit zwei kommen – die Hälfte des Platzes reicht aber nicht, um den Andrang zu bewältigen. „Von der Hellriegelstraße kommend, ist morgens und im Feierabendverkehr schon am Südring kein Reinkommen mehr“, hat eine Leserin uns geschrieben. Das ist auch an diesem Tag so.
Als sich die Türen der Silberpfeil-Bahn öffnen, sieht man noch die Hoffnung in den Augen der Wartenden. Werden viele aussteigen? Es sind deutlich weniger, als hier gerne zusteigen würden, um weiter in Richtung Innenstadt zu fahren. Ich quetsche mich zwischen ein paar andere Fahrgäste. „Das ist dann wohl diese sogenannte Verkehrswende“, sagt ein Herr neben mir. Eine junge Frau springt wieder aus der Bahn, weil ihre Freundin es beim besten Willen nicht schafft, sich noch hineinzudrängen. Eine Mutter mit
Kinderwagen bleibt gleich draußen und zieht das Handy aus der Tasche. Ich kann immerhin meinen erfolgreichsten Kalauer des Tages platzieren, als ich nach dem Start der Bahn vernehmlich fordere: „Die Fahrausweise, bitte.“Einen Stopp weiter, an der Suitbertusstraße, wird sich das Spiel wiederholen.
Die Rheinbahn räumt die Probleme auf Anfrage ein. „Aktuell kommt es leider öfter vor, dass die Bahnen mit nur einem statt zwei aneinandergekoppelten Wagen fahren“, erklärt eine Sprecherin: „Hintergrund ist, dass es in den vergangenen Wochen zu einer ungewohnt hohen Anzahl an Unfällen kam, bei denen unsere Bahnen beschädigt wurden.“Die Reparaturen seien vielfach aufwendig und verzögerten sich trotz eines hohen Lagerbestands aufgrund langer Lieferzeiten bei Ersatzteilen.
Fakt ist sicher: An vielen Unfällen zwischen Bahnen und Autos tragen die Fahrer der Rheinbahn keine Schuld. Doch die Situation kommt zur Unzeit, und man fragt sich, ob nicht der Rheintakt – ohnehin ja schon einmal nach hinten verschoben – unter diesen Bedingungen besser noch nicht gestartet worden wäre. Es ist unter dem Gesichtspunkt der Überzeugungskraft kontraproduktiv, ein vielfach beworbenes Verkehrsprojekt unter derart schwierigen Bedingungen zu starten. Der große Frust der Passagiere folgt geradezu zwangsläufig; viele vermuten einen absichtlichen Zusammenhang zwischen neuer Taktung und kürzeren Bahnen. Und das bei einem Projekt, das dazu gedacht sein soll, den Nahverkehr für die Zukunft aufzustellen – und vor allem die Menschen vom Umstieg auf Bus und Bahn zu überzeugen.
Eine Nachbarin erzählt mir am nächsten Tag, dass sie, seit die Bahnen so oft nur einen Wagen haben, regelmäßig ihre Fahrten anders plant, das Auto nimmt oder so spät fährt, wie es die Termine gerade noch zulassen.