Das Paradies liegt in Breitscheid
Ralf Becker verwandelt einen Rasengarten in einen Zufluchtsort für Vögel und Insekten. Seine Bemühungen wurden jetzt mit einer Auszeichnung belohnt.
Viele Jahre lebte Ralf Becker in der Stadt und hatte irgendwann einfach die Nase voll. „Ich wollte nicht mehr auf Häuserwände sehen, wenn ich aus dem Fenster schaue“, sagt er Wahlratinger. Das Schicksal spülte ihn vor drei Jahren nach Breitscheid an den Tenterweg, wo er gemeinsam mit seinem Lebensgefährten, ein Haus mit einem mehr als 3000 Quadratmeter großem Grundstück erwarb. Dort entdeckte Becker eine neue Leidenschaft – das Gärtnern.
„Vor dem Haus befand sich ein Schottergarten, dahinter eine Rasenfläche auf der der Mähroboter seine Runden drehte“, erinnert sich Becker. Er zog den Stecker und ließ den Rasen einfach wachsen. Anschließend begann er, den Steinhaufen vor dem Haus abzuräumen. So fing alles an.
„Wir wollten der Natur so viel Lebensraum wie möglich zurückgeben“, sagt Becker. Also machte er sich ans Werk und entwarf eine Gartenlandschaft, die er nach und nach mit Leben füllte. 4500 Stauden fanden den Weg in unterschiedliche Beete, 43 Bäume zogen auf dem Grundstück ein – nicht irgendwo, wo gerade Platz war; vielmehr gab Becker seinem Grundstück mit unterschiedlichen Themenfeldern Struktur.
So gibt es einen Gräsergarten, einen Waldgarten, einen nordischen Garten einen Staudengarten, eine Blumenwiese, eine hauseigene Düne und einen Wassergarten. Bei der Bepflanzung achtete Becker stets darauf, heimische Gehölze und Pflanzen zu verwenden. Seine Idee: „Ich wollte einen Garten, in dem fast das ganze Jahr über etwas blüht“, sagt der Hobbygärtner.
Dazu saugte der ehemalige Unternehmer alles auf, was sich an Information zur Gartengestaltung und zu Naturkreisläufen finden ließ. „Als wir hier einzogen, konnte ich kaum
Löwenzahn von einem Gänseblümchen unterscheiden“, schmunzelt er heute. Das hat sich grundlegend geändert. Heute weiß Becker genau, welche Pflanzen Schmetterlinge anziehen oder welche Samenkörner die Vögel im Winter gerne auf
ihrer Speisekarte haben. Deshalb wird nur bedingt gemäht und verblühte Pflanzenstängel dürfen auch mal stehenbleiben. Löwenzahn und Gänseblümchen dürfen einfach wachsen und sogar Brenneseln haben ihren Platz. Schnell war Becker
klar, dass auch Wasser essenziell für das Überleben der Wildtiere ist. Er legte einen Teich und einen Bachlauf an.
Und tatsächlich – nur zwei Jahre nachdem Becker mit der Umgestaltung der einstigen Rasenfläche
begonnen hat, ziehen immer mehr Tiere in seinem Garten ein. Schmetterlinge, darunter auch seltene Exemplare, flattern von Blüte zu Blüte, Wildbienen leben in einem speziell angelegten Sandarium, in Totholzstapeln überwintern Igel und auch
die Vögel nutzen eifrig die neu geschaffenen Nistmöglichkeiten.
„Wir haben mehrere Kameras installiert, mit denen wir die Besucher im Garten beobachten können“, so Becker. Kernbeißer, Stieglitze, Buntspecht oder Grünfink sind inzwischen Dauergäste, ebenso Marder, Fuchs oder gelegentlich Waschbären.
Für die menschlichen Bewohner bleibt in dem umgestalteten Garten dennoch genug Platz. Zahlreiche Sitzmöglichkeiten bieten Becker und seinem Lebensgefährten immer wieder neue Perspektiven, um das neuerdings rege Treiben in ihrem Garten zu beobachten.
Becker hielt sein persönliches Abenteuer „Garten“in jeder Umbauphase auf Instagram fest. Das weckte die Aufmerksamkeit des Vereins Naturgarten, der sich für die nachhaltige Gestaltung naturnaher Flächen zur Förderung der biologischen Vielfalt einsetzt. Vertreter des Vereins nahmen die in Breitscheid neu geschaffene Idylle intensiv unter die Lupe. Am Ende gab es für Becker eine Urkunde und eine Plakette, die das Areal als Naturgarten ausweist. Eine Auszeichnung auf die Becker zwar nicht hingearbeitet hat, die aber dennoch ein Lohn für seine Mühen ist. Denn Rückschläge gibt es trotz aller Leidenschaft natürlich auch. Denn nicht alles wächst so, wie Becker das vorschwebt. Natur ist eben Natur.