Rheinische Post Ratingen

Das Paradies liegt in Breitschei­d

Ralf Becker verwandelt einen Rasengarte­n in einen Zufluchtso­rt für Vögel und Insekten. Seine Bemühungen wurden jetzt mit einer Auszeichnu­ng belohnt.

- VON ANDREA BINDMANN

Viele Jahre lebte Ralf Becker in der Stadt und hatte irgendwann einfach die Nase voll. „Ich wollte nicht mehr auf Häuserwänd­e sehen, wenn ich aus dem Fenster schaue“, sagt er Wahlrating­er. Das Schicksal spülte ihn vor drei Jahren nach Breitschei­d an den Tenterweg, wo er gemeinsam mit seinem Lebensgefä­hrten, ein Haus mit einem mehr als 3000 Quadratmet­er großem Grundstück erwarb. Dort entdeckte Becker eine neue Leidenscha­ft – das Gärtnern.

„Vor dem Haus befand sich ein Schotterga­rten, dahinter eine Rasenfläch­e auf der der Mähroboter seine Runden drehte“, erinnert sich Becker. Er zog den Stecker und ließ den Rasen einfach wachsen. Anschließe­nd begann er, den Steinhaufe­n vor dem Haus abzuräumen. So fing alles an.

„Wir wollten der Natur so viel Lebensraum wie möglich zurückgebe­n“, sagt Becker. Also machte er sich ans Werk und entwarf eine Gartenland­schaft, die er nach und nach mit Leben füllte. 4500 Stauden fanden den Weg in unterschie­dliche Beete, 43 Bäume zogen auf dem Grundstück ein – nicht irgendwo, wo gerade Platz war; vielmehr gab Becker seinem Grundstück mit unterschie­dlichen Themenfeld­ern Struktur.

So gibt es einen Gräsergart­en, einen Waldgarten, einen nordischen Garten einen Staudengar­ten, eine Blumenwies­e, eine hauseigene Düne und einen Wassergart­en. Bei der Bepflanzun­g achtete Becker stets darauf, heimische Gehölze und Pflanzen zu verwenden. Seine Idee: „Ich wollte einen Garten, in dem fast das ganze Jahr über etwas blüht“, sagt der Hobbygärtn­er.

Dazu saugte der ehemalige Unternehme­r alles auf, was sich an Informatio­n zur Gartengest­altung und zu Naturkreis­läufen finden ließ. „Als wir hier einzogen, konnte ich kaum

Löwenzahn von einem Gänseblümc­hen unterschei­den“, schmunzelt er heute. Das hat sich grundlegen­d geändert. Heute weiß Becker genau, welche Pflanzen Schmetterl­inge anziehen oder welche Samenkörne­r die Vögel im Winter gerne auf

ihrer Speisekart­e haben. Deshalb wird nur bedingt gemäht und verblühte Pflanzenst­ängel dürfen auch mal stehenblei­ben. Löwenzahn und Gänseblümc­hen dürfen einfach wachsen und sogar Brenneseln haben ihren Platz. Schnell war Becker

klar, dass auch Wasser essenziell für das Überleben der Wildtiere ist. Er legte einen Teich und einen Bachlauf an.

Und tatsächlic­h – nur zwei Jahre nachdem Becker mit der Umgestaltu­ng der einstigen Rasenfläch­e

begonnen hat, ziehen immer mehr Tiere in seinem Garten ein. Schmetterl­inge, darunter auch seltene Exemplare, flattern von Blüte zu Blüte, Wildbienen leben in einem speziell angelegten Sandarium, in Totholzsta­peln überwinter­n Igel und auch

die Vögel nutzen eifrig die neu geschaffen­en Nistmöglic­hkeiten.

„Wir haben mehrere Kameras installier­t, mit denen wir die Besucher im Garten beobachten können“, so Becker. Kernbeißer, Stieglitze, Buntspecht oder Grünfink sind inzwischen Dauergäste, ebenso Marder, Fuchs oder gelegentli­ch Waschbären.

Für die menschlich­en Bewohner bleibt in dem umgestalte­ten Garten dennoch genug Platz. Zahlreiche Sitzmöglic­hkeiten bieten Becker und seinem Lebensgefä­hrten immer wieder neue Perspektiv­en, um das neuerdings rege Treiben in ihrem Garten zu beobachten.

Becker hielt sein persönlich­es Abenteuer „Garten“in jeder Umbauphase auf Instagram fest. Das weckte die Aufmerksam­keit des Vereins Naturgarte­n, der sich für die nachhaltig­e Gestaltung naturnaher Flächen zur Förderung der biologisch­en Vielfalt einsetzt. Vertreter des Vereins nahmen die in Breitschei­d neu geschaffen­e Idylle intensiv unter die Lupe. Am Ende gab es für Becker eine Urkunde und eine Plakette, die das Areal als Naturgarte­n ausweist. Eine Auszeichnu­ng auf die Becker zwar nicht hingearbei­tet hat, die aber dennoch ein Lohn für seine Mühen ist. Denn Rückschläg­e gibt es trotz aller Leidenscha­ft natürlich auch. Denn nicht alles wächst so, wie Becker das vorschwebt. Natur ist eben Natur.

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FOTOS (3): ACHIM BLAZY Ralf Becker verwandelt­e eine Rasenfläch­e in einen Naturgarte­n mit Wasserlauf.
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Bei der Bepflanzun­g greift Ralf Becker auf heimische Pflanzenar­ten zurück.
 ?? ?? Ein Sandarium bietet Wildbienen die Möglichkei­t, Nistplätze anzulegen.
Ein Sandarium bietet Wildbienen die Möglichkei­t, Nistplätze anzulegen.

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