Leitende Oberärzte schreiben Brandbrief
Die leitenden Oberärzte des St. Marien Krankenhauses rufen die Verantwortlichen von Stadt, Kreis, Land und katholischer Kirche dazu auf, sich an einen runden Tisch zu setzen.
Die baldige Schließung des St. Marien Krankenhauses schlägt weiter hohe Wellen – auch und gerade bei den Mitarbeitern. Jetzt haben die leitenden Oberärzte einen Brandbrief verfasst, dessen Inhalte aufzeigen, welche dramatischen Folgen das Aus haben würde. Im Krankenhaus würden jährlich knapp 20.000 Menschen ambulant behandelt und gut 7.000 stationär.
Zudem würden im St. Marien über 3.500 OPs im Jahr durchgeführt. Das könnten die umliegenden Kliniken nicht auffangen, denn sie seien ebenso ausgelastet wie das St. Marien Krankenhaus. Schon jetzt würde die Ratinger Klinik Patienten aus anderen Häusern mitversorgen, weil dort Personal oder Betten fehlten.
Die leitenden Oberärzte des St. Marien Krankenhauses rufen die Verantwortlichen von Stadt, Kreis, Land und katholischer Kirche dazu auf, sich an einen runden Tisch zu setzen, um die Klinik doch noch zu retten. Es gehe um das Grundrecht der körperlichen und geistigen Unversehrtheit, schreiben die Ratinger Oberärzte.
Es müsse verhindert werden, dass die Menschen in Ratingen in Zukunft bei einem Notfall ihre Gesundheit gefährden oder ihr Leben verlieren. Sehr dezidiert führen die Ärzte aus, welche Folgen das Aus nach sich ziehen würde. So heißt es in dem Schreiben: Akut auftretende Probleme wie Herz- und Kreislauferkrankungen, Frakturen und akute Entzündungen des Magen-Darm-Traktes stellen die täglichen Herausforderungen dar, die man bisher versorgt hat. Es gebe alleine auf dem Stadtgebiet zehn Alten- und Pflegeheime, deren Bewohner auf die ortsnahe Versorgung angewiesen seien. „Das waren im vergangenen Jahr mehr als 1.000
Fälle in unserer Einrichtung“, heißt es. Es sei völlig unverständlich, anzunehmen, dass die bisherige Versorgungsqualität ohne das schnell zu erreichende Krankenhaus für die Bevölkerung in gleicher Weise erhalten werden kann. Besonders tragisch sei, dass im Gesundheitssystem nicht etwa medizinische Parameter als Indikator herangezogen werden, um Einrichtungen in ihrem Bestand zu bewerten. Es seien rein betriebswirtschaftliche Gründe.
Wie bereits mehrfach berichtet, hat sich trotz aller Bemühungen kein Investor gefunden, der bereit gewesen wäre, das Krankenhaus als neuer Träger zu übernehmen. Im Zuge der Investorensuche sei auch der jetzt von der Stadt als potenzieller Interessent benannte Krankenhausbetreiber angesprochen worden.
Dieser hat schon im vergangenen Jahr und auf erneute Ansprache nochmals im Schutzschirmverfahren mitgeteilt, kein Interesse an der Fortführung des Krankenhauses zu haben und am Investorenprozess nicht teilnehmen zu wollen. Ein anders gelagertes Interesse, zum Bei
spiel an dem Aufbau einer Akutversorgung, sei zu keinem Zeitpunkt geäußert worden. Auch die Stadt Ratingen hat eine städtische Trägerschaft wiederholt ausgeschlossen.
Die Geschäftsführung der Krankenhaus GmbH hatte am Wochenende erklärt: Für Gespräche über eine mögliche Akutversorgung am Standort, bei der es ersichtlich nicht um eine Fortsetzung der stationären Krankenversorgung geht, steht die Geschäftsleitung der St. Marien-Krankenhaus GmbH selbstverständlich jederzeit zur Verfügung.
Nach aktuellem Kenntnisstand
ist der Geschäftsführung aber kein Konzept bekannt, wonach sich eine Akutversorgung am Standort kurzfristig umsetzen lassen sollte, geschweige denn, wie eine solche kostendeckend betrieben werden könnte.
Die Geschäftsführung nehme ihre Verpflichtung gegenüber den Mitarbeitern sehr ernst, diese vollständig und rechtzeitig über die unvermeidliche Schließungsentscheidung und den konkreten Zeitplan zu informieren. Anders wäre ein weiterer Krankenhausbetrieb in der aktuellen Situation nicht möglich. Die Kommunikation, die der Belegschaft fest zugesagt wurde, hat in Abstimmung mit der Mitarbeitervertretung stattgefunden. Auch die Patientinnen und Patienten sowie ihre Angehörigen haben einen Anspruch auf eine rechtzeitige Information über den Stand der Dinge sowie den weiteren zeitlichen Ablauf. Von einer „voreiligen Schließungsmitteilung“kann daher keine Rede sein.
Aufgrund der insolvenzrechtlichen Vorgaben kann ein defizitärer Krankenhausbetrieb nicht aufrecht erhalten werden. Auch lässt die Personalsituation des Krankenhauses eine längere Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebs nicht zu. „Deshalb war es aus tatsächlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Gründen unumgänglich, einen geordneten Schließungsprozess nach dem kommunizierten Zeitplan einzuleiten“, heißt es in dem Schreiben vom vergangenen Wochenende.
Die leitenden Oberärzte sprachen unterdessen in ihrem Brandbrief „von einem konsequenten Einhalten intransparenter Entscheidungen, begleitet von einem dröhnenden Schweigen“.