Aus Ratingen ins Nationalteam Paraguays
Alexander Männel startet im Zehnkampf nun für das Heimatland seiner Mutter und wechselt an ein College in den USA, um dort zu studieren und zu trainieren. Vorher will er sich für die U20-WM qualifizieren. Inspiriert hat den 17-Jährigen auch Leo Neugebauer
Es sind spannende Tage für Alexander Männel. Am Dienstag hat der 17-Jährige seine erste Abi-Klausur geschrieben im Leistungskurs Geschichte am Ratinger Carl-Friedrich-von-WeizsäckerGymnasium, am Donnerstagmorgen ging es spontan mit Vater Andreas ins Flugzeug. Ziel: Charlotte im US-Bundesstaat North Carolina, genauer: die Queens University of Charlotte. Denn dort hat Alexander Männel ein Vollstipendium erhalten, das es ihm ab September ermöglicht, in den USA zu studieren und vor allem zu trainieren. Denn der Zehnkämpfer hat große Ziele, und die Förderung von Athleten in den Vereinigten Staaten ist nicht zuletzt durch den neuen deutschen Rekordhalter Leo Neugebauer noch bekannter geworden. Ein wichtiger Schritt also.
Wenn alles gut läuft, hat Männel vor dem College schon die Nah-Ziele erreicht: Im Mai nimmt er an der Qualifikation für die U20-Weltmeisterschaften am 24./25. August in Lima (Peru) teil und am 20./21. Juli, an seinem 18. Geburtstag, an den südamerikanischen Meisterschaften. Südamerika? Ja, Männel ist im Nationalteam Paraguays. Vater Andreas hatte das Land einst angesteuert, um dort seine Master-Thesis zu schreiben, lernte dort Cecilia kennen und lieben – und so wurde Alexander Männel in Asuncíon geboren.
Der Geburtsort alleine reichte natürlich nicht für die Nominierung in den Nationalkader, dafür waren Leistung und eine lose Kontaktaufnahme nötig. „Bei der Deutschen Hallen-Meisterschaft im Februar hat Alexander mit 6812 Punkten Platz sechs belegt, und ich habe einfach mal die Leistungen verglichen“, erzählt Vater Andreas. Und dabei sah er: „Alexanders 4,40 Meter beim Stabhochsprung waren paraguayanischer Landesrekord indoor. Und die Gesamtpunktzahl war ebenfalls Landesrekord und Platz eins der Rangliste in Südamerika für Unter18-Jährige. Also habe ich den Verband über Instagram angeschrieben – und dann hat sich direkt das olympische Komitee gemeldet.“Es folgte eine intensive leistungsdiagnostische Untersuchung in Ascuncíon, und seitdem ist Alexander Männel
National-Zehnkämpfer Paraguays.
Das muss nicht so bleiben. „Ich war auch ein bisschen hin- und hergerissen, und wir haben da viel drüber gesprochen, weil es auch mein Traum ist, irgendwann für Deutschland zu starten“, sagt der Teenager und ergänzt: „Einen Start für Deutschland schließt der für Paraguay nicht aus. Und da war mir klar: Eine solche Chance zu bekommen und sie nicht zu nutzen, wäre verschwendet.“Denn jetzt kann Männel eine Verbands-Förderung genießen, die er in Deutschland nicht hätte, weil hier noch der eine oder andere Athlet seines Alters ihm aktuell voraus ist.
Das soll sich natürlich ändern, wenn es ans College geht, die dortigen Möglichkeiten werden ihm noch einen Schub geben. Seine ersten leichtathletischen Schritte machte Männel beim TV Ratingen mit dem Trainerteam Klaus Suhl, Martina Theisen und Heike Drubel, wechselte dann zum TV Angermund und zog alsbald mit dem Trainerduo Antje und Klaus Kirberg zum TV Kalkum-Wittlaer weiter. „Da haben wir eine sehr gute Zehnkampf-Truppe, die sich entwickelt hat. Wir haben im Training Spaß und Konkurrenz, dadurch hat sich meine Leistung auch extrem verbessert“, sagt Männel, der im Vorjahr bei den Deutschen Meisterschaften mit der bislang persönlichen Bestleistung von den genannten 6812 Punkten Vierter in der U18 wurde. „Das war auch ein Riesensprung, den ich da gemacht habe mit sieben neuen Bestleistungen in den Disziplinen. Es sieht gut aus, dass ich das Niveau halte, deswegen habe ich auch das Ziel, die Qualifikation für die U20-WM von 7080 Punkten zu knacken“, erklärt der Teenager selbstbewusst-locker.
Ein weiteres Ziel ist natürlich irgendwann ein Start beim Mehrkampf-Meeting des TV Ratingen, das inzwischen eines der drei hochkarätigsten der Welt ist. Dabei ist die Familie Männel schon seit Jahren – im Helfer-Team des TVR, auch bei der 27. Auflage am 22./23. Juni werden Vater und Sohn im Innenbereich mitarbeiten. „Auf der Leichtathletik liegt schon die große Priorität – ich trainiere sechs, sieben Mal pro Woche, da ist es anstrengend, das mit anderen Dingen zu kombinieren“,
sagt Alexander Männel und ergänzt: „Ich liebe die Vielfalt im Zehnkampf, man macht quasi im Training immer etwas anderes. Und die Freunde im Training bringen mich auch weiter.“
Dass es jetzt ein großer Schritt vom TV Kalkum/Wittlaer ans College in Charlotte ist, ist ihm bewusst, aber Männel ist vorbereitet: „Ich habe mich über Instagram schon mit allen künftigen Teamkollegen ausgetauscht. Es ist auch ein Deutscher dabei, mit dem Esten habe ich mich auf Anhieb gut verstanden – das wird schon eine coole Truppe. Dazu mit einem Trainer, der gerade erst 30 geworden ist, auch mit 18 rüber gegangen ist und aus einer Zehnkampf-Familie aus Montenegro kommt. Als Jüngster werde ich mich da beweisen müssen, aber ich bin zuversichtlich.“
Und wie es dann werden kann, hat Leo Neugebauer vorgemacht. „Er ist eines meiner großen Vorbilder im Sport“, sagt Alexander Männel. „Sein Weg hat mich motiviert, in Erwägung zu ziehen, in Amerika zu studieren. Wir als Truppe beim TV Kalkum/Wittlaer sind schon extreme Fans von ihm – er bringt alles einfach so locker rüber. Er wurde anfangs in Deutschland auch nicht so wahrgenommen, wird aber jetzt natürlich extrem gefördert als Athlet der deutschen Spitze.“Ein Werdegang, der inspiriert und vielleicht auch Männel durch die Förderung Paraguays und des US-Colleges bevorsteht.
„Er ist eines meiner großen Vorbilder im Sport“Alexander Männel Zehnkampf-Talent über den deutschen Rekordhalter Leo Neugebauer