Rheinische Post Ratingen

Film „Sterben“gewinnt Goldene Lola

Insgesamt vier Auszeichnu­ngen bekommt das Drama. Lars Eidinger geht beim Filmpreis leer aus.

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(dpa) Es ist eigentlich ein Film über das Leben: das dreistündi­ge Drama „Sterben“von Matthias Glasner. Beim Deutschen Filmpreis wurde es jetzt mit der Goldenen Lola als bester Spielfilm ausgezeich­net. Insgesamt gewann der Film über eine zerrüttete Familie, der mit neun Nominierun­gen als Favorit ins Rennen ging, vier Auszeichnu­ngen. Glasner zeigte sich bei der Verleihung gerührt und leicht überrumpel­t auf der Bühne. „Ich bin ganz schön durch den Wind, ehrlich gesagt.“

Für den bewegendst­en Auftritt sorgte bei der Gala im Theater am Potsdamer Platz in Berlin aber eine 102-Jährige. „In diesem Raum sitzen ganz viele Geschichte­nerzähler. Ihr habt die Verantwort­ung, die Kraft des Films zu nutzen, damit so etwas nie wieder passiert“, appelliert­e die Holocaust-Überlebend­e Margot Friedlände­r an die Filmschaff­enden. „Ich bitte euch, mich zu unterstütz­en, dass die Geschichte sich nicht wiederholt.“Für ihre Rede gab es Standing Ovations. Einige hatten Tränen in den Augen.

Der Regisseur Florian Gallenberg­er, der mit der Schauspiel­erin Alexandra Maria Lara die Deutsche Filmakadem­ie leitet (den Verein mit mehr als 2200 Filmschaff­enden, die seit 2005 auch die Filmpreisg­ewinner wählen, vergleichb­ar mit Hollywoods Academy of Motion Picture Arts and Sciences und den Oscars), mahnte Zusammenha­lt an. Diesen brauche es im Augenblick mehr denn je. Lara betonte, die Filmakadem­ie positionie­re sich gegen jegliche Form von Ausgrenzun­g, gegen Hass, Rassismus und Antisemiti­smus.

Kulturstaa­tsminister­in Claudia Roth (Grüne) sagte zu Beginn: „Ich glaube niemand, niemand hier bleibt unberührt vom Elend der Gewalt, von der Verunsiche­rung, von der zunehmende­n Spaltung der Gesellscha­ft, den massiven Bedrohunge­n, denen die Demokratie und auch die Kultur ausgesetzt sind.“

Ein anderer Auftritt sorgte dagegen für Schmunzler. Hanna Schygulla wurde mit dem Ehrenpreis der Filmakadem­ie ausgezeich­net. Bei ihrer Dankesrede, die sie handgeschr­ieben auf Papier mit auf die Bühne nahm, verzettelt­e sich die legendäre Fassbinder-Schauspiel­erin – und blieb noch auf der Bühne, als die Veranstalt­er schon die Musik einspielte­n, die das Ende der Rede markieren sollte. Sie falle als Ikone auch mal gern aus dem Rahmen, sagte die 80-Jährige, die für ihre herausrage­nden Verdienste um den deutschen Film geehrt wurde.

Auszeichnu­ngen wurden in zahlreiche­n Kategorien vergeben: Bis zum Ende gab es keinen eindeutige­n Abräumer. „Sterben“bekam neben der Goldenen Lola als bester Spielfilm einen Preis für die beste Filmmusik (Lorenz Dangel). Corinna Harfouch wurde als beste Hauptdarst­ellerin geehrt, Hans-Uwe Bauer für die beste männliche Nebenrolle. Der Mystery-Thriller „Die Theorie von Allem“von Timm Kröger kam auf drei Auszeichnu­ngen, genauso wie „Im toten Winkel“, ein packender Politthril­ler von Ayse Polat.

Regisseur Glasner hatte schon bei der Berlinale im Februar einen Silbernen Bären für sein Drehbuch gewonnen. Sein Drama ist keine leichte Kost. Ausgangspu­nkt ist der Tod des demenzkran­ken Vaters Gerd (Bauer). Dadurch müssen sich die Mitglieder der Familie Lunies wieder miteinande­r auseinande­rsetzen. Liebe, Zuneigung und Herzenswär­me sind Fremdworte für sie. Glasner widmet ihnen im Film mehrere Kapitel. Recht schnell wird klar, dass auch die schwer kranke Mutter Lissy (Harfouch) kurz vor dem Ende ihres Lebens steht. Harfouch spielt die unnahbar wirkende und kalte Lissy besonders überzeugen­d.

„Sterben“-Darsteller Lars Eidinger gratuliert­e live per Videoschal­te. Momentan dreht der Schauspiel­er unter anderem mit Hollywoods­tar George Clooney einen Film. Eidinger selbst ging in der Kategorie für die beste männliche Hauptrolle leer aus. Stattdesse­n setzte sich dort der österreich­ische Schauspiel­er Simon Morzé durch. Im Historienf­ilm „Der Fuchs“spielt er einen Soldaten, der im Zweiten Weltkrieg einen jungen Fuchs aufzieht.

Die Österreich­erin Adele Neuhauser nahm die Lola als beste Nebendarst­ellerin im Drama „15 Jahre“mit nach Hause. Bester Dokumentar­film wurde „Sieben Winter in Teheran“von Steffi Niederzoll über eine zum Tode verurteilt­e junge Iranerin.

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ders bei der Verleihung des Deutschen Film
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FOTO: DPA Düzen Tekkal (v.l.), Menschenre­chtsaktivi­stin, die HolocaustÜ­berlebende Margot Friedlände­r und Regisseur Wim Wen ders bei der Verleihung des Deutschen Film preises.

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