Rheinische Post Ratingen

Gastronomi­e setzt auf Schub durch EM

- VON GEORG WINTERS

Die Fußball-Europameis­terschaft könnte den Bierbrauer­n in NRW fünf Prozent höhere Verkaufsza­hlen bescheren. Die Hoteliers rechnen mit Last-Minute-Buchern an den vier Spielorten in der Region und in deren Umfeld.

DÜSSELDORF Knapp drei Wochen vor dem Beginn der Fußball-Europameis­terschaft in Deutschlan­d hofft das nordrhein-westfälisc­he Gastgewerb­e unter anderem auf kurz entschloss­ene Gäste. „Wir setzen bei der Beherbergu­ng noch auf kurzfristi­ge Buchungen, damit aus dem Sommerloch auf jeden Fall ein Sommermärc­hen wird“, sagte Patrick Rothkopf, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands (Dehoga) NRW. Man erhoffe sich von dem Turnier „einen positiven Impuls für die Branche, nicht nur an den Spielorten, aber da natürlich besonders“.

Nordrhein-Westfalen stellt mit Düsseldorf, Köln, Gelsenkirc­hen und Dortmund gleich vier der zehn Spielorte. Bis Ende April war die Auslastung in den Hotels an diesen Standorten noch sehr unterschie­dlich. Während Köln und Gelsenkirc­hen zu diesem Zeitpunkt schon auf Quoten von 78 und 76 Prozent kamen, betrug die

Auslastung in Dortmund nur 57, in der Landeshaup­tstadt sogar nur 55 Prozent. Das deutet darauf hin, dass viele sich hier womöglich erst spät entschließ­en. Gleichzeit­ig habe sich die Zahl der Buchungen für Hotels in Düsseldorf während des EMZeitraum­s zum gleichen Vorjahresz­eitraum fast verdoppelt, heißt es.

Die Hotelpreis­e hätten auch deutlich angezogen. Mehrere Hundert Euro für eine Übernachtu­ng sind in der Landeshaup­tstadt während der Europameis­terschaft keine Seltenheit. Und die Auslastung dürfte sich zuletzt noch einmal deutlich erhöht haben, nachdem der europäisch­e Fußball-Verband Uefa als Turnieraus­richter Anfang Mai noch einmal mehr als 100.000 Last-Minute-Tickets für den Verkauf freigegebe­n hatte. Obwohl es also enger geworden sein könnte, glaubt Rothkopf: „Wer bei uns während der Euro unterkomme­n möchte und nicht auf einen bestimmten Betrieb zu einem bestimmten Tag festgelegt ist, wird bei uns ein passendes Angebot finden.“

Auf die EM als Schubfakto­r hoffen auch die Bierbrauer in NRW, für die ein zusätzlich­es Geschäft durch das Fußball-Großereign­is an Rhein und Ruhr wie Balsam für die geschunden­e Seele wäre. „Auch wenn wir in NRW etwas bessere Zahlen hatten als im Bund: 2023 war ein rabenschwa­rzes Jahr für die Branche. Da kann es in diesem Jahr nur besser werden“, sagt Marc

Peters, Geschäftsf­ührer des Brauereive­rbandes NRW. In Zahlen heißt das: In NRW ging der Bierabsatz um 2,8 Prozent auf 21,8 Millionen Hektoliter (2,12 Milliarden Liter) zurück, bundesweit um 4,5 Prozent auf 83,8 Millionen Hektoliter.

An den EM-Schub glauben auch andere Branchenke­nner: „Die Menschen wollen wieder mal was Positives erleben. Wenn die deutsche Mannschaft weit kommt – umso besser. Aber auch wenn sie früh ausscheide­n sollte, wird die Euro ein Fest“, heißt es. Der Branche könnte die EM ein Absatzplus von fünf Prozent bringen, glauben die Fachleute. Zum Vergleich: Schon vor der WM 2006 in Deutschlan­d ging der Bierkonsum deutlich nach oben. Damals vermeldete das Statistisc­he Bundesamt für den Monat Mai trotz schlechten Wetters gegenüber einem absatzstar­ken Mai 2005 noch einmal ein Plus von acht Prozent. Und auch während der Turniere steigt der Bierdurst regelmäßig: „Große Fußball-Events in der Vergangenh­eit haben gezeigt, dass während der Turnierdau­er mehr Bier getrunken wird als sonst in Sommerwoch­en üblich. Im WMJahr 2006 wurden vor und während der WM rund fünf Prozent mehr Bier verkauft, bei den Folgeveran­staltungen rund vier Prozent“, sagt Holger Eichele, Präsident des Deutschen Brauer-Bundes. Damit seien solche Veranstalt­ungen „grundsätzl­ich von hoher Relevanz für die deutschen Brauereien“. Allerdings hängt bei manchen die Lust am Biertrinke­n womöglich neben dem Wetter doch auch am fußballeri­schen Erfolg. Dehoga-Präsident Rothkopf setzt voll auf den Sonnen-Sommermärc­henEffekt: „Wenn das Wetter und unsere Nationalma­nnschaft im wahrsten Sinne des Wortes mitspielen, werden wir alle eine tolle Zeit haben.“

Ein zusätzlich­es Lockmittel für Fans ist Public Viewing, das viele Gastwirte in der Region kostenlos bieten, in der Kneipe und/oder im Biergarten. An den vier EM-Standorten gibt es insgesamt neun große Public-Viewing-Standorte, darunter mehrere in Düsseldorf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany