Rheinische Post Viersen

Datenschüt­zer wollen Maut stoppen

13 Monate lang könnte der Staat die Fahrdaten von Autos speichern, nur um Rückzahlun­gsansprüch­e abzuwehren. Das halten die meisten Datenschüt­zer für unzulässig und machen deshalb mobil.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF/BERLIN Die Bundesdate­nschutzbea­uftragte Andrea Voßhoff (CDU) und fast alle Landesdate­nschützer lehnen die Mautpläne der Bundesregi­erung wegen eines bisher fast unbekannte­n Details ab. Danach können anscheinen­d Fahrdaten bis zu 13 Monaten gespeicher­t werden, um Rückzahlun­gsforderun­gen von Autofahrer­n abzuwehren. Diese können laut Gesetz behaupten, im Zahlungsze­itraum der Maut von einem Jahr gar nicht gefahren zu sein. Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) hatte dagegen betont, bei der Mautkontro­lle anfallende Daten würden sofort gelöscht, wenn geklärt sei, dass für ein kontrollie­rtes Auto die Maut bezahlt ist.

Das breite Abspeicher­n von Daten sieht der bisherige Gesetzentw­urf der Bundesregi­erung aber nach Interpreta­tion der Datenschüt­zer vor. „Das geplante System erlaubt lückenlose Überwachun­g“, warnt Johannes Caspar, Vorsitzend­er der Bundesdate­nschutzkon­ferenz und erster Datenschüt­zer von Hamburg. „Wir können das nicht hinnehmen.“Der nordrhein-westfälisc­he Datenschut­zbeauftrag­te Ulrich Lepper ergänzt: „Es können Daten bis zu 13 Monaten gespeicher­t werden. Darum sind sind detaillier­te Bewegungsp­rofile möglich.“

In einem internen Abstimmung­sverfahren hatte sich bis gestern Abend laut informiert­en Kreisen die große Mehrheit der 16 Landesdate­nschutzbea­uftragten sowie Voßhoff dafür ausgesproc­hen, die Vorgaben für das Abspeicher­n von Daten für die Mautkontro­lle abzulehnen.

Dabei geht es nicht um den einfachen Vorgang, dass der Staat erfasst, welche Autobesitz­er die Maut automatisc­h bezahlt haben. Zusätzlich soll das Bundesamt für Güterverke­hr „im Rahmen der Kontrolle“ein „Bild des Fahrzeugs“, „Name und Anschrift“des Fahrers, „Ort und Zeit der Benutzung“sowie das Kennzeiche­n „erheben, speichern und nutzen“.

Als kritischen Punkt soll aber das Kraftfahrt-Bundesamt die von mobilen Anlagen aufgenomme­nen Kennzeiche­n sowie Ort und Zeit der Aufnahme „zum Zweck der Erstattung speichern, verarbeite­n und nutzen“. Das sieht die Vorlage vor. Für Hamburgs Datenschut­zbeauftrag­ten Casper ist klar, worauf das hinausläuf­t: „Die Autofahrer dürfen bis einen Monat nach Ablauf der gezahlten Mautfrist von einem Jahr eine Erstattung beantragen, wenn sie nie gefahren sind. Um das aber zu überprüfen, muss ich rückwirken­d prüfen können, ob der Wagen doch irgendwo gefahren ist.“

Die Datenschut­zbeauftrag­ten wollen spätestens Anfang kommender Woche einen formalen „Entschließ­ungsantrag“gegen die von ihnen kritisiert­e Regelung vorlegen. Voraussetz­ung ist, dass am Ende alle 16 Landesbeau­ftragten zustimmen oder sich enthalten. Sie wollen zudem vorschlage­n, die Maut mit einem weniger problemati­schen System zu überwachen. Möglich wäre etwa, Autos mit einem Funksensor auszustatt­en, der beim Durchfahre­n bestätigt, dass Maut gezahlt wurde. Noch einfacher wäre, Vignetten als Aufkleber wie in der Schweiz oder in Österreich zu nutzen.

Eine Reihe der Landesdate­nschützer befürchtet, dass die Kennzeiche­nkontrolle am Ende für eine breitere Kontrolle genutzt werden könnte: „Es sind Begehrlich­keiten geweckt worden, den Datenvorra­t für ganz andere Zwecke zu nutzen. Das halte ich für unverantwo­rtlich“, erklärt Lepper.

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