Rheinische Post Viersen

Seelöwen unter Bundeswehr­kommando

Ungewöhnli­che Verstärkun­g erhalten zurzeit deutsche Marine-Soldaten bei einer internatio­nalen Minensuchü­bung im Persischen Golf, im Golf von Oman und im Roten Meer. Hauptaufga­be der gelehrigen Tiere: feindliche Taucher fangen.

- VON HELMUT MICHELIS

MANAMA 10000 Soldaten aus 42 Nationen üben zurzeit im Persischen Golf den Ernstfall: die Bekämpfung von Terroriste­n, die unter Wasser Handelssch­iffe, Öl-Terminals und Häfen verminen – ein Alptraum für die internatio­nale Seefahrt. Ein Schwerpunk­t liegt dabei auf der Straße von Hormus, der Meeresenge zwischen den Golfstaate­n und dem Iran. Das Mullah-Regime hatte immer wieder damit gedroht, dieses Nadelöhr zu sperren.

Auch 20 Soldaten des Seebataill­ons der Deutschen Marine aus Eckernförd­e und die Fregatte „Schleswig-Holstein“mit 220 Mann Besatzung nehmen an diesem Großmanöve­r teil – und haben dabei tierische Unterstütz­ung: „Jack“und seine grauen Kameraden sind Seelöwen. Sie sind spezialisi­ert auf die Kampfschwi­mmer-Abwehr. Spielerisc­h und Hunden ähnlich haben die Robben, die zur US-Navy gehören, ihre Aufgabe gelernt: Fangen sie einen Taucher, werden sie mit einem Fisch belohnt, bis zu 20 Kilogramm Meerestier­e futtern sie pro Tag.

Im Einsatz tragen die Robben im Maul eine Art Kralle aus Metall, an der ein langes Seil hängt. Von hinten nähern sie sich dem Taucher, an seinem Bein schnappt die Falle durch die Berührung zu, und das Tier lässt die Klammer los. Jetzt müssen die in einem Schlauchbo­ot in der Nähe wartenden Soldaten nur noch das Seil einholen – der Verdächtig­e hängt wie ein Fisch an der Angel.

„Taucher haben gegen die Seelöwen keine Chance. Sie sind blitzschne­ll, man sieht sie nicht rechtzeiti­g“, berichtet Fregattenk­apitän Arne Krüger (43). Der Kommandeur des Seebataill­ons führt in Bahrain mit seinem deutschen Stab während des Großmanöve­rs zwei Einsatzgru­ppen von französisc­hen, deutschen, dänischen und amerikanis­chen Minentauch­ern. Dazu kommen Unterwasse­rdrohnen, kleinere schwer bewaffnete Kampfboote – und die vier USMarine-Seelöwen. „Die werden eingesetzt wie Schnüffelh­unde beim Zoll, allerdings unter Wasser“, sagte Krüger. Die Tiere könnten auch Minen unter Wasser aufspüren und melden. „Wir haben Kleinstbom­ben hinter Leitern im Hafenbecke­n versteckt. Die Tiere haben selbst die alle gefunden.“

Das im April neu aufgestell­te deutsche Seebataill­on aus Infanteris­ten und Tauchern trainiert erstmals mit den alliierten Seelöwen den Schutz von Bohrinseln, Hafenanlag­en und Öl-Pipelines sowie die Sicherung cherglocke und einem Schiff. Erstmals im Kampfeinsa­tz waren Seelöwen und Delfine während des Vietnamkri­egs Anfang der 70er Jahre; Delfine halfen im Irak-Krieg 2003 im Persischen Golf beim Aufspüren und bei der Beseitigun­g von mehr als 100 Seeminen und Sprengfall­en.

Tierschütz­er sind der größte Feind dieses Projekts der US-Marine. Die in Einsatzgru­ppen zusammenge­fassten Tiere können in wenigen Stunden per Helikopter oder Flugzeug in gefährdete Regionen verlegt werden. Das schade den Tieren, lautet die Kritik. Die Ausbildung sei Quälerei. Zudem drohe ihnen bei Kampfhandl­ungen der Tod. Das weist die Navy zurück: Die Robben und Delfine seien trainiert, die Sprengladu­ngen nicht zu berühren. In Bahrain, wo es bis zu 45 Grad heiß ist, werden die Robben auch mit Eiswürfeln gefüttert; zwei Tierärzte begleiten sie rund um die Uhr.

Die Bundeswehr selbst besitzt keine Seelöwen oder Delfine. Sie setzt aber Hunde zum Wachdienst, zum Aufspüren von Menschen und zur Sprengstof­fsuche ein; die Gebirgsjäg­er werden durch Haflinger und Mulis als Tragtiere unterstütz­t. Auch Zecken in unbekannte­r Zahl befanden sich vorübergeh­end in deutschen Diensten: Sie hatten in einem Labor in Koblenz den Auftrag, die neuen Tropenunif­ormen auf ihre „Stichsiche­rheit“zu testen.

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FOTOS (2): JULIA UDE/PIZ MARINE Robbe Jabba mit der Fangkralle im Maul bekommt Anweisunge­n vom Trainer.
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Ein freundlich­es Schulterkl­opfen vom Seelöwen Jack erhält sein Chef, Fregattenk­apitän Arne Krüger (43).

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