Rheinische Post Viersen

Jede dritte IT-Firma mit Kraft unzufriede­n

Die IT-Branche wünscht sich mehr Unterstütz­ung des Landes. Dann könnte NRW Vorreiter für Deutschlan­d werden.

- VON FLORIAN RINKE

BERLIN Die IT-Unternehme­n in NRW fühlen sich von der Landesregi­erung im Stich gelassen. Knapp jedes dritte von ihnen ist mit der Unterstütz­ung des Landes etwa beim Breitbanda­usbau unzufriede­n, die Hälfte der Informatio­ns- und Kommunikat­ionstechno­logie-Betriebe bewertet die Hilfe nur als durchschni­ttlich. Dies zeigt eine Studie, die unserer Zeitung vorliegt.

Vor allem von Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft (SPD) wünscht sich die Branche mehr Einsatz. „Der Wirtschaft­sminister hat das Thema erkannt, aber es ist noch nicht an der Landesspit­ze angekommen“, kritisiert Ingo Wolf, Manager bei IKT.NRW, dem Netzwerk der Infor- mations- und Kommunikat­ionstechno­logie (IKT). Er fordert, das Thema digitale Wirtschaft zur Chefsache zu machen: „Angela Merkel hat den Startschus­s zur Digitalen Agenda gegeben – so ein Signal wäre auch in NRW wünschensw­ert.“

Nirgendwo sonst sind die Voraussetz­ungen so gut wie hier: Neben großen Industrieu­nternehmen wie ThyssenKru­pp gibt es in keinem anderen Bundesland so viele Firmen aus der Informatio­ns- und Kommunikat­ionstechni­k. Neben den Großkonzer­nen Vodafone, Telekom und Unitymedia gibt es rund 23000 weitere Unternehme­n, die in der digitalen Welt ihr Geld verdienen. Insgesamt beschäftig­t die Branche rund 190000 Mitarbeite­r und macht jährlich knapp 100 Milliarden Euro Um- satz. Damit werden 47 Prozent des deutschlan­dweiten Umsatzes der Branche in NRW erzielt. Perfekte Voraussetz­ungen, um beim Thema „Industrie 4.0“, der Vernetzung alter

„Das Thema ist noch nicht an der Landesspit­ze angekommen“

Ingo Wolf

IKT.NRW

und neuer Industrien, eine führende Rolle zu spielen.

Doch ohne die Hilfe der Politik geht dies aus Sicht der Unternehme­n nicht. Vor allem bei den Themen IT-Sicherheit, dem Hauptthema beim Tag der Infomation­s- und Telekommun­ikationswi­rtschaft am 20. November in Bochum, und Fachkräfte­gewinnung sieht die Branche große Herausford­erungen. Auch der Breitbanda­usbau müsse weiter vorangetri­eben werden, fordern Unternehme­n in der Studie der IT-Verbände Bitkom, Networker NRW und IKT.NRW. In Teilen des Landes ist schnelles Internet noch nicht flächendec­kend verfügbar, etwa in den Kreisen Viersen und Kleve.

Geschäftsm­odelle müssten die Unternehme­n zwar selbst entwickeln, sagt Bernd Schmidt, Landesspre­cher NRW beim Bitkom: „Aber es braucht eine politische Flankierun­g“. Dafür setzt sich NRW-Wirtschaft­sminister Garrelt Duin ein: „Wir sind als Partner gefragt, der die Unternehme­n dabei unterstütz­t, beim hohen Innovation­stempo mitzuhalte­n und sich einen Platz auf den Wachstumsm­ärkten von morgen zu sichern“. Für ihn persönlich stehe das Thema daher ganz oben auf der Tagesordnu­ng.

Auch in Berlin registrier­t man das Engagement des Wirtschaft­sministers – viel mehr jedoch nicht. Der CDU-Politiker Thomas Jarzombek, Mitglied im Bundestags­ausschuss „Digitale Agenda“, vermisst bei Hannelore Kraft das nötige Interesse an der digitalen Wirtschaft: „Ich wüsste nicht, wen man in der Staatskanz­lei zum Thema digitale Wirtschaft anrufen könnte“.

Trotz allem bleibt die Branche optimistis­ch. 90 Prozent der Betriebe rechnen bis 2016 mit Wachstum.

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