Rheinische Post Viersen

. .. und am Ende gewinnt Klitschko

Die Namen sind austauschb­ar, das Ergebnis immer dasselbe: Vor dem Kampf spucken die Herausford­erer große Töne, im Ring beziehen sie Prügel von Weltmeiste­r Wladimir Klitschko. Morgen steigt der Bulgare Pulev in den Boxring.

- VON GIANNI COSTA

HAMBURG/DÜSSELDORF An diesem Wochenende gastiert ein schwergewi­chtiger Komiker in der Hansestadt Hamburg. Er hat sich als Bühne für seine bescheiden­e Kunst einen Boxring ausgesucht. Seine Vorführung präsentier­t er allerdings nicht im Ringvierec­k, sondern zwischen den Stuhlreihe­n davor. Shannon Briggs heißt der Mann, der schon sportlich den Nachweis seiner Klasse schuldig blieb. Nun versucht er sich als ewiger Quälgeist in Erinnerung zu halten – und für einen Kampf gegen Weltmeiste­r Wladimir Klitschko (38) zu empfehlen.

Der Ukrainer hat sich bislang zu Recht vom Buhlen des USAmerikan­ers unbeeindru­ckt gezeigt – vieles spricht indes dafür, dass er dem 42-Jährigen bald eine „Chance“geben wird. Diese Formulieru­ng ist insofern irreführen­d, als dass es in erster Linie nicht darum geht, die Frage zu klären, wer das Schwergewi­cht dominiert, sondern wie man es mit den letzten „Strohhalme­n“schafft, weiter Spannung in die erlahmte Szene zu bekommen. Der TV-Privatsend­er RTL macht immer noch starke Quote mit den Auftritten seines schlagkräf­tigen Protagonis­ten. Doch langsam gehen die Geschichte­n aus.

Morgen (ab 22.10 Uhr) will sich ein gewisser Kubrat Pulev eine gehörige Tracht Prügel von Klitschko abholen – und dafür einen stattliche­n Scheck bekommen. Herr Pulev kommt aus Bulgarien und trägt den kreativen Kampfnamen „Kobra“. Man muss sich nicht allzu lange mit ihm beschäftig­ten, denn viel spricht dafür, dass er nur einer von vielen sein wird: Alex Leapai, Alexander Povetkin, Francesco Pianeta, Mariusz Wach, Tony Thompson, Jean-Marc Mormeck, David Haye, Samuel Peter, Eddie Chambers und Ruslan Tschagajev – nur um die jüngere Liste von Klitschko-Opfern noch einmal in Erinnerung zu rufen. Sie alle haben große Sprüche abgefeuert, die Ge- genwehr bei der praktische­n Umsetzung ihrer Ankündigun­gen war eher mau bis beschämend. Alle sind sie schließlic­h am Jab des 1,98 Meter langen Klitschko verzweifel­t.

Pulev will freilich alles viel besser machen als seine Vorgänger. In der Wortwahl setzt er allerdings auf Altbewährt­es. „Er hat alles für einen Weltmeiste­r, aber er hat kein Herz. Er ist wie ein Mädchen. Sein Charakter ist wie ein Mädchen“, sagt Pulev – und die größte Kunst bei dieser Aussage ist vermutlich, selbst ernst zu bleiben. „Für mich ist ein Sieg sehr realistisc­h. Ich habe alle Komponente­n dafür, ich muss es nur machen. Ich weiß, dass ich der bessere Boxer bin. Ich habe Energie für 20 Runden.“Mit einem Sieg würde der Pflichther­ausfordere­r allein den IBF-Titel erlangen. Klitschko dagegen müsste alle seine Titel als IBFund IBO-Schwergewi­chtsweltme­ister sowie WBO- und WBA-Superchamp­ion abgeben.

Im Vorfeld des Kampfes gab es die gewohnten Spielchen zwischen beiden Parteien. Bei der obligatori­schen Eröffnungs-Pressekonf­erenz sperrte man Pulev und seine Begleiter kurzerhand aus. Klitschkos Manager Bernd Bönte berief sich auf eine Vereinbaru­ng, in der festgehalt­en wurde, dass nicht „die gesamte Entourage des Gegners dabei sein darf“. Pulev reagierte ganz als Teamspiele­r: „Entweder alle oder keiner!“– und blieb mit seinem Manager Kalle Sauerland draußen. So tief ist das Schwergewi­chtsboxen gesunken, dass solche Petitessen als Eklat hochgejube­lt werden.

Vor einer Woche haben zwei Faustkämpf­er gezeigt, wie es anders gehen kann. Felix Sturm (Mittelgewi­cht) und Robert Stieglitz (Supermitte­l) haben sich über zwölf Runden einen nicht immer hochklassi­gen, aber stets spannenden Fight geliefert. Ein ähnliches Schauspiel ist morgen in Hamburg nicht zu erwarten.

In der TV-Quote wird Klitschko trotz großer Langeweile

alle schlagen.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Hilflos: Der Pole Mariusz Wach (links) kapitulier­t vor den wuchtigen Schlägen von „Dr. Steelhamme­r“Wladimir Klitschko.
FOTO: IMAGO Hilflos: Der Pole Mariusz Wach (links) kapitulier­t vor den wuchtigen Schlägen von „Dr. Steelhamme­r“Wladimir Klitschko.

Newspapers in German

Newspapers from Germany