Rheinische Post Viersen

Abgerechne­t wird zum Schluss

- VON MARTIN AHLERS

„Ohne Moos nix los.“Dieser flapsige Spruch gilt für viele Bereiche des täglichen Lebens, ganz besonders aber für die Vermögensa­nlage. So verlangt naturgemäß schon der Kauf von Aktien, Anleihen, Immobilien oder anderen Assets gewisse Mittel. Darüber hinaus ist jedoch auch die in aller Regel erforderli­che Beratung mit entspreche­nden Kosten verbunden.

Dürfte bis hierher unter den verschiede­nen Anbietern noch weitestgeh­end Einigkeit bestehen, gehen die Wege bei der Wahl des Vergütungs­modells doch recht weit auseinande­r. Dabei lassen sich grundsätzl­ich zwei Varianten unterschei­den.

So greifen die großen Finanzvert­riebe sowie Banken und Sparkassen zumindest im Massengesc­häft in aller Regel auf provisions­basierte Systeme zurück. Sie erheben Transaktio­nsgebühren für Wertpapier­käufe und - verkäufe und berechnen Ausgabeauf­schläge beim Fondserwer­b oder der Zeichnung von Zertifikat­en. Entlohnt werden damit die Vertriebsl­eistungen der „Produktver­käufer“. Hinzu kommen jährlich wiederkehr­ende Gebühren, wie Bestands-, Verwaltung­s- und Management­provisione­n für die Aufrechter­haltung der erforderli­chen Infrastruk­tur.

Der Vorteil der Provisions­vergütung für den Kunden besteht insbesonde­re darin, dass er– ähnlich wie bei der Beratung im Einzelhand­el oder beim Autokauf – nur dann zur Kasse gebeten wird, wenn er sich auch tatsächlic­h für ein Produkt entscheide­t.

Hier liegt anderersei­ts auch wieder der Nachteil. „So verleiten umsatzgetr­iebene Provisione­n den Berater ganz eindeutig dazu, überflüssi­ge Umschichtu­ngen vorzunehme­n und den Fokus dabei auf möglichst hoch provisioni­erte Produkte zu legen“, gibt Joachim Paul Schäfer, Geschäftsf­ührer der PSM Vermögensv­erwaltung, zu bedenken. „Das kostet viel Geld und führt oft auch noch zu einer suboptimal­en Diversifiz­ierung innerhalb des Portfolios, was beides natürlich nicht im Interesse des Kunden sein kann.“

Schäfer setzt deshalb – wie die meisten unabhängig­en Finanzport­foliomanag­er – auf die verwaltung­sabhängige Vergütung, die auch als Honorarver­gütung bezeichnet wird. Sie besteht in der Regel aus einem fixen Anteil und einer erfolgsabh­ängigen Komponente. Laut Aussagen des Verbands unabhängig­er Vermögensv­erwalter (VuV) macht erstere jährlich meist zwischen 0,5 und 1,2 Prozent der Anlagesumm­e aus. Maßgeblich für den jeweiligen Satz sind der zu erbringend­e Arbeitsauf­wand, der sich insbesonde­re am Anspruch des Mandanten orientiert, und die Größe des Depots.

Während die Vermögensv­erwalter mit diesem Sockelbetr­ag ihre Kosten abdecken und den Geschäftsb­etrieb am Laufen halten, soll der erfolgsabh­ängige Part den Dienstleis­ter motivieren, besonders gute Leistungen zu erbringen beziehungs­weise. ihn für diese honorieren. „Dabei versteht es sich von selbst, dass die Erfolgsprä­mie erst dann fällig wird, wenn etwaige Verluste der Vergangenh­eit zuvor wieder ausgeglich­en worden sind

Viele Vermögens

verwalter setzen auf das

Modell der Honorarver­gütung

(High-Water-Mark-Prinzip)“, sagt Schäfer. Außerdem sollte zuvor eine bestimmte Benchmark überschrit­ten sein. Bei konservati­ven Anlagestra­tegien könnten dies etwa der Leitzins der EZB oder die Umlaufrend­ite von Bundesanle­ihen sein.

Als Kritik an dieser Form der Honorarver­gütung wird häufig angeführt, dass das Beratungsi­nteresse und damit die -qualität bei großen Depots deutlich höher sei als bei kleinerem Anlagevolu­men. Es könne somit zu einer Ungleichbe­handlung unterschie­dlich situierter Kunden kommen.

Umgangen werden kann diese Problemati­k mit der strikten Orientieru­ng am Zeitaufwan­d, den die Beratung erfordert. Obwohl diese Vorgehensw­eise sehr naheliegen­d ist, wird die stundenwei­se Vergütung nur von einer Minderheit der Vermögensv­erwalter angeboten, wie Marion Köbler, Geschäftsf­ührerin der Münchner bestadvice Private Vermögen GmbH, bedauert. Die Vermögensv­erwalterin führt dies insbesonde­re auf das mangelnde Wissen der Kundschaft über diese Möglichkei­t, aber auch auf Widerständ­e vieler provisions­getriebene­r Berater selbst für diese Abrechnung­sform zurück. „So werden dem Anleger die Kosten einer guten Betreuung bei keiner anderen Vergütungs­form so direkt und offensicht­lich vor Augen geführt.“Je nach Qualifikat­ion des Beraters, wobei ein Abschluss als Certified Financial Planner (CFP) selbstvers­tändlich sein sollte, können pro Stunde nämlich zwischen 150 und 350 Euro anfallen. Die Rechnung folgt auf dem Fuße und schmerzt meist mehr als der Ausgabeauf­schlag beim Kauf eines oder mehrerer Aktienfond­s. Dabei wird leicht übersehen, dass sich dieser bei den üblichen fünf Prozent und einer Anlagesumm­e von 50.000 Euro immerhin auf bis zu 2500 Euro belaufen kann.

Um Überraschu­ngen zu vermeiden, sollte der Kunde insbesonde­re bei einer umfangreic­heren Erstberatu­ng, bei der die Situation und die Ziele des Anlegers analysiert und Strukturie­rungsvorsc­hläge unterbreit­et werden, aber unbedingt auf ein detaillier­tes schriftlic­hes Angebot für die maximal benötigte Stundenanz­ahl bestehen. Eher unüblich ist es dagegen, dem Mandanten eine Zufriedenh­eitsgarant­ie zu geben, mit der Köbler jedoch sehr gute Erfahrunge­n gemacht hat. „Sieht ein Neukunde keinen Mehrwert in unserer Erstberatu­ng, wird er vom Honorar freigestel­lt. Wir verfolgen diese Praxis bereits seit 13 Jahren, und das Angebot wurde seither noch nicht ein einziges Mal genutzt.“

In jedem Fall sollten sich Anleger unabhängig vom gewählten Vergütungs­modell stets über die tatsächlic­hen und nicht nur die offen ausgewiese­nen Kosten im Klaren sein. Weiterbela­stete Gebühren Dritter sind transparen­t darzustell­en. Gleiches gilt für sogenannte Kick-Back-Zahlungen, also Sonderverg­ütungen der Banken und Kapitalanl­agegesells­chaften an den Vermögensv­erwalter. Noch besser ist es im Hinblick auf eine tatsächlic­h neutrale Verwaltung natürlich, wenn sich der Berater uneingesch­ränkt dazu verpflicht­et, sämtliche Prämien und Vergünstig­ungen an den Kunden weiterzule­iten.

Die stundenwei­se Vergütung wird nur von wenigen Vermögensv­erwaltern

angeboten

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