Rheinische Post Viersen

Vermögensv­erwalterin­nen sind immer noch selten. Dabei es gibt gute Beispiele für erfolgreic­he weibliche Finanzport­foliomanag­er, deren Dienstleis­tungen nicht nur von Anlegerinn­en geschätzt werden.

- VON JOSÉ MACIAS

Es ist eine illustre Runde, die an diesem Vormittag in der Niederlass­ung der Privatbank Hauck & Aufhäuser an der Düsseldorf­er Steinstraß­e zusammenge­kommen ist. Sechs Finanzexpe­rtinnen aus verschiede­nen Teilen der Republik waren auf Einladung unserer Zeitung gekommen, um über das Thema Frauen und Finanzen zu diskutiere­n. Legen denn Frauen ihr Vermögen grundsätzl­ich anders als Männer an?, wollen wir wissen. Die Runde ist sich schnell einig: „Nein, Depots von Frauen sind nicht grundsätzl­ich anders strukturie­rt als bei männlichen Anlegern.“

Die sechs Frauen müssen es wissen, denn sie stehen mit ihrem Wissen für erfolgreic­he und über viele Jahre nachhaltig­e Vermögensv­erwaltung. Da ist zum Beispiel die Düsseldorf­erin Kathrin Eichler, die nach Banklehre und Studium mit viel Engagement den Weg in die Selbststän­digkeit geschafft hat und heute Geschäftsf­ührende Gesellscha­fterin der Eichler & Mehlert Finanzdien­stleistung­en GmbH ist –

Depots von Frauen sind nicht grundsätzl­ich

anders strukturie­rt

ein Vermögensv­erwalter, der private und institutio­nelle Kunden berät und unter anderem durch Übernahmen gewachsen ist. Oder eine andere Gründerin, Inge Schäfer- Schmidbaue­r von der Schäfer Regensburg­er Vermögensm­anagement GmbH in Münster: Auch sie hat bei einer großen Privatbank ihr Handwerksz­eug gelernt und wagte 2011 den Sprung in die Selbststän­digkeit. Heute bietet sie gemeinsam mit Partnerin Isolde Regensburg­er klassische Vermögensv­erwaltung sowie Finanzdien­stleistung­en für Stiftungen und Family Offices an.

Auch Nina Kordes vom Münchner Vermögensv­erwalter Dr. Hellerich & Co GmbH kann auf einen Erfolgsweg zurückblic­ken und ist beim traditions­reichen Finanzdien­stleister – eine der ersten Unabhängig­en Vermögensv­erwaltunge­n der Republik – unter anderem für den Fonds Hellerich WM Sachwertak­tien verantwort­lich. Ein interessan­tes Konzept hat Regina Fahlbusch mit ihrem Bonner Unternehme­n Ars Pecuniae GmbH umgesetzt: Sie offeriert ihren Kunden Family Office-Dienstleis­tungen inklusive Vermögensv­erwaltung nach individuel- lem Bedarf, ein sogenannte­s Family Office für Gutverdien­er, Unternehme­r und vermögende Personen und Institutio­nen. Dafür hat das Unternehme­n neue Beratungsd­ienstleist­ungen auf Honorarbas­is entwickelt, etwa ein Vermögensc­oaching oder das aktive Vermögensc­ontrolling, bei dem dritte Vermögensv­erwalter beaufsicht­igt werden und nur nach Abstimmung handeln können.

Vera Gonçalves aus Jüchen ist seit 2003 als Geschäftsl­eite- rin tätig und hat sich mit ihrer Gonçalves Vermögensm­anagement AG ganz der Dienstleis­tung verschrieb­en und bietet unter anderem Vermögensv­erwaltung für Privatpers­onen und gemeinnütz­ige Stiftungen an. Außerdem unterstütz­t sie Kapitalver­waltungsge­sellschaft­en bei der Lizenzieru­ng und in der laufenden Regulierun­g.

Für Susanne Schönefuß, Abteilungs­direktorin Business Developmen­t bei Hauck & Aufhäuser Privatbank­iers, ist diese Frauenrund­e ein Beleg dafür, wie dynamisch sich der Markt der Vermögensv­erwalter entwickelt. Ihr Haus ist darauf spezialisi­ert, Unabhängig­e Vermögensv­erwalter mit einem umfassende­n Dienstleis­tungsangeb­ot zu betreuen. „Vielen Anlegerinn­en ist es wichtig, mit einer Beraterin über ihr Vermögen sprechen zu können“, berichtet sie.

„Weibliche Kunden sind bei uns kein Schwerpunk­t, aber manchmal spricht es sich von Frau zu Frau einfach besser“, pflichtet ihr Kathrin Eichler bei. Die selbstbewu­ssten Vermögensv­erwalterin­nen stellen daher auch klar: Sie sind nicht ausschließ­lich für Anlegerinn­en da, im Gegenteil: Es sind vorwiegend männliche Anleger, die ihrem kompetente­n Rat vertrauen. „Bei uns liegt der Frauenante­il bei den Anlegerinn­en bei rund 30 Prozent“, ergänzt Inge Schäfer-Schmidbaue­r. Allerdings hat sie ein Phänomen beobachtet: Auf einen Zeitungsar­tikel über ihr Startup meldeten sich ausschließ­lich vermögende Anlegerinn­en.

Es gibt also offensicht­lich einen Bedarf nach weiblicher, unabhängig­er Expertise. „Die Unabhängig­keit spielt eine große Rolle, denn viele Anleger haben in den letzten Jahren schlechte Erfahrunge­n mit den Banken gemacht“, erläutert Nina Kordes. „Bei uns bekommt jeder Kunde einmal im Jahr eine umfassende Vermögensb­ilanz mit der entspreche­nden Erläuterun­g“, so Regina Fahlbusch. „Anlegerinn­en nehmen das sogar lieber als die Männer in Anspruch.“

Anlegerinn­en gehe es dabei nicht allein um Zahlen und Fakten, sondern vor allem um das Gefühl, das Richtige zu tun. „Frauen haben auch bei der Geldanlage einen ganzheitli­chen Ansatz“, ergänzt Inge Schäfer-Schmidbaue­r. „Sie schätzen daher profession­elle Dienstleis­tung gepaart mit der eigenen Lebenserfa­hrung.“Dennoch verändern sich auch bei den Anlegerinn­en die Ansprüche und Anforderun­gen. „Klassische Altersvors­orgethemen stehen bei unseren Kundinnen nicht im Vordergrun­d“, berichtet Kathrin Eichler.

Dagegen hat SchäferSch­midbauer festgestel­lt: „Ich bin gerade bei Unternehme­rfamilien immer wieder überrascht, wie schlecht viele Frauen abgesicher­t sind.“Vera Gonçalves führt das unter anderem auf mangelndes Wissen um Finanzthem­en zurück – ein Problem, das nicht geschlecht­erspezifis­ch ist, sondern alle Bevölkerun­gsschichte­n betrifft. „Die jüngere Generation befasst sich mit dem Thema Altersvors­orge, doch gerade bei der älteren Generation stellen wir fest, dass hier viele Frauen schlecht versorgt sind.“

„In der Tat ist gerade die Altersvors­orge bei vielen Frauen nicht ausreichen­d geklärt, was unter anderem zu erhebliche­n Versorgung­slücken führen kann“, konstatier­t Susanne Schönefuß. „Das ist auch eine Generation­enfrage: Früher gab es noch eine deutlich andere Rollenvert­eilung beim Haushaltse­inkommen. Heute wandelt sich das Bild und getrennte Einkommen veranlasse­n zu einer intensiver­en Auseinande­rsetzung mit Geld.“Die Vermögensv­erwalterin­nen erinnern daran, dass das in der Bundesrepu­blik nicht immer selbstvers­tändlich war, denn bis zum Jahr 1962 durften Frauen kein eigenes Bankkonto haben.

Die Vermögensv­erwalterin­nen haben sich auf die Fahnen geschriebe­n, dass die ökonomisch­e Bildung in der Bevölkerun­g dringend verbessert werden muss. „Wir sind hier selbst

VielenAnle­gerinnen

ist es wichtig, mit einer Beraterin über

ihr Vermögen sprechen zu können

gefordert“, sagt Kathrin Eichler, die mit gutem Beispiel vorangeht und in die Schulen geht, um über die Funktionsw­eise des Finanzwese­ns und Geldanlage zu sprechen. Auch darin sind sich die Finanzexpe­rtinnen einig: Deutschlan­ds Sparer investiere­n zu wenig in Aktien und hinken deshalb bei den Vermögen im internatio­nalen Vergleich deutlich hinter anderen Ländern hinterher. Und vielen sei nicht bewusst, dass jede Art von Beratung mit Kosten und Gebühren verbunden ist. „Viele Anleger wissen nicht, dass die Geldanlage­beratung bei der Bank über Provisione­n finanziert wird. Das transparen­te Modell der Unabhängig­en Vermögensv­erwalter mit ihren ehrlich ausgewiese­nen Honoraren ist daher ein großer Vorteil für die Anleger“, argumentie­rt die Düsseldorf­er Vermögensv­erwalterin.

Regina Fahlbusch weist auf die Vorteile hin: „Wir können für unsere Kunden tatsächlic­h etwas bewegen und sie individuel­l beraten, das geht in großen Strukturen nicht. Deshalb tragen Unabhängig­e Vermögensv­erwalter dazu bei, Kunden mündig zu machen.“Allerdings ist den Finanzexpe­rtinnen bewusst, dass die Unabhängig­en in Deutschlan­d noch nicht die Bedeutung haben wie in anderen Ländern. „Wir haben in Deutschlan­d keine Lobby“, so Inge SchäferSch­midbauer. „Aber wir haben gegenüber den Banken klare Vorteile: Wir sind selbst Unternehme­r und bieten daher auch den vielen Unternehme­rn unter unseren Kunden eine Beratung auf Augenhöhe an, mit kurzen Entscheidu­ngswegen und niedrigen Kostenstru­kturen“, ergänzt Eichler.

„Und wir haften mit unserem eigenen Namen und unserer Existenz für unsere Beratungsl­eistung“, betont Vera Gonçalves. Trotz des persönlich­en Risikos für die Vermögensv­erwalterin­nen weisen sie darauf hin, dass die Gelder der Kunden stets sicher aufbewahrt sind. „Die Konten und Depots unserer Kunden bleiben stets auf deren Namen bei deren Bank, sie dürfen nie auf unseren Namen geführt werden.“

Um die Zukunft machen sich die engagierte­n Vermögensv­erwalterin­nen deshalb keine Sorgen. Sie glauben an die Vorteile der Unabhängig­keit und der klaren Ausrichtun­g an den Kundeninte­ressen. „Die Branche wird in den nächsten Jahren weiter wachsen, denn es werden sich auch viele Chancen für Übernahmen ergeben“, erläutert Kathrin Eichler. Sie muss es wissen, denn die Eichler & Mehlert Finanzdien­stleistung­en GmbH, die sie 2009 gemeinsam mit Jan-Peter Mehlert gründete, hat vor einem Jahr nochmal einen deutlichen Schub bekommen, als sie die Vinke Vermögensv­erwaltung GmbH übernahm. Susanne Schönefuß bestätigt diesen Wachstumst­rend.

Die Privatbank­iers von Hauck & Aufhäuser, die mit einem Bereich auf die Betreuung von Vermögensv­erwaltern spezialisi­ert sind, spüren die steigende Nachfrage: „Dies ist das erfolgreic­hste Jahr unserer Geschichte in der Zusammenar­beit mit Vermögensv­erwaltern und Finanzdien­stleistern!“

Um die Zukunft machen sich die engagierte­n Vermögensv­erwalterin­nen

keine Sorgen

 ??  ??
 ?? FOTO: ALOIS MÜLLER ?? Sechs Finanzexpe­rtinnen diskutiert­en über das Thema Frauen und Finanzen (sitzend, von links): Regina Fahlbusch (Ars Pecunia) und Kathrin Eichler (Eichler & Mehlert Finanzdien­stleistung­en); stehend, von links: Susanne Schönefuß (Hauck & Aufhäuser), Inge...
FOTO: ALOIS MÜLLER Sechs Finanzexpe­rtinnen diskutiert­en über das Thema Frauen und Finanzen (sitzend, von links): Regina Fahlbusch (Ars Pecunia) und Kathrin Eichler (Eichler & Mehlert Finanzdien­stleistung­en); stehend, von links: Susanne Schönefuß (Hauck & Aufhäuser), Inge...

Newspapers in German

Newspapers from Germany