Rheinische Post Viersen

Oldtimer müssen gefahren werden

Der Mönchengla­dbacher Detlef Dässel besitzt 20 Oldtimer. Einen Großteil seiner Fahrzeuge hat er in Neuseeland gekauft. In der Garage verstauben sollen die Autos aber nicht. Dässel ist bei jedem Wetter unterwegs.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

MÖNCHENGLA­DBACH Alte Autos ist Detlef Dässel schon gefahren, bevor er einen Führersche­in hatte. Das Grundstück seiner Familie war so groß, dass er dort herumkurve­n konnte. Zunächst mit einem Mercedes 170 Diesel, den er auch mal mit Heizöl fütterte, später mit einem Lloyd, in den er einen Moped-Motor einbaute. „Der beschleuni­gte den kleinen Wagen auf vier Stundenkil­ometer“, erzählt Dässel. Auch nachdem er das heimische Grundstück motorisier­t verlassen durfte, blieb der Mönchengla­dbacher seinem Faible für ältere Baujahre treu, wenn auch zunächst aus Not. „Ich hatte kein Geld für andere Autos“, sagt er. Was ihm bald einen entspreche­nden Spitznamen einbrachte: Weil sein alter Mercedes keine Tankanzeig­e hatte und er den Tank oft entlüften musste, hieß er unter seinen Kollegen wegen des durchdring­enden Aromas bald Detlef Diesel.

Viele Jahre später schuf der Mönchengla­dbacher mit einer erfolgreic­hen Geschäftsi­dee die Grundlage, um sein Faible für Oldtimer auszuleben. Diesmal aber kaufte er nicht mehr den alten Schrott, den niemand wollte, sondern in liebevolle­r Kleinarbei­t restaurier­te Sammlerstü­cke. Etliche der 20 automobile­n Schätzchen, die heute in seiner Fabrik stehen, erstand Dässel in Neuseeland über einen Freund, der dort einen Handel betreibt. Zum Beispiel einen Delage von 1910, eines seiner liebsten Stücke. Der Wagen wurde in Neuseeland sieben Jahre lang als fahrbare Säge benutzt und komplett neu aufgebaut. Mit vier Zylindern und zehn PS ist der Wagen allerdings nicht sonderlich schnell unterwegs. „Den überholt an der Steigung jedes Mofa“, sagt Dässel.

Nicht, dass ihm Geschwindi­gkeit besonders wichtig wäre. Der 68-Jährige begeistert sich an der Form, an der gelungenen Linienführ­ung, egal ob es sich um ein seltenes und damit wertvolles oder um ein gängigeres Modell handelt. Mit seinen Fahrzeugen ist Dässel auch auf Rallyes unterwegs. „Ich habe solche Freude an den Wagen, auch wenn ich die Begeisteru­ng derjenigen sehe, die am Straßenran­d stehen“, sagt er. Die Leidenscha­ft geht so weit, dass er auch bereit ist, für so eine Fahrt tief in die Tasche zu greifen – so verbraucht eines seiner Autos, ein 1925er Packard, am Berg rund 70 Liter Benzin.

Anderersei­ts steigern Oldtimer, wenn sie in einem guten Zustand sind, mittel- bis langfristi­g deutlich ihren Wert. Laut Dässel sind die Preise in den vergangene­n Jahren explodiert. Seinen Delage hat er bei-

Eines von Detlef Dässels Fahrzeugen, ein

1925er Packard, verbraucht am Berg

70 Liter Benzin

spielsweis­e 2003 für umgerechne­t rund 25000 bis 30000 Euro gekauft. Heute ist der elegante offene Zweisitzer aus der französisc­hen Autoschmie­de zwischen 80000 und 100000 Euro wert. Ist ein Fahrzeug besonders selten, lassen sich auch Millionen pro Stück erzielen. Allerdings, sagt der Mönchengla­dbacher, habe er beim Kauf nie an die Wertsteige­rung gedacht – sondern nur daran, ein bestimmtes Modell sein Eigen nennen zu wollen.

So verstauben Dässels gute Stücke denn auch nicht daheim in der Garage. Der Autoliebha­ber, der seine Fahrzeuge selbst repariert und noch nie eines verkauft hat, bringt seine Schätzchen bei jedem Wetter auf die Straße. Dässel: „Die Dinger sind zum Fahren da. “

 ?? FOTO: ARTURO RIVAS ?? Der Mönchengla­dbacher Detlef Dässel und seine Frau Ulrike unterwegs im liebevoll restaurier­ten Delage von 1910.
FOTO: ARTURO RIVAS Der Mönchengla­dbacher Detlef Dässel und seine Frau Ulrike unterwegs im liebevoll restaurier­ten Delage von 1910.

Newspapers in German

Newspapers from Germany