Der Mann, der Opel wieder fit machen will
Carlos Tavares hat den französischen Autobauer PSA wieder auf die Erfolgsspur gebracht. Nun streckt der Portugiese die Hand nach Opel aus.
PARIS „Am Steuer denke ich nur daran, so schnell wie möglich zu fahren“, sagt Carlos Tavares. Der Hobby-Rennfahrer scheut kein Risiko – weder auf dem Asphalt noch im Geschäftsleben. Bestes Beispiel ist das gewagte Projekt des PSA-Chefs, den deutschen Autobauer Opel zu übernehmen. „Push to pass“heißt sein Wachstumsplan für Peugeot-Citroën – anschieben, um zu überholen. Mit Opel würde PSA zum zweitgrößten europäischen Autobauer hinter Volkswagen aufrücken. „Wir sind eher in der Position des Jägers als des Gejagten“, antwortete Tavares vor kurzem auf die Frage nach Übernahmeplänen.
Das war 2013, als der Wechsel des gelernten Ingenieurs zu PSA bekannt wurde, noch anders. Die Marke mit dem Löwen war damals gerade durch den Einstieg des chinesischen Autobauers Dongfeng und eine Erhöhung der Staatsbeteiligung vor der Beinahe-Pleite gerettet worden. Tavares kam die heikle Aufgabe zu, den Traditionskonzern, der 2012 noch fünf Milliarden Euro Nettoverlust verzeichnete, zu sanieren.
Der Portugiese strich die Zahl der Modelle zusammen, verhandelte mit den Gewerkschaften über Lohnzurückhaltung und organisierte das Unternehmen um – mit Er- folg: Im vergangenen Jahr erzielte das Unternehmen einen Nettogewinn von 1,7 Milliarden Euro, fast doppelt so viel wie 2015. Der Umsatz schrumpfte zwar wechselkursbedingt um 1,2 Prozent auf 54 Milliarden Euro – dennoch soll es zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder eine Dividende geben.
Doch Tavares reichte das noch nicht: Der 58-Jährige will PSA, das weltweit 184.000 Beschäftigte hat, auch international besser aufstellen. Die Übernahme von Opel ist dabei ein erster Schritt. Gemeinsam, sagte er gestern, hätte man die Gelegenheit, einen Auto-Europameister zu schaffen.
Wie die Zusammenarbeit mit einer Auto-Schwester funktionieren kann, hatte Tavares bei Renault gesehen, wo er 32 Jahre lang beschäftigt war. 2004 schickte ihn RenaultChef Carlos Ghosn nach Japan und in die USA, um beim japanischen Partner Nissan zu arbeiten. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich machte Ghosn Tavares zu seinem Stellvertreter. Doch dem ehrgeizigen Autonarr reichte das nicht: Als ihm klar war, dass er bei Renault nie die Nummer eins werden würde, kündigte der Manager in einem Interview kurzerhand sein Interesse für eine andere Führungsposition an. „Irgendwann hat man Appetit, die Nummer eins zu werden“, lautete sein legendär gewordener Satz.
Das gewagte Manöver brachte Tavares den Rauswurf bei Renault und drei Monate später den Chefposten bei PSA ein. Dort ist der hagere Mann mit der Brille für seinen fast schon asketischen Lebensstil bekannt. Sein Tag beginnt morgens um sechs und endet um 21.30 Uhr – ohne üppige Diners oder gesellschaftliche Ereignisse. Mittags gönnt sich der Unternehmenschef statt des unter Geschäftsleuten üblichen Mittagessens nur einen Salat.
Ähnlich sparsam dürfte es demnächst auch bei Opel zugehen, denn Tavares gilt als knallharter Sanierer Bei PSA strich er die Zahl der Modelle zusammen, verhandelte mit den Gewerkschaften über Lohnzurückhaltung und machte das Unternehmen so wieder flott. Nun könne der französische Konzern Opel helfen, „wieder auf die Beine zu kommen“, kündigte er gestern an. Den Sanierungsplan solle Opel aber selbst vorlegen.
Beim Gehalt hört allerdings der Verzicht des dreifachen Vaters und zweifachen Großvaters auf: 2015 verdoppelte sich Tavares selbst das Jahresgehalt auf 5,2 Millionen Euro. „Ich sehe mich als Fußballspieler oder Formel-1-Pilot, für den es einen Markt gibt“, rechtfertigte er die Maßnahme damals selbstbewusst.