Konjunkturaufschwung füllt die Staatskasse
Die öffentlichen Haushalte erzielen den höchsten Überschuss seit der Wiedervereinigung. Aber es gibt Bremsspuren.
WIESBADEN (dpa) Das kräftige Wachstum spült Milliarden in die Staatskassen und bringt Deutschland den höchsten Überschuss seit der Wiedervereinigung. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen nahmen 2016 rund 23,7 Milliarden Euro mehr ein, als sie ausgaben. Bezogen auf die Wirtschaftsleistung, fiel das Plus mit 0,8 Prozent höher aus als die im Januar geschätzten 0,6 Prozent. Dies teilte das Statistische Bundesamt mit.
Dank hoher Einnahmen, rückläufiger Arbeitslosigkeit und niedriger Zinsen verbuchte der Staatshaushalt den dritten Überschuss in Folge. Er ist weit entfernt von der Defizitgrenze des Maastricht-Vertrages. Danach darf ein Minus höchstens drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen.
Den höchsten Überschuss erzielte die Sozialversicherung mit 8,2 Milliarden Euro. Wegen der guten Lage am Arbeitsmarkt stiegen die Sozialbeiträge, die Ausgaben sanken dagegen. Der Bund verbuchte ein Plus von 7,7 Milliarden Euro, nach zehn Milliarden im Jahr zuvor. Länder (4,7 Milliarden) und Gemeinden (3,1 Milliarden) nahmen ebenfalls mehr ein, als sie ausgaben. Deutlich weniger gibt es in diesem Jahr von der Bundesbank (400 Millionen Euro, siehe Beitrag oben).
Die deutsche Wirtschaft wuchs 2016 kräftig um 1,9 Prozent. Es war das stärkste Plus seit fünf Jahren. Zum Jahresende hatte der Aufschwung nach einer Delle im dritten Vierteljahr wieder an Tempo gewonnen. Das BIP stieg von Oktober bis Dezember gegenüber dem Vorquartal um 0,4 Prozent. Getragen wurde das Wachstum im vierten Quartal von der Konsumfreude der Verbraucher, den Ausgaben des Staates sowie dem Bauboom. Obwohl die Exportwirtschaft ein Rekordjahr hinlegte, bremste der Außenhandel das Wirtschaftswachstum; die Importe stiegen zuletzt stärker als die Ausfuhren.
Die deutsche Wirtschaft hat damit zu Beginn des Jahres Rückenwind. Ökonomen sind zuversicht- lich, sehen allerdings steigende politische Risiken. Vor allem die Politik von US-Präsident Donald Trump sorgt für Unruhe. Handelshemmnisse könnten die exportorientierte deutsche Wirtschaft treffen. Erste Bremsspuren zeigten sich bereits. Die US-Politik und die steigende Inflation dämpften die Verbraucherstimmung in Deutschland leicht, wie aus dem aktuellen GfK-Konsumklima-Index hervorgeht. Falls Trump seine geplanten Handelsbeschränkungen wirklich umsetze, sei Deutschland besonders betroffen, sagte GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl. Vor allem Beschäftigte in exportorientierten Branchen wie Automobil, Maschinenbau und Che- mie sorgten sich um ihre Jobs. In der deutschen Wirtschaft war der Optimismus zuletzt dagegen gewachsen. „Offensichtlich lassen sich die deutschen Unternehmen ihre Laune nicht verderben, solange nicht klar ist, was genau Trump unternehmen wird“, erklärte CommerzbankChefvolkswirt Jörg Krämer.
Impulse dürften 2017 vor allem von der Binnenkonjunktur kommen. Der Boom am Bau dürfte sich fortsetzen und der Privatkonsum dank der niedrigen Arbeitslosigkeit eine wichtige Wachstumsstütze bleiben. Allerdings schränke der Anstieg der Energiepreise die finanziellen Spielräume der Verbraucher ein, heißt es.