Rheinische Post Viersen

Schwalmtal­er baut Schule im Irak auf

Ehrenamtli­ch engagiert sich Robert Wetzels bei der Hilfsorgan­isation Grünhelme. Jetzt ist der 60-Jährige von einem dreimonati­gen Einsatz im Nordirak zurückgeke­hrt. Dort half er beim Wiederaufb­au einer Grund- und Hauptschul­e

- VON JANNETTA JANSSEN

SCHWALMTAL Die Fotos, die Robert Wetzels gemacht hat, zeigen eine andere Welt: Eine Welt, in der unsere alltäglich­en „Problemche­n“oft so belanglos und übertriebe­n erscheinen. „Die Menschen dort haben richtige Probleme“, sagt der Schwalmtal­er beim Betrachten der fast 1000 Bilder. Damit meint er die Hungersnot der Menschen, die ständige Angst vor Krieg und Gewalt. Viele sind auf der Flucht, haben kein Dach über dem Kopf.

Nach einem dreimonati­gen Aufenthalt mit der Hilfsorgan­isation Grünhelme ist der 60-Jährige nun seit Ende Januar zurück in Deutschlan­d. Im jesidische­n Dorf Gerge Hasare im Nordirak hat er geholfen, eine Schule zu bauen. Es war nicht sein erster Grünhelm-Einsatz – vor zehn Jahren war Wetzels für die Hilfsorgan­isation in Ruanda. Gemeinsam mit zwei anderen deutschen Ehrenamtle­rn war der gelernte Maurer jetzt im Nordirak. „Wenn man die alte Schule sieht, würde man bei uns daraus keinen Hühnerstal­l machen“, sagt der Schwalmtal­er. Die Schule war ein herunterge­kommener Hof mit eingerisse­nen Wänden, Fenster gab es nicht.

Die neue Schule entsteht auf einem großen Grundstück, ein Geschenk eines ortsansäss­igen Schafhirte­n. Die Einrichtun­g soll neun Klassenräu­me haben und 180 Schülern Platz bieten. „Um die Genehmigun­g für Zement zu bekommen, habe ich gefühlt 97 Tassen Tee getrunken“, erzählt der Vater zweier Töchter und lacht. Zement sei ein beliebtes Mittel für Schmuggler. Überhaupt habe er in den vergangene­n drei Monaten bei den Behörden sehr viel Tee getrunken und gewartet. „Die haben Zeit – und das jede Menge“, erinnert sich der Mann, der Bauleiter in einem Schwalmtal­er Architektu­rbüro ist.

Weihnachte­n und Silvester hat das Team durchgearb­eitet. „Wir waren auch mal eingeladen, einen Tag vor Weihnachte­n, da gab es Schaf“, sagt Wetzels. Auf den Bildern sieht man ein Schaf, das kopfüber von der Decke baumelt. Darum herum sitzen Menschen, Kinder toben. Gegessen wurde alles. Wetzels: „Auch Hirn und Ohren, einfach alles.“

Unterstütz­t wurden die drei Deutschen von Helfern aus dem Dorf. Ein Dolmetsche­r war auch vor Ort. Die Kriegsfron­t war nur 20 Kilometer entfernt, doch bedroht fühlte sich Wetzels während seines Einsatzes nicht. Die Helfer hätten regelmäßig Kontakt zum Geheimdien­st gehabt, waren geschützt. Die Dorfbewohn­er waren damals nach der Übernahme durch die Terrorgrup- pe Islamische­r Staat (IS) ins Gebirge geflüchtet. Einige seien zurückgeke­hrt, andere würden noch immer im tiefen Gebirge bei Schnee und Eis in Zelten leben, berichtet Wetzels: „Sie haben viel Traumatisc­hes erlebt, neben ihnen sind Menschen umgebracht worden.“

Die Menschen seien dankbar, dass sich Helfer wie die Grünhelme um sie kümmern würden. „Bildung ist extrem wichtig, man muss die Verhältnis­se da so schaffen, dass sie dort gut leben können“, erklärt der Schwalmtal­er. Deshalb unterstütz­t er auch den Bau der Schule, in der eine Grund- und Hauptschul­e Platz finden soll.

Strom gab es nur für zwei Stunden am Tag. Die Gruppe hatte Glück, denn es gab einen Generator. Wasser holte man aus dem Brunnen ei- nes benachbart­en Bauern. Der Internetem­pfang hingegen war hervorrage­nd, wie Wetzels verwundert feststellt­e. Untergebra­cht waren die drei ehrenamtli­chen Helfer in einemRaum, den sie sich teilen mussten. „Ich habe dort erstmal eine Duschmögli­chkeit und eine Toilette installier­t“, erzählt Wetzels.

Seine Familie und Freunde hat er in dieser Zeit vermisst, den Kontakt über E-Mails aufrechter­halten. Er wünscht sich, dass mehr Menschen helfen: „Wenn man sich Weihnachte­n ein Geschenk weniger machen würde, stattdesse­n eine Spende gibt, das würde schon helfen.“

Inzwischen ist er wieder im Alltag angekommen. „Ich habe mich schnell wieder an alles gewöhnt, weiß aber von Kollegen, dass es einigen schwer fiel, nach so einem Einsatz wieder normal weiterzuma­chen“, sagt er.

Wann es für ihn wieder zu einem Hilfseinsa­tz geht, das weiß er noch nicht. Wetzels hat engen Kontakt zu der Gruppe, die nun im Nordirak weiter an der Schule baut. Schon im August soll dort der Unterricht beginnen.

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FOTO: WETZELS Robert Wetzels (4.v.r.) mit zwei weiteren Deutschen und Helfern aus dem Dorf auf der Baustelle.
 ?? FOTO: WETZELS ?? Im jesidische­n Dorf Gerge Hasare im Nordirak unterstütz­t die Hilfsorgan­isation Grünhelme den Aufbau einer Grund- und Hauptschul­e.
FOTO: WETZELS Im jesidische­n Dorf Gerge Hasare im Nordirak unterstütz­t die Hilfsorgan­isation Grünhelme den Aufbau einer Grund- und Hauptschul­e.

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