Mehr Flüchtlinge, weniger Kriminalität
Erstmals sind in der Kriminalitätsstatistik des Landes NRW auch Zuwanderer erfasst worden. Demnach begehen sie häufig Ladendiebstähle und fahren schwarz.
DÜSSELDORF Auf den Straßen in Nordrhein-Westfalen scheint es wieder ein bisschen sicherer geworden zu sein. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls die neue Kriminalitätsstatistik, die NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) gestern vorlegte. Demnach ist die Kriminalität im vergangenen Jahr insgesamt gesunken. „Es wurden 1,47 Millionen Straftaten registriert. Das ist ein Rückgang um 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.“Auch die Aufklärungsquote sei auf 50,7 Prozent gestiegen.
Zum ersten Mal hat die Statistik auch die Kriminalität von Zuwanderern erfasst. Demnach waren im vergangenen Jahr von den landesweit 246.799 Opfern von Gewalttaten 5300 Asylbewerber, was einem Anteil von 2,2 Prozent entspricht. Auffällig dabei sei, sagte Landeskriminaldirektor Dieter Schürmann, dass sich viele Straftaten in diesem Bereich aus dem Binnenverhältnis der Asylbewerber ergeben. „Das heißt, dass Zuwanderer häufig untereinander in Konflikte geraten“, betont Schürmann. Oft passiere dies in den Flüchtlingsheimen.
Das Land NRW hat im Zuge der Flüchtlingsbewegung rund eine halbe Million Menschen aus anderen Staaten aufgenommen; nach Angaben des Innenministeriums bleiben davon rund 300.000 dauerhaft im Land. Aber die Kriminalitätsrate habe nicht im gleichen Maße zugenommen, so Jäger. Von den insgesamt 494.885 von der Polizei ermittelten Tatverdächtigen sind nach Ministeriumsangaben im vergangenen Jahr 47.754 Zuwanderer gewesen – damit ist nur etwa jeder zehnte Zuwanderer tatverdächtig. Insgesamt registrierte die Polizei rund 178.000 nichtdeutsche Tatverdächtige, was rund 36 Prozent aller Tatverdächtigen sind. Unter nichtdeutsche Tatverdächtige fallen vor allem Ausländer, die schon lange in NRW leben oder die gezielt ins Land einreisen, um Straftaten zu begehen.
Die am häufigsten von Flüchtlingen begangenen Straftaten sind der Statistik zufolge Schwarzfahren und Ladendiebstahl. Beim Taschendiebstahl stammen demnach 70 Prozent der Tatverdächtigen aus Rumänien, Bulgarien, Bosnien-Herzegowina, Ralf Jäger Marokko und Algerien. Etwa jeder fünfte in der Statistik geführte Täter ist jünger als 21. „Im Zuge der Flüchtlingsbewegung sind viele allein reisende junge Männer zu uns gekommen“, betonte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). Dennoch sei die Jugendkriminalität auf einem historisch niedrigen Stand, so der Minister.
Sorgen bereitet den Sicherheitsbehörden die hohe Anzahl an schweren Sexualdelikten wie Vergewaltigungen, die um rund 25 Prozent angestiegen ist. Das sei nicht nur auf die Vorkommnisse in der Kölner Silvesternacht zurückzuführen. „Damit allein lässt sich der Anstieg nicht erklären“, betonte Schürmann. Denn die zum Jahreswechsel 2015/2016 begangenen Straftaten machten nur einen Anteil von 12,3 Prozent an der Gesamtzahl der Vergewaltigungen und schweren Fällen von sexueller Nötigung aus. Die Taten in der Kölner Silvesternacht waren vor allem von jungen Männern aus Nordafrika begangen worden. Schürmann schließt nicht aus, dass die Ereignisse dieser Nacht dazu geführt haben können, dass sich das Anzeigeverhalten in der Bevölkerung verändert habe, was ein Grund für die gestiegene Zahl sein könnte. Aber nicht nur die Zahl der schweren, sondern aller Sexualstraftaten stieg um 5,4 Prozent auf 10.376 Delikte.
Einen deutlichen Rückgang gab es bei den Wohnungseinbrüchen, die um 15,7 Prozent zurückgingen – von 62.362 auf 52.678 Fälle. Jäger führte das unter anderem auf eine erhöhte Wachsamkeit der Nachbarn und einen besseren Einbruchsschutz zurück. „Und die ersten Zahlen für das laufende Jahr zeigen, dass diese Entwicklung sich fortsetzt“, sagte der Innenminister. Verantwortlich für einen Großteil der Einbrüche seien nach wie vor Banden aus Südosteuropa, die professionell vorgingen und gut miteinander vernetzt seien.
Hingegen ist die Gefahr, von Räubern in den eigenen vier Wänden überfallen, misshandelt und ausgeraubt zu werden, laut Kriminalitätsstatistik deutlich größer geworden. 817 solcher Überfälle wurde im vergangenen Jahr landesweit gezählt – der zweithöchste Stand in den vergangenen 20 Jahren und im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 9,7 Prozent.
Aber es gibt auch leichte Kritik an der Erhebung der Statistik. Der Bochumer Kriminologe Thomas Feltes kritisierte etwa, dass nur Taten enthalten seien, die auch angezeigt wurden. Die Dunkelziffer fehle. Innenminister Ralf Jäger stellte klar: „Es ist keine Verurteilungsstatistik, sondern eine Ermittlungsstatistik.“
„Es wurden 1,47 Millionen Straftaten registriert. Das ist ein Rückgang um 3,2 Prozent“ NRW-Innenminister