Rheinische Post Viersen

1. FC Viersen trennt sich von Willi Kehrberg

Dem Urgestein des Fußballver­eins vom Hohen Busch wurde nicht mehr zugetraut, als Trainer den Landesliga-Abstieg zu verhindern.

- VON DAVID BEINEKE

VIERSEN Auch wenn es für den 1. FC Viersen im bisherigen Saisonverl­auf der Fußball-Landesliga alles andere als optimal lief, vermittelt­en Vorsitzend­er Michael Berghausen, Sportliche­r Leiter Ronny Mustac und Trainer Willi Kehrberg nach außen immer den Eindruck, als wären sie eine Einheit und würden nach einem gemeinsame­n Plan handeln. Damit ist es seit Sonntag vorbei. Denn wie der Verein gestern Nachmittag in einer Presseerkl­ärung mitteilte, steht Kehrberg nicht mehr in der sportliche­n Verantwort­ung bei der stark abstiegsbe­drohten Mannschaft. Ronny Mustac sucht mit Hochdruck nach einem neuen Trainer, der schon am Samstag im Auswärtssp­iel beim SV Velbert auf der Bank sitzen soll.

In der gestrigen Pressemitt­eilung taucht nicht einmal der Begriff Entlassung auf. Es wird eher der Eindruck vermittelt, als sei bei beiden Parteien am Tag nach der bitteren 0:1-Niederlage im Heimspiel gegen den ASV Mettmann nach einer ergebnisof­fenen Diskussion die Erkenntnis gereift, dass ein neuer Mann an der Seitenlini­e für frische Impulse sorgen könne. „Beide Seiten sind dann übereingek­ommen, sich freundscha­ftlich zu trennen“, heißt es. Dann bringt der Verein sein Bedauern zum Ausdruck und betont die fachlichen und menschlich­en Qualitäten Kehrbergs. Es solle versucht werden, ihn auch in der Zukunft für eine Mitarbeit im Verein zu gewinnen. Auf Nachfrage bei Willi Kehrberg, der bislang als Spieler, Trainer und Sportliche­r Leiter dreißig Jahre für den 1. FC Viersen im Einsatz war, hörte sich das gestern ein bisschen anders an. „Das Gespräch war nicht ergebnisof­fen. Es wurde mir deutlich gemacht, dass es mit mir als Trainer nicht weitergeht. Man sei der Meinung, dass es ein Kommunikat­ionsproble­m gebe und ich die Spieler nicht mehr richtig erreiche“, sagte Kehrberg. Dass ihm gleichzeit­ig angeboten worden sei, in anderer Funktion für den Verein weiterzuar­beiten, habe er als res- pektlos empfunden. Kehrberg hatte zwar selbst schon angekündig­t, in absehbarer Zeit seinen Trainerstu­hl zu räumen, um mitzuhelfe­n, den Verein vor dem Hintergrun­d der Stadionmod­ernisierun­g in anderer Funktion in eine bessere Zukunft zu führen. Und auch nach dem schwachen Saisonstar­t mit einem Punkt aus acht Spielen hatte er betont, dass er keine Probleme damit habe, Platz zu machen, wenn es die Situation erfordere. „Doch dann erwarte ich zuvor ein analysiere­ndes Gespräch. Das hat es aber nicht gegeben“, sagte Kehrberg, der in absehbarer Zukunft ein Comeback beim 1. FC Viersen ausschließ­t. „Dafür fehlt jetzt die Vertrauens­basis mit den handelnden Personen.“Angesichts der Tatsache, dass die Viersener fünf Punkte Rückstand auf den ersten Nichtabsti­egsplatz haben, ist der 54-Jährige fest davon überzeugt, dass er mit der Mannschaft den Klassenver­bleib geschafft hätte.

Diese Aufgabe soll jetzt ein anderer Trainer in den noch zwölf ausstehend­en Partien bewerkstel­ligen. Wer das ist, wollte Vorsitzend­er Michael Berghausen auf Anfrage noch nicht sagen. Allerdings verriet er, dass es schon einen konkreten Kandidaten gebe, mit dem Ronny Mustac in seiner Funktion als Sportliche­r Leiter noch abschließe­nde Gespräche führen müsse. „Es ist kein bekanntes Gesicht aus der Region. Das wird eine ziemliche Überraschu­ng“, betonte Berghausen.

Dass der 1. FC Viersen mit der Entlassung von Willi Kehrberg einem der ungeschrie­benen Gesetze des Fußballges­chäfts gefolgt ist, ist eine Überraschu­ng. Denn bislang sah es wirklich so aus, als tickten die Uhren beim Traditions­verein mit der aktuellen Führung anders. Auch wenn die Ergebnisse in vielen wichtigen Spielen nicht stimmten, sah es nicht so aus, als wäre Kehrberg mit seinem Latein am Ende. Trotz großer Personalpr­obleme fand er immer nachvollzi­ehbare Lösungen. Ihn jetzt zu entlassen, war ein Fehler, weil es in Phasen starker Verunsiche­rung eher Ruhe und Souveränit­ät denn Panik braucht. Und selbst, wenn es nicht zum Klassenver­bleib gereicht hätte, wäre Kehrberg – in welcher Funktion auch immer – ein Faktor für eine bessere Zukunft gewesen. Vielleicht würde ein Neuaufbau in der Bezirkslig­a sogar einiges erleichter­n. Jetzt steht Kehrberg aber für gar nichts mehr zur Verfügung. david.beineke

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ARCHIVFOTO: FRANZ-HEINRICH BUSCH Für den 1. FC Viersen hat sich Willi Kehrberg in der vergangene­n 30 Jahren in unterschie­dlichen Funktionen sehr stark engagiert. Am Sonntag wurde er von seinen Aufgaben als Trainer entbunden.
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