Trauer um Ex-Ruhrgas-Chef Liesen
20 Jahre führte der Kölner den Gasriesen und löste die erste große VW-Krise.
ESSEN (anh) Er war einer der mächtigsten Männer der deutschen Wirtschaft: 20 Jahre lang führte Klaus Liesen die Ruhrgas AG, Europas größten Gashändler. Fast ebenso lang saß er im Aufsichtsrat von Volkswagen und kontrollierte nebenbei Preussag, Veba/Eon, Allianz und Deutsche Bank. Gestern ist Liesen im Alter von 85 Jahren gestorben, wie der Versorger Uniper mitteilte, in dem Ruhrgas nach einem Umweg über Eon aufgegangen ist.
Der gebürtige Kölner hatte nach dem Jura-Studium, Stationen beim Nahrungsmittelriesen Unilever und dem Wirtschaftsministerium eine klassische Karriere in der RuhrWirtschaft begonnen: als Vorstandsassistent der Ruhrgas. 1976 übernahm er das Steuer über ein Geschäft, das wirtschaftlich so lohnend wie politisch heikel war. Die Abhängigkeit vom russischen Erdgas war in Zeiten des Kalten Krieges ein Problem. 1996 wechselte er nahtlos von der Spitze des Vorstands an die des Aufsichtsrates, was heute undenkbar, damals aber üblich war. Hier fädelte er die umstrittene Übernahme durch Eon ein, die letztlich das Ende von Ruhrgas bedeutete. Auch später knirschte es bisweilen im Verhältnis zu Eon.
Als Strippenzieher war Liesen auch bei VW aktiv: Von 1987 bis 2002 führte er den Aufsichtsrat in Wolfsburg. Hier schaffte er es, die bedrohlich werdende Affäre um den von General Motors abgeworbenen Chefeinkäufer José Lopez zu beenden, der als „Würger von Wolfsburg“die Belegschaft aufgebracht hatte und von GM wegen Geheimnisverrats verklagt worden war. Liesen wurde Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats von VW wie von Ruhrgas.
Zugleich saß der Wahl-Essener im Stifterverband, der Max-Planck-Gesellschaft sowie diversen Stiftungen und erhielt viele politische Ehrungen. Liesen mischte auch im Alter noch gerne mit. Nun starb er im Kreise seiner Familie.