Rheinische Post Viersen

Diese Frau holt die Kunst auf den Boden

Im Kulturkabi­nett der Villa V stellte die Berliner Malerin und Fotografin Eva Koethen ihre Arbeit vor. Im Mai eröffnet sie eine Ausstellun­g

- VON SIGRID BLOMEN-RADERMACHE­R

VIERSEN Im Mai eröffnet die in Berlin lebende Künstlerin und Kunstwisse­nschaftler­in Eva Koethen in der Viersener Villa V an der Burgstraße eine Ausstellun­g. Der etwas rätselhaft­e Titel lautet: „Wie weit reicht das Gesicht?“Einen Vorgeschma­ck auf Koethens Arbeitswei­se, auf ihre künstleris­chen Ideen und die Materialie­n konnten Besucher jetzt erleben. Im Rahmen des Kunstkabin­etts in der Villa V zeigte Koethen zwei Kurzfilme über ihre Kunst und stellte sich den Fragen der zahlreiche­n Besucher.

Eva Koethen ist Malerin, Fotografin, erstellt ortsbezoge­ne Arbeiten und arbeitet außerdem als Professori­n für Gestaltung­spraxis und Kunstwisse­nschaft an der LeibnizUni­versität Hannover. Viele würden sich fragen, sagte Koethen, wo denn der Schwerpunk­t, wo der rote Faden zu finden sei. „Alles hat miteinande­r zu tun, doch die Fundstücke sind das verbindend­e Element.“

Wenn man nach dem jüngsten Kulturkabi­nett-Abend einen weiteren roten Faden benennen wollte, so könnte man sagen: Eva Koethen holt die Kunst auf den Boden. Als Fotografin arbeitet sie mit „einer kleinen Kamera“und dem, „was ihr vor die Linse geht“. Der Zufall, das kleine, scheinbar unerheblic­he Fundstück – das ist es, was ihr „entgegenko­mmt“und sie ergreift. Das mag ein Mund, ein toter Igel, eine Christusst­atue, die Elemente einer Baustelle oder auch mal eine barocke Skulptur sein. Dinge, die scheinbar nichts miteinande­r zu tun haben, setzt Koethen nebeneinan­der. Nicht, um Effekte zu erzielen, sondern, weil sie es genauso erfahren hat. „Abgrund und Schönheit“stehen auf diese Weise eng nebeneinan­der.

Die Farbigkeit der einzelnen Fotografie­n spielt ebenso wie das Motiv eine große Rolle. Schließlic­h ist Koethen Malerin. Sie fertigt Abzüge von den Fotografie­n an und legt sie in den Bodeninsta­llationen milli- metergenau nebeneinan­der. Die Besucher können diese Bodenbilde­r betreten, werden auf diese Weise Teil der Installati­on, wechseln die Perspektiv­e. Es sei, so Koethen, kaum noch unterschei­dbar, wo das eine Bild beginne und das andere ende. Koethen berichtete von überrasche­nden Reaktionen der Besucher, die beim Betreten der Baustellen­bilder das Gefühl gehabt hätten, in tiefe Löcher zu fallen oder aber das Empfinden, sich nicht mehr bewegen und entfernen zu können.

So wie der Betrachter sich über die Bodenbilde­r bewegt, muss er sich auch bewegen, will er die Beziehunge­n der Elemente von Koethens „Aufklappbi­ldern“erfassen. Eine Leinwand liegt am Boden, eine andere steht an der Wand. Zwischen beiden befindet sich ein gefundenes Objekt: eine Eisenkonst­ruktion mit einem Stein, Teil eines Baumes. Die Kombinatio­n zwischen der Fläche der Leinwand und dem dreidimens­ionalen Objekt sorgt für Spannung. Die Realität des Objekts bricht Koethen dadurch, dass sie „Kästchen“malt, deren Farbigkeit mit den Fundstücke­n korrespond­iert.

Über ihre Pläne für die Ausstellun­g in der Villa V im Mai verriet Eva Koethen wenig – umso gespannter darf man sein, wie sie die besondere Architektu­r der Villa in ihre ungewöhnli­che Kunst einbezieht.

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