Rheinische Post Viersen

Eine Mühle bewahrt die Erinnerung­en

In der Brachter Mühle und Nebengebäu­den sammelt der Trägervere­in all die Dinge, die man in der Landwirtsc­haft noch bis in die 1960er-Jahre brauchte. Bevor große Trecker und Erntemasch­inen aufkamen, erledigte man vieles von Hand

- VON BIRGITTA RONGE

BRÜGGEN Wer heute von vergangene­n Zeiten träumt, vom idyllische­n Leben auf dem Land, der wird an diese Zeit vermutlich keine Erinnerung haben. Denn früher war keineswegs alles besser, betont Wilfried Gerhards. Das Landleben war für die Menschen mit harter körperlich­er Arbeit verbunden. Davon zeugen all die Gerätschaf­ten, die der Trägervere­in Brachter Mühle in der Mühle und den Nebengebäu­den sammelt. Wilfried Gerhards, stellvertr­etender Geschäftsf­ührer des Vereins und versiert im Umgang mit Werkzeug, kümmert sich um die Geräte, treibt ihnen den Holzwurm aus und setzt sie instand.

Als man die Feldarbeit noch von Hand erledigte, waren die Äcker kleiner als heute. „Die Höfe hier in der Umgebung hatten eine Durchschni­ttsgröße von maximal vier Morgen, also 10.000 Quadratmet­er“, erklärt Gerhards. „Das ist das, was man von Hand bestellen kann.“Was der Bauer brauchte, um seine Felder zu bestellen, ist in der Mühle zu sehen: Eggen gibt es da, die ein Mensch ziehen kann – die alten Modelle haben ein Holzrad, die neueren schon ein Rad aus Eisen. Ausgestell­t sind Karren, auf denen Rüben oder Kartoffeln transporti­ert wurden, und ein Leiterwage­n, auf den man mit der Gabel schwungvol­l das Heu warf. Vor den Wagen wurden Pferd oder Ochse gespannt – ihre Zuggeschir­re hängen sorgsam aufgereiht an einer Wand. Darunter ist auch ein besonders kleines Geschirr für eine Ziege, die man vor einen kleinen Karren spannte.

Dreschfleg­el gibt es in leichter und schwerer Ausfertigu­ng, frühe Kartoffels­ortierer und Rübenschni­tzler, Werkzeug für die Holzbearbe­itung wie Hobel, Hammer und Säge, und einen Ofen für die KükenAufzu­cht. Ebenfalls zu sehen sind zwei Strohschne­ider – einer aus dem 18. Jahrhunder­t, einer aus den 1960er-Jahren. Daneben steht eine Wannmühle, in der das Getreide von Verunreini­gungen befreit wurde: Man gibt das Getreide hinein und dreht eine Kurbel, die in der Mühle ein Rad mit Flügeln in Gang setzt. Durch den so erzeugten Luftstrom trennt sich die Spreu vom Weizen – leichte Teile fliegen eben weiter als schwere.

Ein großer Kochkessel, gestiftet von einer Familie aus Boerholz, diente zum Kochen des Viehfutter­s. Er wurde auch zur Herstellun­g von Panhas („Tüüt“) benutzt. Auf dem Hof stellte man auch Butter selbst her. Ein altes Butterfass ist ebenso zu sehen wie eine Miele Buttermasc­hine, die als „die beste“aller But- termaschin­en angepriese­n wurde. Sie stammt aus dem Jahr 1898, eine Brachter Familie gab das Stück an das Museum. Viele Gerätschaf­ten waren bis vor wenigen Jahrzehnte­n noch in Gebrauch. Auch die Karren wurden nach dem Zweiten Weltkrieg noch verwendet, „man musste ja nehmen, was man hatte“, sagt Gerhards.

Die Firma Schouren, heute noch in Bracht mit einem Renault-Autohaus vertreten, ist seit über 100 Jahren in Bracht ansässig. Der Tischlerme­ister Wilhelm Schouren führte im 19. Jahrhunder­t eine Werkstatt für Landmaschi­nen an der Altkevelae­rstraße. Ein Teil der frühen Maschinen, die in der Mühle zu sehen sind, wurden bei Schouren gefertigt. Entspreche­nd ist auch die erste Werkstatt Schourens in der Mühle nachgestel­lt – inklusive Bandsäge und Schraubenb­ox. Daneben stehen Obstpresse und Honigschle­uder, eine Kastrierma­schine für Ferkel und ein „Geburtshel­fer“für Kühe: Um dem Kälbchen auf die Welt zu helfen, wurde eine Schlinge an den Kälberfuß gebunden, sobald dieser ans Licht kam. Dann drehte man eine Kurbel, um das Kälbchen aus dem Leib der Mutter zu ziehen. Info Am Samstag, 22. April, räumen Freiwillig­e ab 11 Uhr die Mühle an der Brüggener Straße 13 und das Außengelän­de auf, Helfer sind willkommen. Geöffnet ist an Mühlentage­n, der nächste Mühlentag ist am Sonntag, 7. Mai, ab 12 Uhr. www.brachter-muehle.de. men und Adresse an 1111 (ohne Vorwahl, 50 Cent/SMS)! Teilnahme erst ab 18 möglich; ausgeschlo­ssen sind Mitarbeite­r des Verlags oder verbundene­r Unternehme­n. Das Los entscheide­t, und die Gewinner werden kurzfristi­g benachrich­tigt. Eine Barauszahl­ung des Gewinns kann nicht erfolgen. Im Übrigen finden Sie unsere Teilnahmeb­edingungen auch unter www.rp-online.de/teilnahmeb­edingungen. Teilnahmes­chluss: 21.4.2017, 24 Uhr!

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RP-FOTOS (4): FRANZ-HEINRICH BUSCH Der Trägervere­in Brachter Mühle öffnet das historisch­e Gebäude regelmäßig für Besucher. Auch können Brautpaare in der Mühle heiraten – das Gebäude dient als Außenstell­e des Brüggener Standesamt­s.
 ??  ?? Kälberhuf an die Schlinge binden, kurbeln – so kommt das Tier auf die Welt.
Kälberhuf an die Schlinge binden, kurbeln – so kommt das Tier auf die Welt.
 ??  ?? In der Scheune neben der Mühle stehen Wagen und Karren.
In der Scheune neben der Mühle stehen Wagen und Karren.
 ??  ?? Wilfried Gerhards zeigt Zuggeschir­re für Ochsen, Pferde und Ziegen.
Wilfried Gerhards zeigt Zuggeschir­re für Ochsen, Pferde und Ziegen.
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FOTO: LANDGUT RAMSHOF Neben Feldern liegt das Hotel Landgut Ramshof.

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