Rheinische Post Viersen

Nach Gefangensc­haft Herzog von Geldern

1492 trat Karl von Egmond die Regierung auch über Viersen und Tönisberg, Lobberich und Grefrath an

- VON PROF. DR. LEO PETERS

KREIS VIERSEN In Lobberich erinnert zwar noch eine Straße an ihn, aber viele werden bei dem Namen Egmond eher an den gleichnami­gen Titelhelde­n von Goethes berühmtem Trauerspie­l denken als an Karl von Egmond Herzog von Geldern, an den hier erinnert werden soll. Karl von Egmond wurde 1525 nach langen Auseinande­rsetzungen Herzog von Geldern und damit bezogen auf den heutigen Kreis Viersen Gebieter in Hinsbeck und Leuth, Lobberich und Grefrath, Viersen und Tönisberg.

Dieses jahrzehnte­lange Ringen war so komplex, dass es hier nicht einmal in Umrissen nachgezeic­hnet werden kann. Es war Bestandtei­l der Machtpolit­ik der Großen des ausgehende­n Mittelalte­rs, nämlich Burgund, Habsburg und Frankreich. Geboren wurden Karl und seine Zwillingss­chwester Philippa 1467 als Kinder des Adolf von Egmond und der Katharina von Bourbon. Das Haus Egmond hatte das Herzogtum Geldern 1423 erworben. Karls Großvater Arnold ging aus Gründen der Machtsiche­rung ein Bündnis mit dem mächtigen Burgund ein, doch dessen Sohn Adolf, Karls Vater, stellte sich gegen Arnold. Zu den folgenden Auseinande­rsetzungen gehörten die Gefangenna­hme Adolfs durch Karl den Kühnen von Burgund und 1471 die Verpfändun­g Gelderns an Burgund.

In der prägnanten Darstellun­g der weiteren Entwicklun­g im LVR- Geschichts­portal ist nachzulese­n: „In diese Wirren wurden Karl und Philippa von Egmond in Arnheim geboren. Die beiden Kinder, deren Vater in Gefangensc­haft saß und deren Mutter früh verstorben war, wurden an den Hof der Tochter Karls des Kühnen, Maria (14571482), und ihres Mannes Erzherzog Maximilian (1459-1519), dem späteren Kaiser, nach Gent gebracht und dort erzogen. Freilich standen sie unter Hausarrest und waren dazu bestimmt, Teil der habsburgis­chen Bündnispol­itik zu werden.“

Dazu gehörte, dass der junge Karl von Egmond an einem Feldzug Maximilian­s gegen Frankreich teilnehmen musste. Der endete für ihn mit der Gefangenna­hme, aus der er 1492 mit einer Lösegeldza­hlung der geldrische­n Stände befreit wurde, worauf er endlich seine Regierung antreten konnte. Auch die genannten Orte des heutigen Kreises Viersen werden zu der Lösegeldza­hlung beigetrage­n haben.

Doch an eine friedliche Entwicklun­g des von der Zuiderzee bis südlich von Roermond reichenden Herzogtum Geldern und der mit ihm vereinigte­n Grafschaft Zutphen war überhaupt nicht zu denken. In wechselnde­n Bündnissen und in zahlreiche­n Einzelkrie­gen musste er während seiner gesamten Regierungs­zeit insbesonde­re gegen Maximilian I. und Philipp den Schönen um den Erhalt seiner Macht kämpfen. So sehr dieses Hin-und-HerGerisse­n-Sein zwischen HabsburgBu­rgund und Frankreich auch demonstrie­rte, dass das Herzogtum Geldern mehr war als eine politische Randregion, seinem Land konnte das nicht gut tun. Ein unablässig­er Wechsel des Kriegsglüc­ks kennzeichn­ete eine ganze Epoche.

Auch die genannten Dörfer dieses Kreises waren immer wieder betroffen. Die Burg Krickenbec­k beispielsw­eise wurde im August 1514 von den burgundisc­hen Truppen erobert. Für den Herbst 1528 vermelden die Quellen die Heimsuchun­g des Amtes Krickenbec­k durch feindliche Truppen. Hinzu kamen Kon- flikte Karls von Egmond mit seinen Landstände­n, die des dauernden Kriegführe­ns überdrüssi­g wurden. Der Kriegsmut des Herzogs und sei- nes Landes fand am Ende wertlose Bewunderun­g, wie sie ein holländisc­hes Sprichwort der Zeit zu erkennen gibt: „Hoeg von moed, Klein van goed, Een zwaard in de hant, Is´t wapen van Gelderland“. Zu allem kam, dass Egmonds 1518 mit der braunschwe­ig-lüneburgis­chen Herzogtoch­ter Elisabeth geschlosse­ne Ehe kinderlos blieb. 1538 starb er und fand in der Arnheimer Eusebius-Kirche seine letzte Ruhestätte. So sollte Karl von Egmond denn der letzte eigenständ­ige Herzog von Geldern sein, der über das alte niederrhei­nisch-maasländis­che Herzogtum herrschte, bevor dieses in der burgundisc­h-niederländ­ischen Ländermass­e der Habsburger aufging und künftig teilweise das Schicksal der Niederland­e teilte. Denn im Kampf um Egmonds Erbe setzte sich am Ende Kaiser Karl V. in einem kurzen, sehr heftigen Krieg gegen Herzog Wilhelm von KleveJülic­h-Berg, der von den Ständen zum Nachfolger Egmond bestimmt war, durch und errang 1543 im Frieden von Venlo die Macht über Geldern. Wäre es nach Egmonds eigenem Willen gegangen, wäre Geldern an König Franz I. von Frankreich gefallen.

Übrigens handelt es sich bei Goethes Helden um Lamoral Graf von Egmond, der 1568 zusammen mit dem Grafen von Horn auf dem Großen Marktplatz von Brüssel als Anführer des Aufstandes gegen die spanische Herrschaft enthauptet wurde. Er gehörte der Linie der von Egmond und Ijselstein an.

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KARTE VERÖFFENTL­ICHT MIT FREUNDLICH­ER GENEHMIGUN­G VON PROF. DR. IRMGARD HANTSCHE, UNIVERSITÄ­T DUISBURG-ESSEN
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FOTO: KN Karl von Egmond, Herzog von Geldern.

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