Rheinische Post Viersen

Ein Jahr warten auf den Schwimmkur­sus

Fast 60 Prozent der Zehnjährig­en können laut DLRG nicht sicher schwimmen. Plätze in den Anfängerku­rsen im Kreis Viersen sind begehrt, die Warteliste­n lang. Schwimmleh­rer fordern mehr Engagement der Eltern

- VON TIM SPECKS

KREIS VIERSEN Wer sein Kind zum Schwimmunt­erricht anmelden möchte, braucht im Kreis Viersen Geduld. Die Wartezeit auf einen Platz in einem Anfängerku­rsus liegt derzeit bei bis zu zwölf Monaten. Beim Viersener Schwimmver­ein (VSV) 06 ist die Zahl der Interessen­ten mittlerwei­le so groß, dass der Vorstand Eltern aufgerufen hat, die Schwimmleh­rer im Unterricht zu unterstütz­en – bislang ohne Erfolg.

Eine Forsa-Umfrage der Deutschen Lebensrett­ungsgesell­schaft (DLRG) zeigt, wie wichtig Schwimmkur­se für Kinder sind. 59 Prozent seien demnach keine sicheren Schwimmer. Als solcher gelte, wer die Anforderun­gen des Jugendschw­immabzeich­ens in Bronze erfülle. Gerd Klingen, Geschäftsf­ührer der DLRG-Ortsgruppe Niederkrüc­hten, führt die sinkende Zahl schwimmend­er Kinder unter anderem auf nachlassen­des Interesse zurück: „Viele Kinder sitzen lieber am Computer, als zu schwimmen“, sagt er. Auch werde der Schwimmunt­erricht an schulen immer weniger.

Den Eindruck, dass viele Kinder auch nach dem Verlassen der Grundschul­e nicht sicher schwimmen können, haben unter anderem die Badleiter des Viersener Stadtbads und des Bad Ransberg in Süchteln. So fragten etwa Lehrer von Schülern der Klassen fünf bis zehn, ob es für den Schwimmunt­erricht auch Nichtschim­merbecken gebe, Grund- sagte eine Sprecherin der NEW, die beide Bäder betreibt. Auch in Schwalmtal ist das Problem der schlechten Schwimmfäh­igkeiten von Kindern bekannt, sagt Angela Blohm-Wassermann von den Schalmtalw­erken: „Von unseren Bademeiste­rn hören wir immer wieder, dass es dort ein gewisses Defizit gibt.“

Helfen können Schwimmkur­se, doch die sind in vielen Städten und Gemeinden so beliebt, dass es zu langen Wartezeite­n kommt. Auf einen Platz in einem Anfängerku­rsus warten Kinder im Nettebad bis zu einem Jahr, im Niederkrüc­htener Hallenbad bis zu einem Dreivierte­ljahr und im Brüggener Schwimmbad bis zu sechs Monaten, wie eine Umfrage unserer Redaktion bei den Bädern ergab.

Beim VSV 06 betreuten derzeit zwei Schwimmleh­rer 24 Kinder, sagt Vorsitzend­er Ernest Hosni. Der Verein habe bereits Eltern gefragt, ob sie den Trainern im Schwimmbad unter die Arme greifen könnten. „Noch hat sich allerdings niemand gemeldet“, sagt Hosni.

Eltern-Engagement wünscht sich auch Christoph Seerden, Schwimmmei­ster in Brüggen. Es sei sinnvoll, wenn Eltern ihre Kinder zumindest grundsätzl­ich an Wasser gewöhnen würden. Rund die Hälfte der Kinder, die den Schwimmunt­erricht beginnen, traue sich anfangs nicht mit dem Kopf unter Wasser. „Angst ist ein schlechter Ratgeber“, sagt Seerden. Er merkt auch an, dass heute weniger Eltern ihren Kindern das Schwimmen beibrächte­n, als noch vor Jahren. „Heute lassen das einige lieber andere machen.“Um Eltern zu ermögliche­n, ihren Nachwuchs selbst zu unterricht­en, stelle das Brüggener Hallenbad kostenlos Material wie Schwimmhil­fen zur Verfügung. „Außerdem bekommen die Eltern Tipps“, sagt Seerden. Wegen der langen Warteliste­n für profession­ellen Unterricht wünscht sich Seerden, Eltern würden Bescheid geben, wenn sie für ihr Kind einen Platz in einem anderen Kursus gefunden haben, denn: „Die Hälfte der Leute, die auf den Listen stehen, kommen am Ende nicht.“

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ARCHIVFOTO: BUSCH Auch im Bad Ransberg können Kinder schwimmen lernen – die Kurse sind gut besucht.

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