Froome bleibt der König der Tour
Der britische Radprofi gewinnt zum vierten Mal die prestigeträchtige Frankreich-Rundfahrt.
PARIS (sid) Chris Froome genoss sein Glück mit Sohnemann Kellan im Arm, der geknickte André Greipel suchte erst mal Trost bei seiner Frau und den beiden Töchterchen: Mit dem vierten Triumph des britischen Dominators und einem bitteren zweiten Platz für Sprinter Greipel auf den Champs-Elysees hat die 104. Frankreich-Rundfahrt in Paris ihren Schlussakkord erlebt – drei Wochen nach dem rauschenden Auftakt in Deutschland. „Das ist gigantisch, einfach unglaublich. Auf Lars Greipel diesen Moment habe ich mich drei Wochen lang gefreut“, sagte Froome und lachte vor Hunderttausenden Fans gegen das Pariser Schmuddelwetter an.
Bei nur 54 Sekunden Vorsprung nach 3450 Kilometern auf Rigoberto Uran (Kolumbien) war es der am härtesten erkämpfte Sieg. „Dieser Erfolg ist einzigartig. Aber das war irgendwie jeder meiner Tour-Siege“, sagte der 32-Jährige, der bereits 2013, 2015 und 2016 die FrankreichRundfahrt gewonnen hatte.
Greipel war nach dem unglücklichen Ende einer frustrierenden Tour de France völlig bedient. „Super, Platz zwei, na toll“, sagte Greipel sarkastisch, nachdem er den „wichtigsten Sprint des Jahres“knapp gegen den niederländischen Sieger Dylan Groenewegen verloren hatte. Der fünfmalige Tagesgewinner Marcel Kittel, der nach seinem sturzbedingten Ausstieg als Edelfan zum Finale gereist war, blieb somit einziger deutscher Tagesgewinner.
„Natürlich bin ich nicht zufrieden, ich wollte hier gewinnen“, sagte Greipel (34), „aber wir müssen nun nach vorne schauen.“Nach ein paar kurzen Sätzen mit seiner Familie verkroch sich der Rostocker im Teambus, konnte mit einigem Abstand aber wieder lächelnd: „Es war ein guter Sprint. Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man. Ist halt Radsport.“Die deutschen Sprinter verpassten in der Hauptstadt den fünften Erfolg in Serie. 2013 und 2014 hatte Kittel gewonnen, Greipel war 2015 und 2016 zum Sieg gesprintet. John Degenkolb kam auf der letzten Etappe an der Seite von Tony Martin als einer der letzten ins Ziel gerollt – beide gehörten mit Greipel zu den Enttäuschten der 104. Frankreich-Rundfahrt.
Von Froome war derweil sichtlich der große Druck abgefallen, den er sich vor allem selbst gemacht hatte. Auf der „Tour d’Honneur“von Montgeron, wo 1903 die erste Tour gestartet war, nach Paris scherzte er mit seinen Kollegen um Christian Knees, der zum zweiten Mal nach 2012 (Bradley Wiggins) einem SkyKapitän zum Tour-Erfolg verhalf.
In der Schlussphase der letzten Etappe, als auf den Champs-Elysées ein höllisches Tempo gefahren wurde, war Froome dann aber der ge- wohnt tadellose Profi. Mit seinem Team führte er auf der letzten Runde gar das Feld an, wollte bloß keinen Sturz im Getümmel riskieren.
Einen Tag zuvor hatte Froome für klare Verhältnisse gesorgt und beim Zeitfahren in Marseille im Stile eines Champions die letzte große Herausforderung gemeistert. Als Dritter beim Sieg des Polen Maciej Bodnar baute er seinen Vorsprung im Gesamtklassement deutlich aus. Uran rückte durch eine starke Vorstellung im Kampf gegen die Uhr auf Platz zwei vor, Froomes vermeintlich härtester Rivale Romain Bardet
„Natürlich bin ich nicht zufrieden. Ich wollte hier gewinnen.“ nach Platz zwei im Finale „Chris ist einfach ein netter Mensch, der versucht, jedem gerecht zu werden“
Christian Knees
Froomes Teamkollege bei Sky
brach ein und verteidigte noch so gerade den Platz auf dem Podium - mit einer Sekunde auf Sky-Edelhelfer Mikel Landa. Tony Martin ging in Marseille wie beim Auftaktzeitfahren in Düsseldorf leer aus. Der 32Jährige belegte mit 14 Sekunden Rückstand Nur den vierten Platz.
Froome dagegen strahlte. Er lächelte höflich, doch an den Aufstieg in den elitären Kreis der FünffachSieger bei der Tour wollte er lieber nicht denken. „Mit diesen Legenden nur in einem Atemzug genannt zu werden, ist schon eine große, große Ehre“, sagte Froome. Keine Kampfansage für die nächste Jahre, es ist einfach nicht seine Art. Dennoch: Erreicht er noch einmal Paris im Gelben Trikot, schließt er auf zu Eddy Merckx, Jacques Anquetil, Bernard Hinault und Miguel Indurain. „Davon hätte ich nie zu träumen gewagt“, sagte Froome. „Chris ist einfach ein netter Mensch, der versucht, jedem gerecht zu werden. Er ist ein großer Champion“, beschreibt ihn Knees. Er hatte für Froome drei Wochen Schwerstarbeit an der Spitze des Pelotons geleistet. „Chris hat sich jeden Tag bedankt beim Team. Das meint er ehrlich, und er weiß, dass die Mannschaft diesmal besonders viel wert war“, sagte der Bonner.