Was von Pokémon Go bleibt
Das Smartphone-Spiel löste im Sommer 2016 einen Hype aus. Der ist vorbei, nun suchen die Entwickler neue Einnahmequellen.
DÜSSELDORF Sommer 2016: Campingstühle füllen die Gehwege an der Düsseldorfer Königsallee, Menschen belagern den Fernsehturm. Es sind aber keine Touristen, die Fotos von Sehenswürdigkeiten machen, sondern vor allem junge Leute, die auf ihren Smartphones Pokémon Go spielen. Eine der KöBrücken wurde für den Verkehr gesperrt – Pokémon-Fänger hatten sie besetzt. Auch im New Yorker Central Park, auf dem Marsfeld in Paris und in anderen Ländern waren Jung und Alt im Pokémon-Fieber. Hunderte Millionen der Pokémon genannten kleinen Monster wurden per Fingerbewegung über das Display eingefangen.
Laut dem Statistik-Portal „Apptopia“waren 58 Prozent der Nutzer männlich. Ein Drittel der Spieler war unter 18 Jahren alt, 38 Prozent zwischen 19 und 34 Jahren.
Mittlerweile ist der Hype verflogen und die Kö-Brücke wieder frei. In den ersten zwei Monaten nach der Veröffentlichung im Juli 2016 wurde Pokémon Go weltweit 500 Millionen Mal heruntergeladen. Dann ließ der Hype nach: Von September bis Februar 2017 gab es noch 150 Millionen Downloads.
Und heute? Schätzungen zufolge gibt es täglich immer noch fünf Millionen aktive Spieler, 65 Millionen öffnen die App mindestens einmal im Monat. Bei den Downloads belegt Pokémon Go im deutschen App Store von Apple nur Platz 45, beim Umsatz jedoch den ersten Platz. Analysten schätzen den bisherigen Erlös auf deutlich mehr als eine Milliarde Dollar. Außerdem profitiert die amerikanische Entwicklerfirma Niantic Labs von verkauften Zusatzartikeln wie zusätzlichem Speicherplatz oder Brutmaschinen für Pokémon-Eier. Sehr aktive Nutzer geben hierfür teilweise 50 Euro pro Monat aus, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.
Das sind allerdings nicht die einzigen Einnahmequellen für Niantic: Inzwischen gibt es zahlreiche Kooperationen mit Marken, darunter die Kaffeehauskette Starbucks, die sogenannte Pokéstops gesponsert haben, an denen Spieler virtuelle Güter erhalten. So habe Pokémon Go bereits rund 500 Millionen Menschen zu den Partnerunternehmen gelockt. Für jeden Besuch zahlen die Firmen 15 bis 20 Cent, sagte ein Niantic-Manager. Demnach ergibt sich ein Zusatzgeschäft zwischen 75 und 250 Millionen Dollar. Von diesen Einnahmen müssen nur Lizenzabgaben an Nintendo und die Pokémon Company abgegeben werden.
Mit Pokémon Go schuf das Entwicklerstudio das erste erfolgreiche Spiel mit „Augmented Reality“: Diese „erweiterte Realität“besteht darin, dass Pokémons auf dem Bildschirm in die reale Umgebung projiziert werden. Nähert sich der Spieler einem Ort, scheinen die Monster vor ihm aufzutauchen. Grundlage für diese Technik sind die Smartphone-Kamera und die GPS-Ortungsfunktion.
Die App-Entwickler von Niantic Labs profitierten von der Popularität des Videospiels, das die Basis von Pokémon Go ist: 1996 brachte der Videospielehersteller Nintendo die ersten Editionen des von der Softwarefirma Game Freak entwickelten Spiels auf den Markt. Mittlerweile sind aus anfänglich 151 Pokémon-Monstern 802 geworden.
Der wirtschaftliche Erfolg brachte Niantic Spielraum für Projekte und Investitionen. „Wir müssen jetzt nicht unbedingt etwas machen, was sich sofort rechnen muss“, sagt Niantic-Chef John Hanke. Der 49-Jäh- rige war Mitgründer der Firma Keyhole, deren Technologie die Basis für Google Earth lieferte. Unter dem Dach des Konzerns gründete er die Spielefirma und entwickelte das ortsbasierte Spiel „Ingress“, dessen Daten für Pokémon Go wiederverwendet werden konnten.
Die rückläufigen Download-Zahlen von Pokémon Go sind für den Amerikaner jedoch kein Problem. Er plant, weitere Spiele mit dieser Technologie auf den Markt zu bringen. Außerdem sei für Niantic die Zahl aktiver Nutzer wichtiger als Downloads. „Fast alle, die die App haben wollten, haben sie in den ersten drei Monaten heruntergeladen“, sagt der Niantic-Chef. Im Fokus stehe daher, die Nutzer im Spiel zu halten. Aus dem Grund wurde die App im Februar um die zweite Pokémon-Generationen erweitert, und es gab Regeländerungen. Zudem läuft ein Bonus-Event, bei dem noch bis Freitag seltene Monster gefangen werden können.
„Für mich zählt das soziale, gemeinschaftliche Spielerlebnis“, sagt John Hanke. „Menschen versammeln sich zum Beispiel in Parks. Dadurch werden Städte lebendiger, und die Spieler bewegen sich mehr im Freien. Pokémon Go soll auch in zehn Jahren noch da sein.“
„Pokémon Go soll auch in zehn Jahren noch da sein“
John Hanke
Niantic-Gründer