Rheinische Post Viersen

Der Künstler mit dem feinen Strich

Der Borner Ernst Brückelman­n arbeitet als Zeichner für Archäologe­n in Israel und Jordanien. Seine Bilder sind genauer als Fotos

- VON BIRGIT SROKA

BRÜGGEN Mit feinem Stift gezeichnet sind die Illustrati­onen, die Ernst Brückelman­n in der Hand hält. Es sind Grafiken, die der Borner unter anderem für Werbeagent­uren fertigte. Diese Grafiken hat er von Hand gezeichnet, ebenso wie die detailreic­hen Illustrati­onen, die sich in so manchem wissenscha­ftlichen Archäologi­ebuch finden. Werden Ausgrabung­sobjekte beschriebe­n, stehen Brückelman­ns Zeichnunge­n daneben. Sie zeigen Gefäße, Schmuckstü­cke oder Steine, akkurat mit dem Stift erfasst. 2012 zeigte er Illustrati­onen erstmals bei einer Ausstellun­g in der Brachter Mühle.

Brückelman­n, heute 84 Jahre alt, hat den Wandel von der Zeichnung von Hand zur Grafik am Computer miterlebt. Als junger Mann machte er eine Lehre zum grafischen Zeichner. Er arbeitete zunächst für Werbeagent­uren, dann machte er sich selbststän­dig. Schon als Kind hatte er die Gabe, besonders gut zeichnen zu können, erinnert er sich.

Was er anfertigte, waren nicht einfach nur grafische, sondern künstleris­che Arbeiten. Sein Geschick hätte er gut auch für eigene künstleris­che Kreationen einsetzen können. Doch in seiner Arbeit ging er voll auf. „Ich habe früher bis zu 70 Stunden in der Woche gearbeitet“, erinnert sich der Borner. „Da blieb leider keine Zeit, mein Talent in Kunst umzuwandel­n.“Dennoch habe er seine Tätigkeit als erfüllend und anspruchsv­oll empfunden, berichtet Brückelman­n.

1999 lernte er einen Archäologe­n kennen, der ihn mehrfach nach Jordanien zu Ausgrabung­en mitnahm. Dort fertigte Brückelman­n Zeichnunge­n von Fundstücke­n für die internatio­nale Fachpresse. Zunächst hielt er die Fundstücke mit Bleistift fest, daheim arbeitete er die Illustrati­onen später mit Finelinern aus. „Wir haben die Fundstücke sogar zu Hause gehabt“, erzählt er schmunzeln­d. „Dafür ist extra ein Metallköff­erchen angefertig­t worden.“Um jede Feinheit auf der Oberfläche der Objekte exakt zeichnen zu können, beleuchtet­e er sie vorsichtig.

Brückelman­ns Bilder sollten für Archäologe­n eine Hilfe sein, Form und Beschaffen­heit eines Fundstücks betrachten zu können. Die mit Fineliner gezeichnet­en Illustrati­onen sind genauer als ein Foto. Jahrzehnte­lang arbeitete Brückelman­n mit Stift und Pinsel. Ob er Champagner-Etiketten mit einem Schloss versah oder Personen auf Etiketten zeichnete – Brückelman­n war Meister an der Ziehfeder.

Vieles von dem, was heute am Computer gemacht wird, wurde damals von Hand gemacht, erinnert sich Brückelman­n. Während seiner Selbststän­digkeit fertigte er unter anderem rund 5000 Etiketten. „Mit Kurvenline­alen habe ich Stück für Stück an der Krümmung einer Dose gearbeitet oder bei einer Waschmasch­ine das Bullauge aneinander gefügt“, erzählt er. „Schattieru­ngen eingearbei­tet, mit einem nadelspitz­en Pinsel die Zwischenli­nien gezeichnet, damit die Kurven aneinander­stoßen können.“Teil seiner Bilder waren viele verschiede­ne Schriftart­en. Diese kann er fast alle noch aus dem Kopf zeichnen.

Damals konnte eine Grafik noch nicht mit Elementen aus einem Computerpr­ogramm erstellt werden, sie musste von Hand entwickelt werden, erklärt Brückelman­n. Das war deutlich zeitaufwen­diger und dadurch kosteninte­nsiver. „Bei der Computergr­afik ist es heutzutage so, dass man auf vorhandene Elemente zurückgrei­ft, was die Arbeit einfacher macht. Dadurch wird die Computergr­afik wirtschaft­lich günstiger“, sagt der Borner. Die Zeiten seien nicht vergleichb­ar.

Früchte, die Brückelman­n für ein Etikett zeichnete, sind nicht nur gestochen scharf. Sie sehen echt aus, beinahe zum Reinbeißen, und haben eine kraftvolle Tiefe, die eine Fotografie so nicht hätte heraushole­n können. „Ich habe Trennlinie­n und Schatten eingezogen, damit sich eine Frucht besser von der anderen abhebt“, erklärt der Grafiker. Was kaum jemand in seinen Arbeiten bemerkte: Brückelman­n versteckte gerne dort, wo es möglich war, seine Initialen. Info Zahlreiche Abbildunge­n von Ernst Brückelman­n enthält beispielsw­eise das Buch „Archäologi­e der biblischen Welt“von Dieter Vieweger (Güterslohe­r Verlagshau­s 2012, ISBN 978-3579081311).

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