München lässt Bayer im Regen stehen
Zum Bundesligaauftakt verliert Leverkusen bei den Bayern 1:3. Ein Unwetter verzögert den Beginn der zweiten Hälfte.
MÜNCHEN Vor der Reise nach Bayern ging es für Heiko Herrlich vor allem darum, seinem Team Mut zu machen. Man fahre nicht nach München, um nur dabei zu sein, betonte der Trainer der Werkself. An die eigenen Stärken glauben, couragiert auftreten und den Rekordmeister ärgern –– das war vor dem Anpfiff der in über 200 Länder übertragenen Partie seine Devise. Das gelang nicht. Bereits nach knapp 20 Minuten stand es 2:0 für die Gastgeber, und die 300. Partie der Münchner in der Allianz-Arena war im Grunde entschieden.
In den vergangenen vier Jahren sah es nie gut aus für die Eröffnungsspielgegner. 16:2 Tore und vier Siege standen vor dem Auftakt zwischen Bayern und Bayer in der Bilanz der Mannschaft von Trainer Carlo Ancelotti, die sich in dieser Spielzeit anschickt, die fünfte Meisterschaft in Folge zu feiern. Nach dem 3:1 (2:0) sind es also 19:3 Tore und ein weiterer Sieg.
Der Rekordmeister musste auf Manuel Neuer verzichten, der nach seiner Operation am Fuß noch nicht vollständig genesen ist – und auf den Langzeitverletzten Jérôme Boateng. Herrlich wagte mit seiner Aufstellung viel. Er ließ den frisch erblondeten Dauerläufer Kevin Kampl überraschend auf der Bank und setzte auf den flinken Jamaikaner Leon Bailey im Angriff neben Kevin Volland, anstatt nur mit einer Spitze zu beginnen. Kapitän Lars Bender reiste nicht mit (Belastungssteuerung), Youngster Kai Havertz fiel ebenfalls aus (Knieprellung). Nationalspieler Julian Brandt blieb vorerst draußen. Hingegen in der Startelf: die beiden Zugänge Sven Bender und Dominik Kohr. Ansonsten schien der 45-Jährige bei der Wahl seiner Elf auf sein eigenes Credo zu hören: mutig sein.
Die Anfangsphase nahm dennoch einen vorhersagbaren Verlauf: Bayern hatte gefühlt 80 Prozent Ballbesitz, war immer latent gefährlich und kam durch den französischen Zugang Corentin Tolisso zur ersten guten Chance aus etwa 16 Metern, die Leno entschärfte (5.). Leverkusen versuchte, mit Robustheit dagegen zu halten. Nur vier Minuten später war es dennoch soweit: Einen Freistoß von der linken Seite trat Sebastian Rudy genau auf den Kopf von Niklas Süle, der von Sven Bender nicht gestört wurde und ins lange Eck vollendete. Das erste Tor der neuen Saison war also eine Koproduktion zweiter Neuzugänge des FCB. Bayer verpasste die direkte Antwort bei einer Doppelchance. Erst war es Admir Mehmedi, dann Karim Bellarabi, die den Ausgleich auf dem Fuß hatten (11.). Doch Neuer-Ersatz Sven Ulreich war auf dem Posten.
Der zweite Treffer der Partie fiel wenig später ebenfalls nach einer Standardsituation: Die Ecke von Joshua Kimmich faustete Leno vergleichsweise unsouverän mit einer Hand vor Vidals Füße, der geistesgegenwertig Tolissos Kopf bedient – 2:0 (19.). Dem 3:0 durch den Franzosen stand indes nur der linke Pfosten im Weg (23.). Leno verhinderte per Fußabwehr Schlimmeres gegen den heranstürmenden Müller (27.).
Es wurde dann ein sprichwörtlich stürmischer Abend. Mitte der ersten Halbzeit öffnete der Himmel nach einem schwülheißen Tag seine Schleusen – und zwar ausgiebig, inklusive Blitz und Donner. Bellarabi, bis dahin einer der besten im BayerTrikot, versuchte es vergeblich aus 20 Metern (37.). Danach nahm der Starkregen den Spielfluss bis zur Halbzeit raus. Die Südkurve wusste das immerhin für eine kollektive Oben-Ohne-Dusche zu nutzen. Erst um 21.54 Uhr pfiff Tobias Stieler die Thomas Partie mit einer Viertelstunde Verspätung wieder an. Dann folgte ein historischer Moment für die Bundesliga: der erste den Spielverlauf ändernde Einsatz des Videobeweises. Robert Lewandowski ging im Strafraum zu Boden, der Schiedsrichter forderte die technische Hilfe ein. Die belegte ein regelwidriges Eingreifen von Charles Aránguiz, der den Polen an der Schulter zu Boden zog. Der Gefoulte verwandelte selbst humorlos ins rechte Eck (52.). Mehmedi gelang mit einem wuchtigen Schuss noch der Ehrentreffer für nie aufsteckende Gäste.