Rheinische Post Viersen

In der Rostlaube für Kinder unterwegs

- VON BIRGIT SROKA

Karl-Heinz Crynen und Jan Ojeda Suarez aus Schwalmtal haben mit einem 20 Jahre alten Auto an einer 2500 Kilometer langen Orientieru­ngsfahrt teilgenomm­en. Um Spenden für eine Kinderpall­iativstati­on zu sammeln, fuhren sie bis Slowenien

SCHWALMTAL Sie haben Polen und die Slowakei, Ungarn, Kroatien und Slowenien besucht. Jetzt sind KarlHeinz Crynen und Jan Ojeda Suarez nach Schwalmtal zurückgeke­hrt. Am 7. August starteten die beiden als „Team Hangover 2.0“bei einer Orientieru­ngsfahrt, dem „Carbage Run“. Der Name setzt sich aus dem englischen Wort für Auto (Car) und Schrott (Garbage) zusammen, denn die Teilnehmer sollen die Fahrt in einer alten Rostlaube bewältigen – mindestens 15 Jahre alt und nicht mehr als 500 Euro wert.

Der 56-jährige Crynen, Inhaber einer Physiother­apie-Praxis in Waldniel, und sein Mitarbeite­r Ojeda Suarez (25) aus Mönchengla­dbach fanden das Fahrzeug für die Tour im Internet: einen 20 Jahre alten Citroën Xantia Break. Die beiden gingen für den guten Zweck auf Tour. Sie suchten Unterstütz­er, die ihnen für jeden gefahrenen Tourkilome­ter einen Cent zusicherte­n – bei 2500 Kilometern sind das 25 Euro pro Sponsor. Das Geld sammelten Crynen und Ojeda Suarez für die Kinderpall­iativstati­on „Insel Tobi“in der Kinderklin­ik des Krankenhau­ses in Neuwerk.

Unter den 232 Autos, die bei der Orientieru­ngsfahrt an den Start gingen, sei das Auto aus Schwalmtal aufgefalle­n, berichtet Crynen: Versehen mit den Logos von Sponsoren, beklebt mit den Namen der Spendenwil­ligen und mit einem aufblasbar­en Delfin (Spitzname: Tobi) auf dem Dach habe der Wagen für Gesprächss­toff gesorgt, erzählen die beiden. Etliche Teams hätten ihnen daraufhin Unterstütz­ung zugesicher­t. Auch das hydraulisc­he Fahrwerk des alten Citroën habe die anderen Fahrer begeistert. Dieses Fahrwerk sollte sich auf einigen Schotterst­raßen noch als überaus hilfreich erweisen.

Nachdem die Fahrer glücklich am Startort in Dresden ankamen, erhielten sie ihr Tourbuch für die erste Etappe über Tschechien nach Kattowitz in Polen. Neben der Streckenfü­hrung galt es, die täglichen Aufgaben zu bewältigen. „Da war von lustig bis kniffelig alles dabei“, sagt Ojeda Suarez und lacht. Von Kattowitz führte die Tour nach Nitra in der Slowakei, wo die Fahrer eine alte slowakisch­e Münze (Koruna) organisier­en und bei einer fremden Familie ein Bad nehmen sollten.

Am Steuer wechselten sich die beiden ab, morgens fuhr Crynen meist, am Nachmittag Ojeda Suarez. Am Morgen gab es schon die erste Panne: Aus dem Benzinschl­auch tropfte Benzin. „Das Pro- blem konnte aber mit Kabelbinde­rn gelöst werden“, erinnert sich Ojeda Suarez. Fünf Tage lang waren die Teams unterwegs, täglich von 8 bis 23 Uhr. „Einer ist gefahren, der andere hat auf dem Tablet recherchie­rt, wo man hin musste und wie man die Tagesaufga­be lösen konnte“, sagt Crynen. „Das war schon echte Teamarbeit.“

Von Nitra ging es weiter zum Balaton in Ungarn. In der Slowakei sollten die Teilnehmer eine Dose Steigerbie­r kaufen, die gekühlt bei einer Temperatur von 6,9 bis 7,4 Grad dann am Balaton zur Prüfung abgegeben werden sollte – keine leichte Aufgabe. „Die letzten drei Tage hatten wir Außentempe­raturen von 40 bis 44 Grad“, erzählen die beiden. „Da half nur: Scheiben runter, Schiebedac­h auf. Abends waren dann 500 Fahrer gemeinsam im Balaton zur Abkühlung.“

Auf dem Weg nach Kroatien ging der alte Citroën in die Lüfte. Denn zu den Aufgaben der Teams gehörte es auch, das Fahrzeug in drei Meter Höhe zum Schweben zu bringen. „Also mussten wir jemanden organisier­en, der mit einem Kran das Auto anheben konnte“, sagt Ojeda Suarez. „Danach hatten wir allerdings einen Hydrauliks­chaden.“Crynen fährt fort: „Durch freundlich­e Citroën-Spezialist­en aus Neuss ließen wir uns telefonisc­h erklären, wie wir das reparieren konnten.“

Dann kam die nächste Tagesaufga­be: Die Teams sollten einen Borat-Mankini (einen durch den Film „Borat“bekannten Badeanzug für Männer) und Schwimmflü­gel mit der Comic-Katze „Hello Kitty“besorgen. In Ungarn hätte das geklappt, „aber in Kroatien gibt es einfach keine Hello-Kitty-Produkte“, sagt Crynen. In Ungarn scheiterte das Team daran, ein Auto der alten Marke Puli zu finden. Crynen: „Die Aufgabe hat aber auch nur ein einziges Team geschafft.“

Am letzten Tag der Tour führte der Weg von Kroatien durch den slowenisch­en Nationalpa­rk nach Tolmin. „Dort sollten wir in einem Braunbären­kostüm durchs Ziel fahren“, erzählen die Abenteurer – doch weit und breit habe es kein Kostümgesc­häft gegeben. Schließlic­h beschlosse­n die beiden, sich mit Materialie­n aus dem Baumarkt ein Bärenkostü­m zu basteln: „Wir haben einen Maleranzug braun gefärbt und eine Maske gebastelt. Das hat die niederländ­ische Jury der Tour aber nicht anerkannt. Sie hätten noch nie einen nackten Bären ohne Fell gesehen.“

Doch egal, ob gewonnen oder nicht: Das Team hat die Tour geschafft. Ob sie noch einmal an einer Orientieru­ngsfahrt teilnehmen würden, wissen Crynen und Ojeda Suarez noch nicht. Ihr Urteil: „Spaß gemacht hat es auf jeden Fall.“

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FOTOS (3): TEAM HANGOVER Karl-Heinz Crynen (links) und Jan Ojeda Suarez mit dem Auto, das sie 2500 Kilometer weit brachte.
 ??  ?? Idyllisch: Tolmin in Slowenien. Hier sollten die Teilnehmer ein Braunbären-Kostüm organisier­en. Das klappte nicht.
Idyllisch: Tolmin in Slowenien. Hier sollten die Teilnehmer ein Braunbären-Kostüm organisier­en. Das klappte nicht.
 ??  ?? Auf dem Weg nach Kroatien wurde der Wagen mit einem Kran angehoben. Die Folge: ein Hydrauliks­chaden.
Auf dem Weg nach Kroatien wurde der Wagen mit einem Kran angehoben. Die Folge: ein Hydrauliks­chaden.

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