Mönchengladbachs neue Zutaten für 29 Millionen Euro
Matthias Ginter und Denis Zakaria sind die teuren Nachfolger von Andreas Christensen und Mo Dahoud. Der erste Eindruck ist stark.
MÖNCHENGLADBACH In der 92. Minute bückte sich Matthias Ginter zu Jhon Córdoba herunter und bestellte schöne Grüße. Diesmal lag Kölns neuer Stürmer am Boden, doch Ginter hatte ihn vollkommen fair vom Ball getrennt. Gleich in zweifacher Hinsicht andersherum war es nach einer halben Stunde gelaufen. Da krümmte sich Ginter nach Córdobas Bodycheck und benötigte eine Ladung Eisspray auf die Rippen, während die Borussen bei Schiedsrichter Deniz Aytekin nachfragten, warum genau das keine Gelbe Karte gab.
Die hatte ein paar Minuten vorher nämlich Denis Zakaria gesehen. Die Grätsche an der Seitenlinie gegen Leonardo Bittencourt war hart, aber Borussias Neuer spielte mit der Fußspitze den Ball. Nicht auszuschließen, dass Ginter sich bei Zakaria bedanken konnte für ein indirektes Revanchefoul – in so einem Der- by ist es mitunter ein Geben und Nehmen, was die Härte angeht. Aber die beiden Zugänge in Gladbachs Startelf haben ihre Feuertaufe überstanden, jeder auf seine Art. Ginter und sein Nebenmann in der Innenverteidigung, Jannik Vestergaard, zeigten, dass das etwas werden kann mit den beiden. Der eine gewann 71 Prozent seiner Zweikämpfe, der andere 63 – gute Richtwerte für die nächsten 33 Ligaspiele. Ginter brachte 94 Prozent seiner Pässe zum Mann. Vestergaard, der deutlich mehr längere Pässe spielte, 87 Prozent.
Die Zahlen untermauern, dass sich das Duo gut ergänzen dürfte. Eindeutig ist die Chefrolle nicht vergeben, Borussia verteidigt fortan mit einem Führungsduo. Mit 23 und 25 Jahren sind beide noch entwicklungsfähig, aber mit 199 bzw. 201 Profispielen schon äußerst erfahren. Das gemeinsame erste Mal in der Bundesliga sah vielversprechend aus. „Man muss auf die Jungs zugehen, sich schnell integrieren, in schwierigen Situationen vorangehen, das Team mitreißen. Vor allem muss man Leistung zeigen“, sagte Ginter bei seiner Präsentation Anfang Juli. Hat geklappt.
Auch Denis Zakaria gehört zu der Sorte Spieler, die auf dem Platz grimmiger auftreten als daneben. Das bekam nicht nur Kölns Bitten- court zu spüren. Nach dem Abpfiff grinste der Schweizer, als hätte er nicht nur das Derby gewonnen. Und als Ibrahima Traoré ihn mit einem spitzen „Ich habe noch kein Derby verloren“(in Anlehnung an eine Aussage in einem Interview mit unserer Redaktion) veräppelte, lachte Zakaria so herzhaft, dass man die Tonspur zur Synchronisation einer Sitcom verwenden könnte.
Doch der 20-Jährige stellte gegen Köln eine enorme Reife unter Beweis. An die Vergleiche mit Granit Xhaka wird er sich gewöhnen müssen, nicht weil er eine fußballerische Kopie ist, sondern eine biografische: Xhaka war nur zehn Monate jünger, als er 2012 in der Bundesliga debütierte. Die Entschlossenheit hat Zakaria mit dem Sechser gemein, er ist verbal aber nicht so großspurig unterwegs. „Das Niveau ist sehr gut, es gibt viel Konkurrenz – in so einem Team kann man nur besser werden“, sagte er mit Dankbarkeit in der Stimme. Freilich weiß Zakaria, dass er noch viel lernen kann und muss. Der Eindruck der ersten Wochen mit Andreas Christensens Nachfolger Ginter und Mo Dahouds Nachfolger Zakaria legt nahe, dass Borussia an Führungsqualität und Charisma dazugewonnen hat. Die beiden größten Schweiger im Team, zwei der größten Talente Europas, sind weg. Dafür hat sich Borussia die neuen Zutaten im Kader auch 29 Millionen Euro kosten lassen.
Während Dahoud für Borussia Dortmund eine halbe Stunde auf dem Feld stand, könnte Christensen einen für seine Zukunft essenziellen Sonntag erlebt haben: Beim 2:1Derbysieg des FC Chelsea gegen Tottenham Hotspur stand er vor 74.000 Zuschauern im WembleyStadion 90 Minuten auf dem Platz und spielte keinen einzigen Fehlpass – genau wie Zakaria gegen Köln. Bei beiden waren die 100 Prozent ein Alleinstellungsmerkmal in ihrer Liga.