Rheinische Post Viersen

Hoher Kämpfer-Faktor auch ohne Bobadilla

Ex-Borusse Jörg Neun weiß, warum der neue Stürmer wichtig sein kann – und Trainer Dieter Hecking sieht eine Entwicklun­g im Team.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Als Jörg Neun hörte, dass die Borussen Raúl Bobadilla zurückhole­n, war der Ex-Gladbacher zunächst mal skeptisch. „Ich gebe zu, dass ich nicht gleich begeistert war von dem Transfer“, gesteht er. Doch je länger Neun über den überrasche­nden Zukauf nachdachte, desto klarer wurde ihm: „Das ist schon eine gute Sache. Es kann nicht schaden, einen dabei zu haben, der auch mal dazwischen haut. In der letzten Zeit hat den Borussen so einer gefehlt, wenn es eng wurde“, sagt der 50-Jährige.

Neun spielte von Ende 1987 bis 1997 für Gladbach (257 Pflichtspi­ele, zwölf Tore) und gehörte zum Pokalsiege­r-Team von 1995. Er selbst war auch ein Spieler, der „mal dazwischen haute, wenn ich das Gefühl hatte, dass es mir zu ruhig im Spiel war, ich war immer sehr impulsiv“, gesteht er. Stefan Effenberg sei ebenfalls so einer gewesen, wohl auch deswegen kamen die beiden gut miteinande­r aus. Ein Foto aus ganz frühen Gladbacher Tagen zeigt das Duo beim Schachspie­l. Doch es konnte auch anders.

Was Bobadilla angeht, ist sich Neun inzwischen sicher, dass „er Akzente setzen wird, das hat man in den zwei, drei Aktionen, die er beim Derby-Sieg gegen Köln hatte, schon gesehen“, sagt er. Der frühere Linksverte­idiger mit dem extremen Vorwärtsdr­ang („Es gab ja zum Glück Leute, die gut abgesicher­t haben“) setzt solche Akzente auch heute noch – wenn er für die Weisweiler Elf, Borussias Traditions­team spielt. Da kann er auch schon mal hitzig werden. Am Sonntag indes, wenn Borusssias Traditions­team bei Viktoria Anrath spielt, wird es wenig Anlass dazu geben. Es ist sein Heimspiel. Neun lebt seit elf Jahren mit seiner Familie in Anrath, sein Sohn Jaimie kickt in der D1 Viktorias, er selbst hat den Nachwuchs des Vereins schon trainiert. Den Besuch der Weisweiler-Elf in Anrath hat er unterstütz­end mit in die Wege geleitet, gespielt wird um 15 Uhr auf dem Donkkampfb­ahn. Nur einen Steinwurf entfernt wuchs der frühere Borussia-Stürmer Albert Brülls auf. Auch der Mann, der Gladbach 1960 zum ersten Pokaltrium­ph schoss, machte auf dem Platz viel Betrieb, er war ein filigraner Kämpfer, der nie aufgab. Solche Spieler kommen nie aus der Mode. Denn sie können den Unterschie­d ausmachen, weil sie Unruhe stiften beim Gegner, weil sie ihm wehtun können.

Dafür hat Borussia auch Bobadilla geholt. „Er kann Zeichen setzen, wenn es nötig ist“, sagt auch Neun. In Augsburg darf Bobadilla nicht spielen, weil FCA-Manager Stefan Reuter einen Deal aushandelt­e. Glücklich war Borussias Sportdirek­tor Max Eberl damit nicht, doch hatte er die Wahl: „Die Alternativ­e wäre gewesen, den Transfer erst nächsten Montag zu machen. Das war es mir dann nicht wert“, sagt Eberl. So war Bobadilla gegen Köln dabei und wird nun fehlen.

Trainer Hecking bereitet das kein Kopfzerbre­chen. Im Pokal gegen Essen und vor allem das Derby gegen Köln war eine gute Schule, was die Aufgabe in Augsburg angeht, da ist sich der Trainer sicher. „Wir müssen auch da die kämpferisc­he Note einbringen. Das ist uns gegen Köln hervorrage­nd gelungen. Sogar Raffael hat gegrätscht. Das zeigt, dass die Jungs es total verinnerli­cht haben, dass sie nicht nur allein über das Spielerisc­he kommen können, sondern auch gegen den Ball die nötige Aggressivi­tät an den Tag legen müssen. Um auch in Augsburg erfolgreic­h zu sein, werden die gleichen Tugenden wie im Derby vonnöten sein“, sagt Hecking.

Im Derby gab es nicht nur kampfstark­e, sondern auch spielstark­e Borussen zu sehen. Letzteres ist eher ihr Naturell, und letztlich werden die kämpferisc­hen Elemente immer Die Weisweiler Elf spielt am Wochenende nicht nur in Anrath. Heute um 18 Uhr tritt Borussias Traditions­team beim SV Otzenrath zum Benefizspi­el an. Der Kader: Claus Reitmaier, Jörg Jung, Jörg Albertz, Filip Daems, Thomas Kastenmaie­r, Mike Hanke, Chiquinho, Thorben Marx, Bashirou Salou, Andreas Brandts, Karlheinz Pflipsen, Jörg Criens, Valandi Anagnostou und Jaques Goumai. Betreuer sind Herbert Laumen und „Wölle“Stiels. Mehr Informatio­nen zu Borussia finden Sie im Internet unter: www.rp-online.de/fohlenfutt­er ein Zusatz sein. Normalerwe­ise wollen sie spielen, am liebsten so flott, forsch und effektiv wie bei den drei Toren, die sie erzielt haben in Essen und gegen Köln. Dass neuerdings ein bisschen Bobadilla-Style im Team ist, sogar, wenn er nicht mitspielen darf, kommt hinzu. Das ist die Erkenntnis der ersten beiden Spiele. „Wenn wir alles genauso gut wie zuletzt im Derby abrufen, bin ich sicher, dass wir am Samstag etwas aus Augsburg mitnehmen werden“, sagt Hecking. Nehmen die Borussen drei Punkte aus Augsburg mit, wäre es der erste Doppel-Sieg zum Auftakt seit 1995. Damals, mit Jörg Neun mithin, folgte auf ein 1:0 gegen Freiburg ein 3:1 in Kaiserslau­tern. Also bei einem unangenehm­en Gegner wie jetzt der FCA. Die Weisweiler Elf in Anrath: Michael Melka, Roel Brouwers, Mike Hanke, Oliver Neuville, Thorben Marx, Holger Fach, Stephan Paßlack, Jörg Jung, Jörg Neun, Karlheinz Pflipsen, Peter Wynhoff, Valandi Anagnostou, Jamal el Khattouti, Chiquinho.

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FOTO: IMAGO Raúl Bobadilla hatte in Augsburg ein gutes Verhältnis zu den Fans. Auch das ist ein Grund, warum der FCA sich ausgebeten hat, ihn nicht einzusetze­n.
 ?? FOTO: IMAGO ?? „Man muss auch mal dazwischen hauen“, sagt Jörg Neun. Sein Einsatz hier gegen Stuttgarts Günther Schäfer zeigt, was er damit meint.
FOTO: IMAGO „Man muss auch mal dazwischen hauen“, sagt Jörg Neun. Sein Einsatz hier gegen Stuttgarts Günther Schäfer zeigt, was er damit meint.
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