Rheinische Post Viersen

Beim Spielen Mut finden

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Hewar steht mit nackten Füßen auf dem Nagelbrett und grinst. Der Zehnjährig­e kann sich gar nicht entscheide­n, was ihm im Ferienlage­r am besten gefällt: Zirkusnumm­ern wie das Fakir-Brett, Kistenklet­tern, Bogenschie­ßen oder Fußball. „Ich fand alles cool“, sagt der Junge im orangefarb­enen T-Shirt. Mit ihm haben 29 Kinder und Jugendlich­e eine Woche lang in der Jugendherb­erge Hinsbeck gespielt, getobt und neue Freunde gefunden. Ihre Gemeinsamk­eit: Sie alle stammen aus Familien, die aus ihrer Heimat geflohen sind. Yasmin (10) ist wie Hewar mit ihrer Familie aus dem Irak nach Nettetal gekommen. Sie beschreibt, wie sie im Zirkuszelt der Jugendherb­erge oben auf der Plattform stand und von dort über das Seil gelaufen ist: „Ich hatte große Angst“, sagt sie, „Aber ich habe es trotzdem geschafft.“Die elfjährige Elisa aus Afghanista­n ist stolz, wie schnell sie das Jonglieren gelernt hat. Diese Geschichte­n sind für Ralf Schröder, Mit-Organisato­r und Koordinato­r der Flüchtling­shilfe bei der Kolpingfam­ilie Nettetal, Erfolgsges­chichten. Denn das Ziel der Aktion von der Kolpingfam­ilie Hinsbeck und dem Fördervere­in Flüchtling­shilfe Nettetal war genau das: Die jungen Geflüchtet­en emotional stärken. Das sei nicht immer ganz einfach, sagtCaroli­n Linde, deren Freiwillig­es Soziales Jahr bei er Kolpingfam­ilie bald endet. „Sie haben alles sehr früh verloren und mussten lernen, am Existenzmi­nimum zu leben. Das prägt“, sagt die 19-Jährige. Am Anfang seien viele von ihnen egoistisch und leicht reizbar gewesen. Um die Sieben- bis Zehnjährig­en pädagogisc­h zu betreuen, waren zwei Erlebnispä­dagogen aus Köln dabei. „Mit Flüchtling­skindern zu arbeiten, ist eine gute Sache“, sagt Dominik Schiffmann (32). Man müsse sie fordern, dürfe sie aber nicht überforder­n. Die Gruppe besuchte außerdem den Aussichtst­urm Hinsbeck und ließ sich durch das Stadion von Borussia Mönchengla­dbach führen. Die meisten Geflüchtet­en sind seit rund einem Jahr in Nettetal, leben in Notunterkü­nften oder Wohnungen. „Wir hatten noch ganz viele Anfragen“sagt Carolin Linde. Sie hält das Angebot für sinnvoll: „Sonst sitzen die Kinder zuhause, weil sie nicht das Geld für das Schwimmbad oder den Zoo haben.“Ralf Schröder würde das Programm gern wiederhole­n. „Es ist nur eine Woche, ich weiß“, sagt er. „Aber dadurch führen wir die Kinder an unsere Kultur heran.“Für eine weitere Aktion braucht er Spenden. Dieses Mal sprang die Caritas-Kinderhilf­e Aachen ein. Emily Senf

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RP-FOTO: EMILY SENF Die Kinder erlebten mit Katharina Linde (2.v.l.), Ralf Schröder (hinten Mi.), Dominik Schiffmann (2.v.r.) und Thomas Domonell eine tolle Woche.

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