Über Elvedi wundert sich heute keiner mehr
Mit 19 Jahren feierte der Schweizer sein Startelf-Debüt gegen den FC Bayern München.
Wenn eine Stunde vor einem Bundesligaspiel die Aufstellung verkündet wird, sind die Spieler zunächst nach Rückennummern geordnet. Sie auf dem Papier in die richtige Reihenfolge zu bringen, von hinten nach vorne, von rechts nach links, ist in der Regel eine leichte Übung. Doch am 5. Dezember 2015 herrschte um 14.30 Uhr große Verwirrung im Borussia-Park. So richtig ging es nicht auf, und das lag am Namen Nico Elvedi.
Der damals 19-Jährige stand erstmals in der Startelf. In den Wochen zuvor war er zwar immer näher herangerückt an die Mannschaft. Dass Trainer André Schubert ihn ausgerechnet gegen den FC Bayern erstmals von Beginn an brachte, kam jedoch einer Sensation gleich. Gepaart mit der zweiten des Nachmittages ging die Rechnung plötzlich auch auf: Schubert schickte Borussia gegen den Rekordmeister in einem 3-5-2-System auf den Rasen, mit Elvedi als rechtem Part der Drei- erkette neben Andreas Christensen und Havard Nordtveit.
In der Vorwoche bei 1899 Hoffenheim war die Variante schon zehn Minuten lang ausprobiert worden, Elvedi brachte den Kollegen bei seiner Einwechslung einen Erklärzettel auf den Rasen, in der 87. Minute gelang Borussia noch das 3:3. Trotzdem schwante den meisten Beobachtern nichts Gutes vor dem Anpfiff gegen die Bayern, die mit einer Rekordserie von 13 Siegen in 14 Saisonspielen angereist waren. 45 Minuten musste Elvedi kämpfen und gefühlt 67 Duelle mit Kingsley Coman überstehen. Als Borussia glücklich mit 0:0 in die Kabine ging, fragte Schubert sein Team, ob es mit der Dreierkette weitermachen wollte. Es wollte – und gewann 3:1.
Elvedi hat den Nachmittag überstanden und kann inzwischen auf 73 Pflichtspiele für Borussia zurückblicken. „Vom ersten Tag an habe ich gedacht: Das ist ein richtig Guter“, sagt Hecking. „Nico ist immer ein bisschen unter dem Radar geflogen. Er war anfangs ja auch verletzt, als ich kam.“Deshalb war zunächst Tony Jantschke hinten rechts gesetzt, seitdem sieht der Trainer einen „tollen Zweikampf unterschiedlichster Prägung“.
Auf einen Treffer und zwei Vorlagen kommt der Schweizer Nationalspieler seit Saisonbeginn. Hecking lässt keine Zweifel daran, dass er mit Elvedis Entwicklung hochzufrieden ist. „Er nimmt aktiver am Spiel teil und lässt sich nicht mehr so leicht verunsichern“, sagt der 53-Jährige. „In der Rückrunde ist er nach Ballverlusten noch etwas zusammengesackt, jetzt ist er sofort wieder bereit, den Fehler auszubügeln, wenn ihm mal einer unterläuft.“Tatsächlich sind es weniger geworden. Früher war immer mal wieder ein Aussetzer der Kategorie „haarsträubend“dabei. Als Jannik Vestergaard zuletzt im DFB-Pokal eine Pause bekam und Matthias Ginter in der Bundesliga als Sechser aushelfen musste, rückte Elvedi in die Innenverteidigung und überzeugte.
Wenn heute um 17.30 Uhr die Aufstellung kommt, dürfte klar sein: die Nummer 30, Nico Elvedi, hinten rechts in einer Viererkette. Und wenn sie in Gladbach noch länger Freude an ihm haben wollen, müsste bald ein anderes Thema auf die Tagesordnung: Ende Juni 2019 läuft sein Vertrag aus. Längst könnte ein Vielfaches der vier Millionen aufgerufen werden, für die Elvedi mit 18 Jahren kam. „Ich denke, dass er noch Luft nach oben hat. Aber er hat auch schon etwas Luft weggenommen“, sagt Hecking.