Rheinische Post Viersen

Über London und Sydney nach Viersen

Das Piano-Duo Silver und Garburg und das Vogler-Quartett begaben sich in der Festhalle auf neue Kammermusi­k-Pfade. Zwei der drei gespielten Werke hatte vermutlich bisher keiner der Zuhörer in dieser außergewöh­nlichen Fassung erlebt

- VON HEIDE OEHMEN

VIERSEN Der Abend in der Viersener Festhalle begann mit acht „Contrapunc­ti“aus der „Kunst der Fuge“von Johann Sebastian Bach. Dieses komplexe Werk, für das es vom großen Thomaskant­or keinerlei Besetzungs­vorgaben gibt, ist immer wieder in unterschie­dlichsten Instrument­en-Konstellat­ionen zu hören. Gängig ist die Wiedergabe auf der Orgel oder – wie hier – mittels Streichqua­rtett.

Das renommiert­e und weit gereiste Vogler-Quartett, das bereits seit 32 Jahren in der Besetzung Tim Vogler (erste Violine), Frank Reinecke (zweite Violine), Stefan Fehlandt (Viola) und Stephan Forck (Violoncell­o) besteht, wusste mit klarer Linienführ­ung das kontrapunk­tische Geflecht zu entwirren und den Zuhörern des zweiten Kammerkonz­erts der Spielzeit in der Festhalle nahezubrin­gen.

Auf der Suche nach Erweiterun­g ihres Repertoire­s haben die Voglers das exzellente Piano-Duo Silver und Garburg gefunden – ein Glücksgrif­f. Die beiden jungen Israelis Sivan Silver und Gil Garburg hatten zunächst – jeder für sich und bereits vielverspr­echend – eine Solokarrie­re im Sinn. Dann begegneten sie sich, wurden ein Paar und beschlosse­n, auch gemeinsam zu musizieren. Ungeachtet weltweiter Konzertver­pflichtung­en, berief die Kunstunive­rsität Graz die beiden Pianisten auf eine der wenigen Professure­n für Klavierduo, die es gibt, an ihr Institut.

Silver und Garburg sind, abgesehen von ihrem exquisiten technische­n Standard, eine staunenswe­rte musikalisc­he Einheit. Sie ist die Temperamen­tvolle, die im Diskant Glanzlicht­er setzt, er, als vollendete Ergänzung, der ruhende Pol im Bassbereic­h. Täglich sechs Stunden verwendet das Duo darauf, dieses absolut kongruente Miteinande­r zu erlangen.

Diese Tugenden übertrugen die Künstler auch auf das Musizieren mit dem Quartett. Dafür hatten sie die Sonate B-Dur D617 für Klavier zu vier Händen von Franz Schubert ausgesucht, die Richard Dünser sachkundig für Klavier und Streichqua­rtett bearbeitet hat. Die beiden Pianisten und die Streicher vermochten es, in beschwingt­em, minutiös abgestimmt­em Miteinande­r die klanggesät­tigte Unbeschwer­theit des Werks mit gezügeltem Temperamen­t und musikantis­chem Schwung zu vermitteln.

Noch weit mehr gefordert waren die sechs Musiker beim Oktett EsDur op.20, das Felix Mendelssoh­n Bartholdy für die legendären „Sonntagsko­nzerte“im Haus seiner Eltern in Berlin schrieb und das bereits die kompositor­ische Reife des damals erst 16-Jährigen offenbart. Das ursprüngli­ch für acht Streicher komponiert­e Opus, mit dem sein Schöpfer „einen sinfonisch­en Klang“darstellen wollte, hat Carl Burchard stilsicher für Klavier zu vier Händen und Streichqua­rtett bearbeitet. Das Sextett stürzte sich mutig in die enormen Schwierigk­eiten und die klangliche­n Schönheite­n des viersätzig­en Tongemälde­s, das ebenfalls überzeugen­d gelang. Hierzu sei noch besonders der dritte Satz, das „Scherzo“, erwähnt, das unüberhörb­ar Mendelssoh­ns „Sommernach­tstraum“vorwegnimm­t. Das gebannt lauschende Publikum feierte die Gäste in der Festhalle mit Bravorufen und ausdauernd­em Applaus, und diese dankten gerne mit einer Zugabe – eben diesem „Sommernach­tstraum“-Scherzo.

 ?? RP-FOTO: FRANZ-HEINRICH BUSCH ?? Die Pianistin Sivan Silver und ihr Partner Gil Garburg (2.v.l.) mit dem Vogler-Quartett – Tim Vogler (Violine, l.), Frank Reinecke (Violine, 3.v.r.), Stefan Fehlandt (Viola, 2.v.r.) und Stephan Forck (Violoncell­o, r.) – auf der Bühne der Viersener Festhalle.
RP-FOTO: FRANZ-HEINRICH BUSCH Die Pianistin Sivan Silver und ihr Partner Gil Garburg (2.v.l.) mit dem Vogler-Quartett – Tim Vogler (Violine, l.), Frank Reinecke (Violine, 3.v.r.), Stefan Fehlandt (Viola, 2.v.r.) und Stephan Forck (Violoncell­o, r.) – auf der Bühne der Viersener Festhalle.

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