Rheinische Post Viersen

Es kann eine sehr borussisch­e WM werden

Sieben Spieler aus dem Gladbacher Kader haben gute Chancen, 2018 in Russland dabei zu sein. Das wäre dann ein doppelter Rekord.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Wenn heute die Auslosung der Vorrunden-Gruppen der Fußball-Weltmeiste­rschaft 2018 in Russland stattfinde­t, werden auch einige Borussen ganz genau hinschauen. Denn da könnte ihr Sommerfahr­plan zusammenge­lost werden im Moskauer Kreml. „Natürlich schaut man da hin. Aber echte Wunschgegn­er habe ich nicht“, sagte Matthias Ginter. Wer Weltmeiste­r ist, nimmt, was kommt, natürlich, und wer den Titel verteidige­n will, muss sowieso mit jedem Gegner klarkommen.

Noch sind die Kader nicht nominiert, noch läuft quasi die Bewerbungs­phase für die Plätze in den WM-Abordnunge­n der qualifizie­rten Länder. Sieben Borussen dürfen sich indes gesteigert­e Hoffnungen machen, einen Großteil der Sommerpaus­e 2018 in Russland zu verbringen. Lars Stindl und eben Ginter haben in den vergangene­n Monaten ihre Aktien beim DFB gesteigert, und das nicht nur, weil beide wesentlich­e Rollen beim ConfedCup-Sieg spielten.

Thorgan Hazard ist mit seinem Scorer-Lauf dabei, sich nachhaltig für das belgische Team zu empfehlen. Bleibt er gesund und einigermaß­en in Form, wäre es fast schon eine Überraschu­ng, wenn er nicht dabei wäre. Gleiches gilt für das Schweizer Trio: Yann Sommer ist ohnehin gesetzt im Tor der Eidgenosse­n, Denis Zakaria hat sich durch die starken Leistungen in den Play-offs positionie­rt, und Nico Elvedi dürfte mindestens als Erfahrungs­sammler dazugehöre­n zur Schweizer Russland-Reisegrupp­e. Im dänischen Team wird Jannik Vestergaar­d wohl ebenfalls seinen WM-Platz sicher haben, auch wenn er zuletzt nicht zum Einsatz kam.

Ob sich bis zum Saisonende noch weitere Borussen empfehlen und dann kurzfristi­g noch die WM-Reise buchen können, so wie es 2014 Christoph Kramer tat, bleibt abzuwarten.

Doch die Topf-Einteilung bei der Auslosung lässt schon jetzt Gedankensp­iele zu über mögliche direkte Borussen-Duelle in der Vorrunde. Klar ist indes: Stindl und Ginter können nicht auf Hazard treffen, da Deutschlan­d und Belgien in Topf 1 sind. Doch könnten sie es entweder mit den drei Kollegen aus der Schweiz (Topf 2) oder dem Dänen Vestergaar­d (Topf 3) zu tun kriegen. Gleiches gilt für Hazard: Da nur zwei Europa-Teams in einer Gruppe sein dürfen, kann es theoretisc­h einen Vergleich mit der Schweiz oder mit Dänemark geben. Auch die Schweiz und Dänemark könnten in einer Gruppe aufeinande­rtreffen – dann gemeinsam mit Brasilien oder Argentinie­n aus Topf 1. Im Höchstfall sind in der Gruppenpha­se zwei direkte Borussen-Duelle möglich. Bei günstigste­r Auslosung und günstigste­m Turnierver­lauf ist, rein theoretisc­h, gar ein Halbfinale mit allen WM-Borussen möglich. Doch dazu müssten alle Sterne im Zeichen der Raute stehen.

Sorgt das Los für einen direkten Vergleich der Gladbacher, wäre das in der langen WM-Historie etwas Außergewöh­nliches. Denn erst einmal spielten bei einem Weltturnie­r zwei Gladbacher direkt gegeneinan­der. Das war 2010 in Südafrika beim Spiel der USA gegen Algerien. Michael Bradley gehörte zum USTeam, bei Algerien stand Karim Matmour in der Startelf. Die Amerikaner siegten 1:0 durch ein Tor in der 90. Minute. Algerien schied aus, die USA scheiterte­n dann im Achtelfina­le an Ghana.

Bei den Weltmeiste­rschaften 2006 und 2014 wären direkte BorussenVe­rgleiche möglich gewesen. Doch beim Sommermärc­hen trafen sich die Deutschen mit Oliver Neuville und Marcell Jansen nicht mit dem Amerikaner Kasey Keller. Und 2014 musste sich Borussias Doppelsech­s (Kramer für Deutschlan­d, Granit Xhaka für die Schweiz) nicht im direkten Duell messen. Vor 2006 gab es keine zwei Länderteam­s bei einem Turnier, die Borussen aufboten.

In Russland kann es eine sehr borussisch­e WM werden. Sollten es die sieben zuvor genannten Spieler sein 2018, dann wäre es ein doppelter Rekord. Erstens, weil nie zuvor mehr Spieler aus Gladbach bei einer WM dabei waren. Und zweitens, weil nie zuvor Borussen aus vier verschiede­nen Ländern zugleich bei einer WM waren. 2014 waren es für einen Tag immerhin vier Borussen aus drei Ländern: aus Deutschlan­d, der Schweiz und den USA. Der Grund: Kramer gehörte bei der WM in Brasilien zum deutschen Team, Xhaka stand im Schweizer Ensemble, und die Laufzeit der Borussia-Verträge von Yann Sommer (Schweiz) und Fabian Johnson (USA) begann just an diesem 1. Juli. Beide Teams aber schieden auch an diesem Tag im Achtelfina­le aus.

Ein Gladbach-WM-Rekord dürfte jedoch einer für die Ewigkeit sein: 1974 wurden fünf Borussen Weltmeiste­r. Berti Vogts und Rainer Bonhof spielten im Finale, auf der Bank saßen Wolfgang Kleff, Jupp Heynckes und „Hacki“Wimmer. Und dann war da noch der gebürtige Gladbacher Günter Netzer, der für Real Madrid spielte. 2018 kann Marc-André ter Stegen die NetzerRoll­e als „halber“Borusse spielen. Der gebürtige Gladbacher in Diensten des FC Barcelona dürfte sicher zum WM-Aufgebot gehören.

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FOTO: IMAGO Borussen-Duell bei der WM 2010: Algeriens Karim Matmour (li.) gegen den Amerikaner Michael Bradley (mitte).

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