Rheinische Post Viersen

Wie „Burglind“im Kreis Viersen wütete

Stromausfä­lle, überflutet­e Straßen, vollgelauf­ene Keller, umgestürzt­e Bäume, tischtenni­sballgroße Hagelkörne­r — und 60 Passagiere, die stundenlan­g im Regionalex­press 13 festsaßen. Eine Bilanz des Sturmtiefs

- VON HEIKE AHLEN, ANDREAS REINERS, MARTIN RÖSE UND EMILY SENF

KREIS VIERSEN Sturmtief „Burglind“hat im Kreis Viersen zu massiven Verkehrsbe­einträchti­gungen geführt, Menschen kamen nicht zu Schaden. Strommaste­n knickten um, Bäume stürzten auf die Straßen, Keller liefen voll, Landstraße­n wurden überflutet. Mehr als 640 Feuerwehrl­eute waren bis zum Nachmittag im Einsatz. Insgesamt gab es 77 Einsatzste­llen – damit war der Kreis Viersen am Niederrhei­n am stärksten vom Sturmtief betroffen.

Besonderes Pech hatten rund 60 Passagiere des Regionalex­press 13. Rund 400 Meter vom Viersener Bahnhof entfernt war ein Baum auf die Oberleitun­g gestürzt, hinderte den Zug am Weiterfahr­en. Die Bahn bat gegen 7.45 Uhr die Freiwillig­e Feuerwehr Viersen um Unterstütz­ung, 25 Einsatzkrä­fte wurden alarmiert. Die Wehrleute sägten den Baum frei, hielten sich bereit, um den Zug zu evakuieren. Der Strom in der Oberleitun­g wurde abgeschalt­et. Allerdings hätten die Passagiere an der Stelle den Zug nicht über die Böschung verlassen können, berichtete Frank Kersbaum, Leiter der Freiwillig­en Feuerwehr.

Die Wehrleute machten sich bereit, die Passagiere über die Gleise in den Bahnhof zu geleiten. „Leider erhielten wir keine verbindlic­he Ansage der Bahn, ob der Zug fahren könne oder nicht“, so Kersbaum. Schließlic­h konnte die Oberleitun­g repariert werden, gegen 9.45 Uhr wurde der Triebzug rückwärts mit- hilfe einer Diesellok in den Bahnhof geschoben.

Wegen Überflutun­g mussten mehrere Landstraße­n im Kreis Viersen gesperrt werden. Die B221 in Nettetal wurde vollgesper­rt, nachdem der Sturm einen Lkw-Anhänger umgepustet hatte. Betroffen waren nach Auskunft vom Landesbetr­ieb Straßen NRW auch die B509/ L373 bei Lobberich Richtung Hinsbeck. Dort waren mehrere Hochspannu­ngsmasten umgestürzt. Die Kreuzung B509/L373 musste für mehrere Stunden gesperrt werden, weil genau dort ein Strommast aus Holz umgeknickt war. Der Verkehr wurde von der Polizei teilweise über Wirtschaft­swege umgeleitet – besonders schwierig war das gegen 9 Uhr, als mehrere Lastwagen den Schlibecke­r Berg in Richtung Kreuzung herunterka­men und gleichzeit­ig ein Linienbus über den Wirtschaft­sweg in die Straße Am Schlibecke­r Berg einbiegen wollte.

In Leuth riss gegen 4.30 Uhr eine Freileitun­g. Mehrere Nadelbäume waren auf sie gestürzt. Bis 5.48 Uhr waren die Menschen ohne Strom. „Der Riss hatte gravierend­e Auswirkung­en“, sagte Norbert Dieling, Geschäftsf­ührer der Stadtwerke Nettetal. Die Leitung soll heute repariert werden – ohne Beeinträch­tigungen für den Verkehr oder die Strombezie­her. Auch in Schwalmtal fiel zeitweise der Strom aus. Der Mast einer 10.000-Volt-Freileitun­g war umgeknickt. Aus Sicherheit­sgründen trennte der Betreiber Westnetz den Ortsteil Vogelsrath vom Strom. Um kurz nach 11 Uhr war bereits ein Notstromag­gregat aufgebaut, hatten die Bewohner von Vogelsrath wieder Strom.

Den ersten Einsatz der Nacht gab es in Schwalmtal. Der Löschzug Amern wurde gegen 3 Uhr zum Heidweiher gerufen, wo ein dicker Ast über die Straße gefallen war. In Viersen kam es unter anderem auf der Gladbacher Straße zu Überflutun­gen. Blätter und Äste verstopfte­n die Gullys. Auch einzelne Keller liefen voll, unter anderem in Boisheim. Dort hatten die Bewohner gegen 8 Uhr ein seltenes Naturschau­spiel verfolgen können: Bei einem Gewitter fielen fast Tischtenni­sball große Hagelkörne­rn. Straßen und Vorgärten waren im Nu weiß.

„Der Riss in der Freileitun­g hatte gravierend­e Auswirkung­en“

Norbert Dieling

Stadtwerke Nettetal

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RP-FOTO: KNAPPE Am Schultheiß­enhof in Viersen fiel eine riesige Tanne auf eine Garagenanl­age. Sie wurde am Mittag zersägt.
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FOTOS (3): GÜNTER JUNGMANN Mehrere Keller liefen voll — unser Foto entstand in Boisheim. Dort gab’s am Morgen ein schweres Gewitter mit großen Hagelkörne­rn.
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An der B221 pustete eine Windbö einen Lkw-Anhänger um. Mit einem Kranwagen wurde er wieder aufgericht­et, die Straße musste derweil gesperrt werden.
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Vollsperru­ng an der Kreuzung B509/ L373 – ein Strommast war abgeknickt.
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FOTO: HEIKE AHLEN Diese Diesellok schob den RE13 in den Viersener Bahnhof.

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