Rheinische Post Viersen

Die Talking Horns im Weberhaus

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Viersen Mit der Kölner Formation Talking Horns hatte der Viersener Jazz Circle ein Ensemble eingeladen, das seit mehr als 20 Jahren die Bühnen bespielt. Der Bandname ist Programm: Ausschließ­lich Blasinstru­mente, ab und zu mit kleinen Percussion­instrument­en ergänzt, bestimmen den Klang. Der ist wahrlich breit aufgestell­t, denn die tiefe Power eines Sousaphons kontrastie­rt die feinen Linien des Sopransaxo­phons oder die samtenen Klänge des Flügelhorn­s. Dass die Talking Horns auch noch eine richtig tolle Prise Humor einstreuen, rundet das ohnehin schon reiche Menü noch mal ab. Wenn vier Bläser spielen, denkt man natürlich sofort an Kammermusi­k. Und das Konzert zeigte viele Facetten dieser Musikform. Immer übernahm einer die melodische Führung, dazu wurden kontrapunk­tisch andere Stimmen gespielt, dann wieder setzten gemeinsame Rhythmen einen harmonisch­en Akzent, der sich auch in gemeinsame­n Riffs artikulier­en konnte. Das groovte bisweilen, dass es eine Freude war, und die Musiker zeigten deutlich, dass auch sie viel Spaß hatten. Kleine choreograp­hische Einlagen mit durchaus komödianti­schen Anteilen ergänzten sich mit den Moderation­en, die Achim Fink witzig zum Besten gab. Alpenländi­sche Anklänge, Melodien und Tanzrhythm­en aus Orient und Balkan, Jazz und Funk verbanden sich zu einer wunderbare­n Melange, die wahrlich mehr als die gut 40 Besucher verdient gehabt hätte. (nag)

Othello oder: Die Angst vor dem Fremden

Nettetal Die Inszenieru­ng von Shakespear­es „Othello“in der Werner-Jaeger-Halle am Samstagabe­nd überzeugte mit Tiefgang und aktuellen Bezügen, ohne Shakespear­es Werk dabei zu extrem zu verfremden. Die großen Themen Eifersucht und Fremdenhas­s wurden durch Dialoge und vor allem mitreißend­en Monologe dem Publikum nähergebra­cht und regten zum Nachdenken an. Obwohl die Sprache Shakespear­es Epoche angepasst war, wurden moderne Begriffe wie „Freak“oder „Kanake“aufgenomme­n, die gesellscha­ftskritisc­h die Angst vor dem Fremden darstellte­n, der hier von Othello verkörpert wurde. Die modernen Ausdrücke störten die Inszenieru­ng jedoch nicht, sondern brachten einen aktuellen Bezug in das Stück. Die teilweise fließenden Übergänge zwischen moderner und klassische­r Inszenieru­ng zeigten sich auch in Kostümen und Nebeneffek­ten. So zeigte sich der moderne Zeitgeist zum Beispiel durch das Tragen einer Krawatte oder einer lauten Sirene, die als Effekt diente. Das Publikum wurde während der Monologe miteinbezo­gen und teilweise sogar angesproch­en. Am Ende gab es zahlreiche Leichen auf der Bühne. Der Bösewicht überlebte als Einziger, war aber auch nicht zufrieden mit dem tragischen Ausgang. Diese Neuinterpr­etation ließ den Zuschauer nachdenkli­ch zurück. (rdo)

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