Vom Pausenhof über die Psychiatrie bis zum Romantikurlaub
Bei der ausverkauften zehnten Nettetaler Comedy-Nacht gaben Bastian Bielendorfer, C. Heiland und Tahnee das Lehrerkind, den Mehrfach-Mörder und die Veganerin
BASTIAN BIELENDORFER NETTETAL Die zehnte Ausgabe der Nettetaler Comedy-Nacht WernerJaeger-Halle bot drei Comedians mit ihren aktuellen Programmen. Bastian Bielendorfer präsentierte einige Szenen aus seinem aktuellen Programm „Das Leben ist kein Pausenhof!“. Er ist begeistert, dass die Besucher des ausverkauften Abends trotz der sommerlichen Temperaturen heute keine „Wurst auf den Webergrill legen, sondern gekommen sind, um sich von mir anspucken zu lassen“. Damit spielt er auf sein „feuchtes“Lispeln an, wofür er sich besonders bei den Brillenträgern in der ersten Reihe entschuldigen wolle: „Hier kann ich ja die Einschläge direkt sehen.“
Deutschlands wohl bekanntestes Lehrerkind erzählt von seiner Schulzeit als „Lehrerkind Stufe 3“: Mutter Grundschullehrerin, Vater Lehrer an einem Gymnasium, und der Onkel Direktor an dieser Schule. „Nach dem Frühstück fuhren meine Eltern morgens zur Arbeit – und ich fuhr mit.“Klar, dass er gelitten habe während der Schulzeit: „Kennt Ihr diese hässlichen Kinder, die auf einem Auge ein Pflaster unter der Brille tragen, die so schielen, dass ihnen die Tränen den Rücken runt- erlaufen?“, fragt Bielendorfer das Publikum. „Das ist das Kind, das mich verprügelt hat.“Er erzählt kurzweilig von seinen misslichen Erfahrungen bei den Bundesjugendspielen als „Teilnehmer-Urkunden-Abonnent“: „Ich habe bestimmt 30 Stück davon zu Hause, alle davon mit 0 Punkten.“Eine davon habe sich sein Vater eingerahmt mit der Bemerkung versehen: „Wenigstens kein Negativwert.“
Der zweite Gast an diesem Abend war C. Heiland, er bot Ausschnitte seines Programms „Der Mann mit dem Schatten”. Der Wahlberliner erklärte zu Beginn, er habe zehn Jahre in der Psychiatrie gearbeitet, sein Motto bei der Medikamentenausgabe sei stets gewesen „Was Du weghast, hast Du weg“. Nach seinem Ausscheiden dort bestreite er hauptsächlich „sowas hier“– also Arbeit auf der Bühne. „Ich hoffe, da besteht keinerlei kausaler Zusammenhang.“
Heiland bestreitet weite Teile seines Programms mit Gesang und begleitet sich dabei auf einem „Omnichord”, einem kleinen Plastikinstrument, das quasi auf Tastendruck alleine spielt. Dieses nach eigenen Aussagen seltene japanische Instrument stammt aus den 1980erJahren: „Es wurde für die musikali- sche Früherziehung von Kindern entwickelt. Nach fünf Jahren wurde die Produktion wieder eingestellt, dafür war es zu schlecht.“Aber einer habe das Instrument retten müssen, und dies sei eben er gewesen.
Seine Songs sind düster bis komisch und zeichnen mal eher das Bild eines Verlierer-Typs, mal das eines boshaften Mitbürgers. Heiland ist mal lustig, mal grotesk, das Programm schwankt zwischen tiefgründigen sowie extrem flachen Witzen. Diese stammen dann immer aus dem Internet, das er auf Empfehlung seines Agenten extra danach durchforsche: „Mach das Internet auch mal an, da findest du sowas.“Bei seinem Lied „Ich bin so entspannt“kommt nach und nach heraus, dass er nicht nur den Nachbarn, der ihm seine Freundin ausgespannte, umgebracht hat, sondern auch seine Katze, die in sein Bett gemacht hat. Auch die Oma muss dran glauben, aus dem einfachen Grund, weil sie kein Bier mehr im Haus hatte. Auch seine Freundin kommt in den Texten vor, er beschreibt ihre Beziehung als eine mit Höhen und Tiefen. In dem Lied „Wie geil Paris damals war“singt er dann eher über die Tiefen, bescheinigt ihr zwar, ein Kleid sicher tragen zu können, fragt aber direkt danach, ob der Zirkus Krone nicht irgendwann sein Zelt zurückhaben wolle. Geschickt vermischen sich die Auftritte der Newcomer miteinander, die von Bastian Bielendorfer bei seinem ersten Auftritt im Publikum ausgemachte Lehrerin („an der Grundschule – ah, eine Allzweckwaffe“) wird auch von C. Heiland nochmals angesprochen: „Guck‘ Dir genau an, was ich hier oben mache – das ist Arbeit.“
Die Comedienne Tahnee ist der dritte Part der Comedy-Nacht und zerlegt alltägliche Situationen bis in die letzten bizarren Details, egal ob Kirmesansager oder Romantikurlaub. Die gebürtige Heinsbergerin glänzt mit verschiedenen Dialekten und diversen Stimmlagen. Treffend beschreibt sie das ihr bestens bekannte Dorfleben, in dem der wichtigste Diskussionsstoff unter den Nachbarn die korrekt rausgestellten Mülltonnen sind. Aus ihrem Leben erzählt sie auch, wenn sie ihr lesbisches Outing erwähnt: „Meine Mutter sagte nur, bei uns läuft auch nix normal.“Dann habe sie ihren Autoschlüssel genommen, um nie mehr wiederzukommen. „Was hätte sie gemacht, wenn ich ihr gebeichtet hätte, dass ich auch noch Veganerin bin – hätte mein Vater dann mitfahren müssen?“