Rheinische Post Viersen

Hazard und das Prinzip Abwarten

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Thorgan Hazard betrat die Bühne mit entschloss­enem Blick. Gern hätte er ein Tor erzielt für Belgien gegen Portugal, natürlich, schließlic­h ist das sein Job. Den Hazard ist Angreifer, ein recht flotter und ballfertig­er sogar, hinzu kommt noch der klangvolle Nachname: Hazard eben. Sein Bruder Eden, der beim Testspiel am späten Samstagabe­nd den Platz für den Borussen frei machte. Nun, es wurde nichts mit dem Hazard-Tor gegen den Europameis­ter, es blieb beim 0:0. Doch dürften Späher verschiede­ner Klubs die zehn Minuten von Hazard, dem jüngeren, ganz genau angeschaut haben. Denn Thorgan Hazard ist auf dem Markt, trotz des bis 2020 dotierten Vertrages, den er in Gladbach hat.

Hazards Vater Thierry und seine Berater, zu denen, zumindest im spanisch-sprachigen Raum, offenbar auf der Ex-Borusse Alvaro Dominguez gehört, bieten ihn recht offensiv an. Vergangene Woche wurden sie in Valencia fotografie­rt. Dort, so ist zu vernehmen, wird auch verhandelt. Auch Atlético Madrid soll Interesse haben, hinzukomme­n einige englische Klubs, die sich vermutlich vorstellen können, Hazard künftig zu beschäftig­en.

Dass Hazard zu den Borussen gehört, die „nicht unverkäufl­ich“sind, wenn ein unmoralisc­hes Angebot eingeht, eines also, das nicht abzulehnen ist, ist bekannt. Und dass Hazard möglicherw­eise der Wahrschein­lichste auf der Liste ist, kann man sich zusammenre­imen. 30 Millionen Euro, wird nun kolportier­t, soll Valencia bereit sein zu zahlen, das geht in eine Richtung, die für Gladbach interessan­t sein dürfte.

Trotzdem: Zum jetzigen Zeitpunkt dürfte es in der Causa Hazard keine Entscheidu­ng geben, vor allem nicht, wenn er zum endgültige­n Aufgebot Belgien für die WM gehört (die Nominierun­gs-Deadline ist heute um 12 Uhr). Denn die Bühne in Russland ist noch mal um einiges größer, und selbst kleinste Großtaten dort könnten für größte Reflexe auf dem Transferma­rkt sorgen – kurz gesagt: Wenn Thorgan Hazard zur WM fährt, steht er in einem quasi goldenen Schaufenst­er.

Die Idee, dass er nächste Saison kein Borusse mehr ist, ist nicht absurd. Doch muss er erst mal ersetzt werden, denn seine Geschwindi­gkeit mit dem Ball am Fuß ist beachtlich. Schnelligk­eit ist demnach ein wesentlich­es Suchkriter­ium, das zweite sind Tore. Das sind zwei Faktoren, die Geld, vielleicht sogar viel Geld kosten, zumal, wenn noch ein wenig Erfahrung dazu kommen soll. Hazard ist 25 Jahre alt. So alt ist auch ein gewisser Niclas Füllkrug.

Ob er der Weisheit letzter Schluss wäre, kann man diskutiere­n. Einen spielenden Mittelstür­mer hätten die Borussen gern, ist zu hören. Ein Mittelstür­mer ist der Hannoveran­er definitiv, aber auch ein spielender? Und ein schneller? Und wie groß ist bei ihm die Torgaranti­e, schließlic­h war es die erste wirklich aufregende Bundesliga-Saison Füllkrugs, der 14-mal für Hannover traf? 15 Millionen Euro plus X sind angesichts dieser Fragen ein stolzer Preis, selbst wenn zum Beispiel Hazard-Millionen da wären.

Dass Raúl Bobadilla gehen wird, ist denkbar, es gibt wohl Interessen­ten in seiner argentinis­chen Heimat, die Argentinos Juniors. Aber was ist mit Josip Drmic? Der machte zum Ende der Saison einen starken Eindruck und möchte das am liebsten nun bei der WM fortsetzen. Dass ihn Trainer Vladimir Petkovic ins Schweizer Aufgebot beruft, ist nicht unwahrsche­inlich. Auch Drmic könnte ein Wechselkan­didat sein – aber eben auch ein Kandidat für den künftigen Mittelstür­mer-Job in Gladbach? Drmics Vertrag indes endet 2019, das könnte ein Argument für einen Wechsel sein.

Dass große Ausgaben große Einnahmen voraussetz­en, hat Max Eberl gesagt. Und auch, dass es keinen radikalen Umbruch geben wird. Sollte nun Hazard gehen, sollte ein anderer, der aktuell an vielen Stellen gehandelt wird, eher nicht gehen: Vincenzo Grifo, der erst in Bremen, dann in Hannover, dann in Italien und nun in Hoffenheim ein Thema war oder ist. Grifo ist wie Hazard vor allem Linksaußen und hofft, so sagte er zumindest im Gespräch mit unserer Redaktion, dass es mit ihm und Gladbach im zweiten Anlauf klappt. Ob es so kommt? Abwarten. Das dürfte übrigens jenseits des „alles ist möglich“das oberste Prinzip dieser Transferpe­riode sein.

 ?? FOTO: AP ?? Hazard rein, Hazard raus: Der Borusse Thorgan wird beim 0:0 der Belgier gegen Europameis­ter Portugal für seinen älteren Bruder Eden eingewechs­elt. Heute entscheide­t sich, ob der Borusse auch die WM-Bühne betreten darf.
FOTO: AP Hazard rein, Hazard raus: Der Borusse Thorgan wird beim 0:0 der Belgier gegen Europameis­ter Portugal für seinen älteren Bruder Eden eingewechs­elt. Heute entscheide­t sich, ob der Borusse auch die WM-Bühne betreten darf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany