Sprachen lernen an der Uni
Auch wenn es zusätzliche Arbeit bedeutet: Eine Fremdsprache während des Studiums zu lernen, lohnt sich. Eine günstigere Gelegenheit gibt es so schnell nämlich nicht.
DÜSSELDORF 2000 Studierende sitzen jedes Semester in den Sprachkursen der Heinrich-Heine-Universität (HHU). Sie frischen ihr Englisch, Spanisch oder Französisch auf, oder lernen eine Sprache ganz neu, zum Beispiel: Kurdisch. Oder Modernhebräisch? Oder doch lieber chinesische Schriftzeichen?
„Aktuell sehr beliebt ist auch deutsche Gebärdensprache“, sagt Claudia Boes, Leiterin des Sprachenzentrums. An der HHU eingeschriebene Studenten können dort insgesamt 24 Sprachen lernen. Seit zwei Semestern im Angebot ist zum Beispiel Koreanisch. „Das boomt“, sagt Boes. Im Oktober richtet das Sprachenzentrum gemeinsam mit der koreanischen Botschaft in Bonn einen „Korean Speaking Contest“aus, einen RedeWettbewerb für Lerner der koreanischen Sprache.
Die Sprachkurse sind aufgebaut nach den sechs Schwierigkeitsstufen des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER), der europaweit die Grundlage bildet für die Entwicklung von Lehrplänen, curricularen Richtlinien, Lehrwerken und Qualifikationsnachweisen. Aber es gibt an der HHU auch Sprachkurse, die an einem Fach ausgerichtet sind: Zum Beispiel Französisch für Mediziner, Business English oder Italienisch für Kunstgeschichte. Jeder Kurs wird mit einer Prüfung abgeschlossen und durch einen Leistungsnachweis nachgewiesen.
Das alles kostet die Studierenden: Nichts. Die Hochschule finanziert die Kurse über Qualitätsverbesserungsmittel des Landes. Und darauf ist man dort mächtig stolz. „So billig wird es für Studierende nie wieder, eine Sprache zu lernen“, sagt Boes: „Die Gelegenheit sollten sie unbedingt ergreifen.“
Interessant für Studierende sind auch die Zertifikationsprüfungen, die an vielen Sprachenzentren angeboten werden. Bei einer Bewerbung im Ausland, für ein Master- oder Postgraduiertenstudium, teilweise aber auch für ein Arbeitsverhältnis, sind oft international anerkannte und standardisierte Zertifikate gefordert. Diese können nur an eigens dafür zugelassenen Einrichtungen, zu bestimmten Terminen und Vorgaben absolviert werden und kosten zum Teil jede Menge Geld: Der „Toefl“-Test für Englisch kostet beispielsweise um die 200 Euro. Manche Universitäten bieten Vorbereitungskurse für diese Prüfungen an. „Und wir bieten das Daad-Zertifikat an“, sagt Boes von der HHU. Das war ursprünglich ein vom Daad (Deutscher Akademischer Austauschdienst) geforderter Nachweis bei Bewerbungen um ein Stipendium. Inzwischen akzeptieren aber einige ausländische Hochschulen den Daad-Nachweis alternativ zu dem sehr viel teureren und kommerzialisierten „Toefl“– und seinen Pendants in anderen Sprachen. Die Daad-Prüfung kostet an der HHU knapp 50 Euro.
Ein umfangreiches, ebenfalls kostenfreies Angebot hat das Sprachenzentrum der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. 17 Sprachen können eingeschriebene Studierende dort lernen, unter anderem Indonesisch, und pro Semester nehmen rund 4000 Studierende dieses Angebot wahr. Auch fachsprachliche Angebote gibt es: Kulturstudien, Debattierkurse und Schreibtrainings, Konversationsklassen, Sprachkurse für Mediziner, für die Geistes-, Sozial- oder Wirtschaftswissenschaften, sogar Italienisch für Opernsänger. Eine Beson-
derheit ist die Fremdsprachenausbildung für Juristen in Englisch, Spanisch und Französisch, die als Zusatzstudiengang angeboten wird.
Die Uni Münster hat zudem eine Zulassung für das UniCert-Zertifikatsprogramm. Die UniCert-Zertifikate erwerben Studierende – im Unterschied zum Daad-Zertifikat – in einem Ausbildungsgang in vier Stufen. Sie dienen dazu, deutschlandweit, aber zum Teil auch im Ausland, Fremdsprachenkompetenzen nachzuweisen, die wissenschafts- oder fachsprachenbezogen sind. Andere Universitäten in NRW, die für das UniCert-Zertifikatsprogramm akkreditiert sind, sind die RWTH Aachen und die Universitäten Bielefeld, Bochum, Bonn und Paderborn.
Neben dem Angebot an Sprachkursen und Fachsprachkursen or- ganisieren die Sprachzentren der Universitäten auch andere Aktivitäten, wie zum Beispiel Tandem-Partnerschaften, Sprach-Stammtische und Ferienkurse. Dass das Sprachenlernen nach dem Studium teurer wird, gilt als gewiss. Durch sogenannte Bildungsprämien vom Staat können fremdsprachliche Weiterbildungen an einigen Einrichtungen zwar vergünstigt werden – die Kosten dafür bewegen sich selbst an der Volkshochschule im dreistelligen Bereich. An einer privaten Einrichtung können die Kosten für einen Sprachkurs schnell die Tausend-EuroGrenze überschreiten. Studierende sollten also unbedingt die Gelegenheit ergreifen, noch während ihres Studiums eine oder mehrere Fremdsprachen zu lernen. „Eine Sprache zu lernen, ist immer auch ein Alleinstellungsmerkmal“, sagt Claudia Boes: „Das kommt bei Bewerbungen gut an, und dient dazu, sich von der Masse abzuheben.“Darüber hinaus bietet eine neue Sprache einen Einblick in einen anderen kulturellen Kontext und dient damit der Weltgewandtheit. „Man lernt sozusagen gratis fürs Leben“, sagt Boes. Was will man mehr?