Spahn: Höhere Beiträge für Kinderlose
Schon heute zahlen Arbeitnehmer ohne Kinder einen um 0,25 Punkte höheren Beitrag zur Pflegeversicherung. Der Bundesgesundheitsminister denkt über eine weitere Anhebung nach.
BERLIN Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat zur langfristigen Finanzierung der Pflegeversicherung einen höheren Beitrag für Kinderlose angeregt. „Ich finde es auch wichtig, dass wir über eine angemessene Beteiligung von Kinderlosen diskutieren“, sagte Spahn dem „Tagesspiegel“.
Der Gesundheitsminister betonte, dass Kinderlose heute bereits einen höheren Beitrag in der Pflegeversicherung zahlten und verteidigte dies. „Denn Eltern ziehen die künftigen Beitragszahler groß und sichern das System so für die Zukunft.“
Seit 2005 zahlen Kinderlose ab einem Alter von 23 Jahren einen um 0,25 Prozentpunkte höheren Beitragssatz als Eltern. Diesen erhöhten Satz musste die damalige Bundesregierung nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts einführen. Das oberste Gericht urteilte damals, dass es nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren sei, wenn Eltern, die neben dem Geldbeitrag auch einen generativen Beitrag für das Sozialversicherungssystem leisteten, einen gleich hohen Beitrag zahlten wie Kinderlose.
Nun hat Spahn die Debatte erneut angeschoben. Ein Ministeriumssprecher betonte, es gehe um die Frage, wie die Pflegeversicherung langfristig stabilisiert werden könne. Auch Prävention und eine bessere Ausstattung des Pflegevorsorgefonds gehörten dazu. Auf positive Resonanz stieß Spahn mit seinen Überlegungen beim Familienbund der Katholiken. „Die große gesellschaftliche Leistung von Familien in der Sozialversicherung stärker zu berücksichtigen, ist grundsätzlich der richtige Weg“, sagte Präsident Ulrich Hoffmann. Die aktuelle Regelung aber kritisierte er als „konzeptionell falsch“und verwies darauf, dass auch Eltern, die keinen Unterhalt mehr leisten müssten, diesen Beitrag nicht zahlten. „Angemessen wäre es, die Eltern zu entlasten, die aktuell viel Zeit und Geld für ihre Kinder aufwenden.“
Der FDP-Sozialpolitiker Johannes Vogel beklagte, das Denken der Bundesregierung beschränke sich offenbar auf Mehrbelastungen für die Bürger. „Auch eine noch stärkere Belastung von Menschen ohne Kinder ist der falsche Weg und untergräbt doch gerade den Gedanken der Solidargemeinschaft“, sagte Vogel. Schon allein der Fall von ungewollt Kinderlosen mache deutlich, wie unfair dies wäre. Auch die Grünen reagierten ablehnend: „Das Anheben des Pflegebeitrages in Trippelschritten soll nur davon ablenken, dass der Union ein echtes Konzept fehlt“, sagte die pflegepolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Kordula Schulz-Asche.
Keinen Handlungsbedarf sieht der Vorsitzende der CDU-Arbeitnehmerschaft und NRW-Gesundheitsminister, Karl-Josef Laumann. Er verwies auf den bereits erhöhten Beitrag für Kinderlose und sagte: „Dabei sollte es bleiben“. Der Vorsitzende der Jungen Union (JU), Paul Ziemiak, hingegen verwies auf einen Beschluss des Deutschlandtags, in dem die JU eine finanzielle Gleichbehandlung von Familien und Menschen ohne Kinder in der Gesamtheit der Steuer- und Sozialversicherungssysteme fordere. Die JU führt in dem Beschluss auch eine Berechnung der Bertelsmann-Stiftung an, wonach jeder Kinderlose vom Generationenvertrag, also der Unterstützung der aktiven Arbeitnehmer für die Ruheständler, in einer Höhe von durchschnittlich 50.000 Euro profitiere.