Pflegerin soll Patienten versteckt haben
Der am 5. Oktober aus der LVR-Klinik Viersen entwichene Strafgefangene hat sich in der Nacht zu Freitag selbst gestellt. Jetzt ermittelt die Polizei gegen eine Pflegerin der Einrichtung wegen des Verdachts der Gefangenenbefreiung.
VIERSEN Der aus der LVR-Klinik in Viersen-Süchteln entwichene Strafgefangene, nach dem die Polizei zwei Wochen gesucht hat, ist zurück. Wie eine Sprecherin des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) am Freitag mitteilte, hatte sich der 26-Jährige in der Nacht zu Freitag selbst gestellt. Er war am 5. Oktober von einem genehmigten, unbegleiteten Ausgang nicht zurückgekehrt. Eine Pflegerin soll ihm Unterschlupf gewährt haben. Jetzt wird gegen die Frau ermittelt.
Der junge Mann befand sich seit fünfeinhalb Jahren als Patient in der LVR-Klinik. Er war wegen räuberischer Erpressung und Körperverletzung verurteilt, aber als schuldunfähig eingestuft worden. Deshalb wurde er nach Paragraph 63 des Strafgesetzbuches im Maßregelvollzug untergebracht, nicht im Gefängnis. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wird dann angeordnet, wenn damit zu rechnen ist, dass der Täter infolge seines Zustands erneut erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird und für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Da sich der 26-Jährige über einen längeren Zeitraum als zuverlässig erwiesen habe, habe es einige Lockerungen gegeben, erläuterte die LVR-Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion. So sei ihm unbegleiteter Ausgang gewährt worden. Damit es nun zunächst vorbei: Wie der LVR mitteilte, befinde sich der Mann nun im gesicherten Bereich der forensischen Abteilung. Hinweise darauf, dass der Mann in den vergangenen zwei Wochen Straftaten begangen oder Drogen konsumiert haben könne, lägen nicht vor, erklärte die LVR-Sprecherin.
Fünf Tage nach dem Verschwinden des Mannes veröffentlichte die Polizei in der Hoffnung auf Hinweise aus der Bevölkerung ein Foto des Mannes und seinen Namen. Eine Eigenoder Fremdgefährdung könne nicht ausgeschlossen werden. Wer den Mann sehe, solle ihn deshalb nicht ansprechen, sondern sich ruhig verhalten und die Polizei rufen. Schon vor der Herausgabe der Öffentlichkeitsfahndung habe die Polizei nach dem Mann gesucht, erklärte eine Polizeisprecherin nach der Rückkehr des Strafgefangenen. Doch alle Anstrengungen der Polizei, den 26-Jährigen zu finden, liefen ins Leere, sodass ein Gericht schließlich die öffentliche Fahndung mit Foto und Namen erlaubte. Wie die Polizei nun mitteilte, habe sich der 26-Jährige offenbar aufgrund des Fahndungsdrucks freiwillig gestellt und sei in die Klinik zurückgekehrt.
Nach Erkenntnissen der Ermittler soll sich der Mann in der Privatwohnung einer Pflegerin im Kreis Viersen aufgehalten haben. Die Polizei ermittelt nun gegen die 54-Jährige wegen des Verdachts der Gefangenenbefreiung. Bis zur Klärung der
Vorwürfe habe die Klinik die Mitarbeiterin mit sofortiger Wirkung vom Dienst freigestellt, teilte die LVR-Sprecherin mit. Warum die Pflegerin dem Patienten geholfen haben soll, dazu machten am Freitag weder die Polizei noch der LVR Angaben. „In welcher Beziehung die beiden zueinander standen, ist Gegenstand der Ermittlungen“, erklärte die Polizeisprecherin.
Natürlich komme es vor, dass sich beispielsweise Pflegekraft und Patient verliebten, so die LVR-Sprecherin. Das werde vom ersten Tag der Ausbildung an im Pflege- und Therapiebereich auch thematisiert. Es gebe Supervisionen, in denen Mitarbeiter lernten, ihr professionelles Rollenverständnis zu hinterfragen. Sollten sich Pflegekraft und Patient verlieben, müsse der Mitarbeiter dies dem Arbeitgeber mitteilen. Dann sei eine Versetzung angezeigt.