Missbrauch: Knapp sieben Jahre Haft für Viersener
VIERSEN (naf) Der Angeklagte hat sich eine Brille mit schwarzer Fassung aufgesetzt. Er schaut auf ein Blatt Papier, liest vor: „Ich weiß, dass ich großes Leid über Menschen gebracht habe, die mir vertraut haben. Das ist meine Schuld, dafür trage ich die Verantwortung.“
Eine knappe halbe Stunde, nachdem der Viersener Dirk K. am Freitagmorgen seine Erklärung vorliest, fällt das Urteil. Die Erste große Jugendkammer des Landgerichts Mönchengladbach verhängt eine Freiheitsstrafe in Höhe von sechs Jahren und neun Monaten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie Herstellung und Verbreitung kinderpornografischer Schriften in 15 Fällen.
Im Frühjahr 2018 hatten Bundeskriminalamt und Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt öffentlich nach einem mutmaßlichen Sexualstraftäter gefahndet. Eine heiße Spur führte nach Viersen. Anfang April wurde der damals 45-jährige Dirk K. in einem Hotel in Krefeld gefasst. Er soll mehr als 3800 einschlägige Bild- und Videodateien besessen haben. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, zwischen April 2014 und März 2018 sexuelle Handlungen an Kindern vorgenommen, diese gefilmt oder fotografiert und im sogenannten Darknet verbreitet zu haben. Zuerst war sie von 16 identifizierten Fällen ausgegangen, später stellte sich heraus, dass es 15 sind.
Am zweiten Prozesstag waren die beiden sieben und 13 Jahre alten Jungen, die Dirk K. missbraucht haben soll, mit ihrer Mutter im Gericht – bei der Urteilsverkündung am Freitag fehlen sie. Die Mutter – eine Bekannte Dirk K.’s – habe mit den Söhnen Deutschland verlassen, teilt eine Anwältin der Nebenklage mit: „Um ihnen einen Neustart zu ermöglichen.“Sowohl Richter als auch Anwälte hatten im Laufe des Prozesses deutlich gemacht, dass den Jungen, die Dirk K. ab und zu in seiner Wohnung besucht hatten, möglichst eine Aussage erspart werden soll. Deshalb verständigten sie sich auf ein für die Taten angemessenes Strafmaß – ohne dass die Kinder gehört werden mussten.
Nach dem Plädoyers der Anwälte liest K. seine Erklärung vor: „Ich habe zugelassen, dass die Neigung mein Leben bestimmt und ich zum Täter wurde. Dafür schäme ich mich.“Die Jungen habe er „manipuliert, ihnen meinen Willen aufgedrückt und Dinge verlangt, die kein Kind tun möchte“. Das tue ihm leid. „Ich möchte eine Therapie machen, weil ich nie wieder zum Täter werden möchte.“Der Richter mahnt: „Das müssen Sie tun.“Er habe ja jetzt Zeit dafür. Sonst drohe Sicherheitsverwahrung.
Bereits 2004 war K. wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften verurteilt worden. Damals erhielt er eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung.