Dieter Kosslicks letzte Berlinale
Am 7. Februar beginnen die Filmfestspiele. Stargäste sind Juliette Binoche und die Toten Hosen.
BERLIN (kna) Er ist in den vergangenen 18 Jahren zum Gesicht der Berlinale geworden: Dieter Kosslick (70). Das Programm der letzten Festspiele unter seiner Direktion stellte er gestern in Berlin unter das Motto „Das Private ist politisch“. Allerdings prägt die Beiträge der 69. Berlinale kein revolutionärer Elan mehr, sie handeln vom Leben und Überleben in einer komplexen Gesellschaft, vom Wandel der Familienstrukturen und der Ausbeutung von Kindern. Im Eröffnungsfilm der Regisseurin Lone Scherfig („Italienisch für Anfänger“) am 7. Februar sind es unterschiedliche Protagonisten, die versuchen, den New Yorker Winter zu bewältigen.
Im Wettbewerb der 69. Berlinale werden bis zum 17. Februar 23 Filme gezeigt, von denen 17 um den Goldenen und die Silbernen Bären konkurrieren. 20 Filme feiern ihre Weltpremiere, darunter zwei Debüts. Am 16. Februar sollen die Preise vergeben werden. Der letzte Tag ist wieder dem Publikum gewidmet, was die Berlinale von Cannes und Venedig unterscheidet.
Präsidentin der Jury, die die Preise vergibt, ist in diesem Jahr die französische Schauspielerin und Oscar-Preisträgerin Juliette Binoche. Sie kennt sich mit Preisen aus. Als erste europäische Schauspielerin wurde sie sowohl in Berlin als auch in Venedig und Cannes geehrt. Zu den Juroren gehört auch die deutsche Schauspielerin Sandra Hüller.
Deutschland geht mit drei Filmen ins Rennen. Nora Fingscheidt zeigt ihr Debüt „Systemsprenger“über die neunjährige Benni, die in immer neue Pflegefamilien gesteckt und für die Mutter und das Jugendamt zu einer Herausforderung wird. In der deutsch-serbischen Koproduktion von Angela Schanelec geht es in dem Familiendrama „Ich war zuhause, aber“ebenfalls um ein Kind, einen 13-jährigen Jungen, der für eine Woche verschwindet. Fatih Akin tritt mit dem Horror-Thriller „Der Goldene Handschuh“nach dem Roman von Heinz Strunk an. Zudem nimmt die österreichische Regisseurin Marie Kreutzer mit „Der Boden unter den Füßen“teil. Auf großes Interesse dürfte ein Dokumentarfilm stoßen: Die Regisseurin Cordula Kablitz-Post begleitete die Toten Hosen auf ihrer „Laune der Natour“-Tournee – entstanden ist ein intimes Porträt der Band unter dem Titel „Weil du nur einmal lebst“.
In den Bereich des „Privat-Politischen“gehört auch der Beitrag des französischen Regisseurs Francois Ozon. In „Grace a Dieu“zeichnet er anhand mehrerer Schicksale die dramatischen Folgen des Kindesmissbrauchs in der katholischen Kirche nach. Mehrere Beiträge befassen sich auch sehr direkt mit der Politik: Etwa der US-Regisseur Adam McKay mit seiner Politsatire „Vice – der zweite Mann“über den ehemaligen US-Vizepräsident Dick Cheney. Ein chinesischer Beitrag geht den Folgen der Ein-Kind-Politik nach und ein brasilianischer Film dem Aufstieg des Rechtspopulismus im eigenen Land.