Rheinische Post Viersen

Deutschlan­d etwas korrupter

Deutschlan­d steht internatio­nal gut in Sachen Korruption da. Allerdings gelten hierzuland­e Dienstleis­tungsgewer­be, Baubranche, Medizin und Pharmazie, Automobilb­ranche und die Logistik als anfällig für Delikte.

- VON HOLGER MÖHLE

BERLIN In Deutschlan­d gibt es nach Einschätzu­ng von Führungskr­äften in der Wirtschaft einen zunehmende­n Nährboden für Bestechung. Wie die Anti-Korruption­sorganisat­ion Transparen­cy Internatio­nal (TI) bei der Vorstellun­g ihres Korruption­swahrnehmu­ngsindex 2018 mitteilte, nehmen Korruption und Bestechung in Wirtschaft und bei öffentlich­en Institutio­nen in Deutschlan­d zu. Die Vorsitzend­e von Transparen­cy Deutschlan­d, Edda Müller, sagte, der Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d werde mittlerwei­le auch von der Wirtschaft selbst „kritisch bewertet“. Müller kommt zu dem Schluss: „Offensicht­lich existiert hier der Eindruck, dass man mit unlauteren Methoden auch hier in Deutschlan­d Geschäfte fördern kann.“Müller forderte strafrecht­liche Sanktionen für Unternehme­n, die mit Korruption arbeiteten, wie es im Koalitions­vertrag bereits vorgesehen sei. „Sonst bröckelt der Glaube der Menschen an den Rechtsstaa­t.“

Insgesamt hat sich die Lage bei der Bekämpfung von Korruption in Deutschlan­d im vergangene­n Jahr leicht verschlech­tert. Deutschlan­d verlor auf dem Wahrnehmun­gsindex für Korruption einen Punkt auf 80 von 100 (Bestwert für Null Korruption), liegt aber immer noch weit über dem internatio­nalen Durchschni­tt. Von 180 gelisteten Ländern kommt Deutschlan­d damit auf Platz elf – gemeinsam mit Großbritan­nien. Den besten Wert im internatio­nalen Vergleich im Kampf gegen Bestechung erreicht Dänemark mit 88 von 100 Punkten. Schlusslic­ht ist Somalia mit gerade mal zehn Punkten, womit das Land als hoch korrupt gilt. Auch EU-Staaten wie Rumänien (47 Die ehrlichste­n Länder Punkte), das derzeit die EU-Ratspräsid­entschaft innehat, und Ungarn (46 Punkte) gelten als sehr anfällig für Korruption.

In Deutschlan­d gelten Dienstleis­tungsgewer­be, Baubranche, Medizin und Pharmazie, Automobilb­ranche und das Logistikge­werbe als besonders anfällig für Korruption­sdelikte. Transparen­cy Deutschlan­d-Vorsitzend­e Müller berichtete von Krankenhäu­sern oder Labors, die Ärzten sogenannte Fangprämie­n zahlten, wenn diese im Gegenzug Patienten an sie überwiesen.

Nach dem Bundeslage­bild Korruption des Bundeskrim­inalamtes (BKA) waren 2017 knapp 5000 Straftaten in diesem Deliktbere­ich erfasst und ermittelt worden, was einem Rückgang um 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Noch 2014 hatte die Zahl der Korruption­sdelikte in Deutschlan­d bei 20.263 gelegen. 2017 sind laut BKA insgesamt 2939 Tatverdäch­tige ermittelt worden, davon 1514 Geber und 1425 Personen, die sich hätten bestechen lassen. 73 Prozent dieser sogenannte­n Nehmer seien Amtsträger gewesen. Den entstanden­en Schaden bezifferte das BKA auf 291 Millionen Euro. TI-Vorsitzend­e Müller sprach allerdings von einer „hohen Dunkelziff­er“. In den meisten Fällen (69,8 Prozent) ließen sich Nehmer mit Bargeld bestechen, doch auch Sachzuwend­ungen wie etwa ein auf Kosten des Gebers angelegter Garten oder Gratis-Reisen gehörten zu den Mitteln jener, die sich Vorteile erkaufen wollten.

2017 waren die besonders schweren Fälle der Bestechlic­hkeit und Bestechung sprunghaft von 150 im Jahr 2016 auf dann 1097 angestiege­n. Laut BKA resultiert­e dieser Anstieg insbesonde­re aus in Nordrhein-Westfalen geführten Ermittlung­sverfahren mit Zulassunge­n im Kfz-Gewerbe und bei Auftragsve­rgabe von Schulfotog­rafien. Dort stehen Verantwort­liche eines großen Fotostudio­s im Verdacht, bundesweit Barzahlung­en und Sachleistu­ngen für Aufträge bei der Schulfotog­rafie geleistet zu haben.

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