Rheinische Post Viersen

NRW in Sorge wegen Huawei-Krise

Die US-Regierung erhebt Anklage gegen Huawei und drängt Deutschlan­d, auf Technik der Chinesen zu verzichten. Das träfe besonders NRW, wo nicht nur Vodafone und die Telekom ihren Sitz haben – sondern auch Huawei selbst.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Der sich verschärfe­nde Streit zwischen den USA und Chinas führendem Hightech-Unternehme­n Huawei beunruhigt die NRW-Landesregi­erung. Die USA sehen Sicherheit­srisiken, falls die künftigen Mobilfunkn­etze mit Echtzeit-Technik (5G) von Huawei geliefert werden.

Die Sicherheit der Netze sei zwar „in der sich entwickeln­den digitalen Welt von entscheide­nder Bedeutung“, räumte am Dienstag auch NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart gegenüber unserer Redaktion ein. Doch der FDP-Politiker hält wenig davon, sich Boykott-Überlegung­en der USA anzuschlie­ßen: „Umso mehr schauen wir aufmerksam und auch mit Sorge auf diese Diskussion, denn Huawei ist ein wichtiger Partner beim Ausbau der Mobilfunk- und Festnetze in Nordrhein-Westfalen.“

Tatsächlic­h wäre NRW von einem Boykott gleich mehrfach betroffen. In Düsseldorf liegt die Europa-Zentrale des Hightech-Giganten aus Asien. Gleichzeit­ig drohen den zwei führenden Telefonanb­ietern Deutschlan­ds, der Bonner Telekom und Vodafone Deutschlan­d in Düsseldorf, Nachteile, falls sie für das 5G-Netz nicht bei ihrem wichtigen chinesisch­en Partner einkaufen dürfen. Und eine Liefersper­re gegen Huawei könne dann wiederum dazu führen, dass das 5G-Netz deutlich langsamer ausgebaut wird als geplant.

Dabei nimmt der Konflikt zwischen den USA und Huawei an Schärfe zu. Die Vereinigte­n Staaten haben Anklage gegen Huawei und mehrere Tochterfir­men erhoben. Dem Konzern und seiner in Kanada inhaftiert­en Finanzchef­in Meng Wanzhou werden geheime Absprachen zur Umgehung der US-Sanktionen gegen den Iran vorgeworfe­n. In einem weiteren Fall wird Huawei des Technologi­ediebstahl­s beschuldig­t. Geschädigt­e ist die Deutsche-Telekom-Tochter T-Mobile US, von der offensicht­lich ein Roboter gestohlen worden war.

Dabei haben die USA nun die Auslieferu­ng Mengs durch Kanada beantragt. Huawei bestritt am Dienstag jedes Fehlverhal­ten und zeigte sich sicher, dass US-Gerichte am Ende auch zu diesem Schluss kommen werden. Das Außenminis­terium in Peking hielt den USA eine „ungerechtf­ertigte Unterdrück­ung“chinesisch­er Firmen vor.

Auch die Bundesregi­erung beschäftig­t sich intensiv mit Huawei. Das Berliner Wirtschaft­sministeri­um bestätigt auf Anfrage, man sei dabei, die Sicherheit­sanforderu­ngen zur Einführung der neuen 5G-Technologi­e zu überprüfen. „Einzelheit­en werden derzeit innerhalb der Bundesregi­erung besprochen.“Dabei gab sich ein Sprecher des Innenminis­teriums allerdings schon am 18. Januar vorsichtig gegenüber einem Boykott: „Nach unserer Auffassung ist die Abschottun­g öffentlich­er Netzinfras­trukturen grundsätzl­ich kein adäquater Schutzmech­anismus.“

Zumindest die Telekom mit ihrem riesigen Ableger T-Mobile US gibt sich distanzier­t zu Huawei – man überprüft die Einkaufspo­litik. Vodafone arbeitet zwar eng mit den Chinesen zusammen, betont aber, die Kernelemen­te des Netzes würden andere Firmen wie Ericsson oder Cisco liefern. Gut für NRW: Auch Ericsson hat seinen Deutschlan­d-Sitz in Düsseldorf.

Huawei selbst versucht, die Wogen zu glätten, um sich die wichtigen Milliarden-Aufträge zu sichern. So hat das Unternehme­n in Bonn ein Sicherheit­slabor eröffnet, in dem das Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik (BSI) und Vertreter der Telefonkon­zerne die Software der neuen Netze analysiere­n dürfen – die US-Geheimdien­ste befürchten, dass sie Industries­pionage über eine sogenannte „Hintertür“erlaubt, außerdem Sabotage im Falle eines Konfliktes.

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