„Wir sind der FC Bayern der Leichtathletik“
Seit der Jahrtausendwende führt der TSV Bayer 04 die deutsche Vereinsrangliste in der Leichtathletik an. Die Zukunft sehen die Leverkusener aber auch in der Kooperation mit anderen großen NRW-Klubs.
LEVERKUSEN Als Jörn Elberding die Nachricht erhielt, dass der TSV Bayer 04 mal wieder den ersten Platz im bundesweiten Vereinsranking belegt hat, zeigte sich der Geschäftsführer der Leichtathletik-Abteilung erfreut, zugleich aber wenig überrascht. „Man muss ganz klar sagen: Wir sind nach wie vor der FC Bayern der Leichtathletik“, sagt er. Um die Spitzenposition beizubehalten, haben sich die Rheinländer im vergangenen Jahr neu organisiert. Gemeinsam mit den Kooperationspartnern LG Olympia Dortmund und TV Wattenscheid bildet der TSV zudem ein Vereinskonglomerat in Nordrhein-Westfalen, das in mehreren Disziplinen das Nonplusultra in Deutschland darstellt.
„Früher waren die Talente einfach da, heute müssen wir sie suchen“, sagt Elberding. Er ist seit Ende 2017 als Geschäftsführer beim TSV beschäftigt und hat seitdem keinen Stein auf dem anderen gelassen. „Wir konkurrieren mit Videospielen und anderen Sportarten wie Parkour. Wir müssen noch besser in der Ausbildung unserer eigenen Athleten werden – von der Schülerklasse bis in die Jugend und zur Weltspitze“, betont der 50-Jährige. „Und wir wollen noch mehr Top-Athleten an uns binden.“Die Voraussetzungen, sowohl in Talente als auch in Spitzenathleten zu investieren, sind in Leverkusen gegeben. „Wir sind Landesund Bundesstützpunkt, haben die Infrastruktur und natürlich den Bayer-Konzern hinter uns.“
Seit seinem Amtsantritt haben Elberding und seine Mitstreiter die Abteilung umstrukturiert. Neu ist beim TSV Bayer zum Beispiel, dass bei den Athleten unter 18 Jahren nicht mehr zwischen weiblicher und männlicher Jugend unterschieden wird. „Wenn ein Athlet 16 Jahre ist, sieht man schon, ob er ein Werfer, Läufer oder Springer ist“, erklärt Elberding. Trainiert wird deshalb nur noch in sogenannten Blöcken. Elberding: „Wir haben eine vertikale Struktur geschaffen: Es gibt einen Sprint-, einen Sprung-, einen Mehrkampf-, Lauf-, Wurf- und Stabhochsprungblock. Die jeweiligen Leiter dieser Blöcke geben die Methodik und Didaktik vor.“
Hinzu kommen Partnerschaften mit anderen Klubs aus Nordrhein-Westfalen. „Wir kooperieren sowohl in den Wurf- als auch Laufdisziplinen mit dem TV Wattenscheid“, erklärt Elberding. In Leverkusen liege der Fokus auf dem Hammer- und Speerwurf, in Wattenscheid beim Diskuswurf und Kugelstoßen. „Der Austausch der Athleten beginnt nach der Jugendklasse.“
Was den Laufbereich angehe, gebe es in NRW neben Wattenscheid und Leverkusen auch noch Dortmund als relevanten Stützpunkt. „Da sprechen sich die Trainer untereinander ab, welche Distanzen für welche Geschlechter angeboten werden. Wir wollen uns nicht gegenseitig das Wasser abgraben, sondern möchten, dass Kooperationen entstehen.“Derzeit sei die Absprache so, dass die weiblichen Sprinter eher in Leverkusen und die männlichen eher in Wattenscheid beheimatet werden.
Wann aus diesen Kooperationen der nächste Olympionike „Made in Leverkusen“entstehe, lasse sich Elberding zufolge natürlich nur schwer absehen. „Die Medaillen hängen bei den Olympischen Spielen noch einmal höher. Man braucht Glück oder einen genialen Tag – so wie Mateusz Przybylko bei der EM in Berlin. Aber so etwas lässt sich nicht planen.“
Der TSV werde freilich versuchen, vor den Sommerspielen in Tokio 2020 noch „einige Athleten davon zu überzeugen, nach Leverkusen zu kommen.“Schließlich biete kein anderer Bundesstützpunkt ein solches Gesamtpaket wie der TSV. „Und deshalb sind wir auch für die Athleten so interessant. Wir sind in der Lage, ordentliche Honorare zu bezahlen, aber auch die Rahmenbedingungen werden berücksichtigt. Und die müssten inzwischen noch mehr überzeugen, als sie es bereits vorher getan haben.“