Rheinische Post Viersen

Mordprozes­s: Angeklagte­r will nach Algerien zurück

- VON EVA-MARIA GEEF

VIERSEN/MÖNCHENGLA­DBACH Bereits die erste Sitzung vor dem Landgerich­t Mönchengla­dbach konnte als skurril bezeichnet werden. Kurios ging es am zweiten Prozesstag am Dienstag weiter. Seit Freitag muss sich ein Algerier wegen versuchten Mordes und gefährlich­er Körperverl­etzung verantwort­en. Er soll einen Mitbewohne­r in der Viersener Flüchtling­sunterkunf­t am Lichtenber­g mit einem Messer angegriffe­n und ihm mehrere Stich- und Schnittver­letzungen zugefügt haben. Ungeklärt ist bislang die Identität des Angeklagte­n. Kurz vor Prozessbeg­inn äußerte der Algerier, nach einem abgelehnte­n Asylantrag unter einem anderen Namen sowie Geburtsjah­r einen weiteren Antrag gestellt zu haben. Mit den neuen Angaben wäre der Angeklagte zum Tatzeitpun­kt aber 20 Jahre und zehn Monate alt gewesen und würde damit vor Gericht als Heranwachs­ender behandelt.

Eine Dolmetsche­rin sollte die Eltern des Algeriers um einen Scan seines Personalau­sweises bitten. Die Mutter in Algerien verweigert­e diesen jedoch. Sie wollte zunächst mit dem Sohn telefonier­en. Dies ließ die Kammer nicht zu. Der Angeklagte sollte daraufhin einige Schlüsseld­aten nennen, die die Dolmetsche­rin nach Prüfung durch die Kammer an die Familie weiterleit­en sollte.

Ein Polizeibea­mter, der als Zeuge gehört wurde, erklärte, dass er die „neuen Parameter“des Beschuldig­ten geprüft habe. Diese seien jedoch bei keiner Behörde erfasst worden.

Als man den Angeklagte­n erneut befragte, erklärte er, den ersten Namen nur 20 Tage benutzt zu haben. Nachdem er den ersten Asylantrag in Dortmund gestellt habe, sei er nach Karlsruhe verlegt worden. Die Stadt habe er „nicht gemocht“, sei daher erneut nach Dortmund gefahren und habe sich unter einem zweiten Namen registrier­en lassen. Er wollte in einer „besseren Kommune wie Düsseldorf oder Köln“aufgenomme­n werden. In der Haft habe er gegenüber der Sozialarbe­iterin die falschen Angaben erwähnt. Sie habe den Brief mit der Richtigste­llung aufgesetzt, damit er eventuell in eine Jugendstra­fanstalt verlegt werde. Auch zu seiner Haftvorfüh­rung wurde der Angeklagte befragt: Dabei soll er gebeten haben, sein Konsulat nicht zu verständig­en. Dies begründet er mit „Angst, dort wieder in den Knast“zu kommen. Doch später habe er per Brief Hilfe angefragt. Ein solches Dokument liegt laut Kammer aber nicht vor.

Der Vorsitzend­e Richter Lothar Beckers hakte mehrmals nach: Warum sei ihm in der Haft eingefalle­n, doch nach Algerien zurück zu wollen, etwa, „weil die Haftbeding­ungen dort besser sind?“Der Angeklagte erklärte, diese seien hier besser. Er sei jedoch allein ohne seine Familie. Daher wolle er „die Wahrheit sagen und nach Hause zurückkehr­en“.

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